ÖFB-Boss und Inseratenkeiler: Gerhard Milletich in der Zwickmühle

ÖFB-Boss und Inseratenkeiler: Gerhard Milletich in der Zwickmühle
Benutzt der 66-Jährige sein Amt, um private Geschäfte zu machen? Er fühlt sich angepatzt. Jedoch: ÖFB-Sponsoren bestätigen die Praktiken.

Seit einem Jahr steht Gerhard Milletich an der Spitze des größten Sportfachverbandes des Landes. Die repräsentativen Auftritte des Burgenländers seither fallen eher in die Kategorie „holprig“ – nicht nur, weil der 66-Jährige konsequent über die korrekte Aussprache des Namens seines Teamchefs („Ramnick“) stolpert. „Rhetorisch mögen andere besser sein“, gab der Präsident zuletzt sogar zu.

Ganz ohne Nebengeräusche verlaufen ist allerdings schon Milletichs Wahl im Zuge einer Kampfabstimmung im zweiten Wahlgang nicht. Im Gegenteil. Wie tief die Gräben innerhalb des höchsten Gremiums des Fußball-Bundes sind, zeigte sich im Verlauf der Teamchefsuche im vergangenen April, als sich beinahe täglich ein anderes Mitglied des Präsidiums öffentlich zu Wort meldete. Auf die Frage, ob er versucht habe, die Dinge ins Reine zu bringen, antwortete er damals: „Ich bin nicht dafür da, dass ich meine Präsidiumskollegen glücklich mache, sondern, dass ich für den ÖFB das Beste heraushole.“

Für wen und wo Milletich etwas herausholt, stellte zuletzt das Magazin News vehement infrage. Unter dem Titel „Die eigenwilligen Geschäfte des ÖFB-Präsidenten“ berichtete das Wochenmagazin von Versuchen des Burgenländers, über sein Ehrenamt persönliche Vorteile zu generieren und mutmaßlich Inserate für sein Unternehmen an Land zu ziehen.

Der Vorwurf

Milletich ist als Geschäftsführer des Bohmann-Verlages Herausgeber und Key-Account-Manager des Schau-Magazins in einem. Und tatsächlich: Die Inserate von vier namhaften ÖFB-Sponsoren sind in der Juni-Ausgabe seiner Zeitschrift zu finden. Nur ein Zufall? Oder benutzt der höchste Fußballfunktionär des Landes tatsächlich sein Ehrenamt, um mit seinem Unternehmen Geschäfte zu machen?

KURIER-Recherchen erhärten den Verdacht immens. Demzufolge hat Milletich in den vergangenen Monaten bei zumindest sieben Partnern und Sponsoren des ÖFB angeklopft, um Werbeeinschaltungen zu verkaufen. Und zwar nicht für ein ÖFB-Magazin. Abgelaufen ist dies den Beschreibungen zufolge meist ähnlich.

Im Zuge einer Vorstellungsrunde des neuen Präsidenten bei den Sponsoren, die meist in namhaften Restaurants abgehalten wurden, habe Milletich gegen Ende des Gesprächs plötzlich begonnen, um Inserate für seine eigenen Magazine zu keilen. „Ich finde es befremdlich, dass ein Mann in dieser Position den Kontakt sucht und in einer angenehmen Atmosphäre plötzlich dazu auffordert, wirtschaftlich in Verbindung zu treten. Für mich stellt dies das Ausnutzen des Präsidentenamtes dar“, zeigt sich ein Vertreter eines ÖFB-Partners dem KURIER gegenüber erbost.

„Stammtisch-Mentalität“

Mehrere Manager der teils internationalen Großkonzerne sind nicht gerade begeistert von der Vorgehensweise Milletichs. Von „fehlendem Gespür“ oder „keinem guten Stil“ ist da die Rede. Von einem „patscherten Präsidenten“ ebenso wie von einer „Stammtisch-Mentalität“ oder einer „roten Linie, die überschritten wurde“.

In einem Schreiben an seine Präsidiumskollegen weist der Burgenländer die Vorwürfe zurück. Mehr noch. Er inszeniert sich als Opfer. „Der Bericht lässt die Vermutung des erneuten Versuchs zu, meine Person gezielt in ein ungünstiges Licht zu rücken“, schreibt Milletich. Er stehe mit den genannten Unternehmen teils schon Jahrzehnte in Geschäftsbeziehungen, weshalb die angeführten Deals nichts mit seinem Amt als Präsident zu tun hätten.

„Diese Vorwürfe sind total haltlos. Es ist mein Beruf, Inserate zu verkaufen. Ob das Partner des ÖFB sind oder nicht, ist für mich irrelevant“

von Gerhard Milletich

ÖFB-Präsident

Die Vorwürfe seien „total haltlos“, versucht Milletich auch auf KURIER-Nachfrage zu beteuern. „Es ist mein Beruf, Inserate zu verkaufen. Ob das Partner des ÖFB sind, oder nicht, ist für mich irrelevant.“ Tatsächlich? Compliance scheint für den ÖFB-Boss also in der Tat ein Fremdwort zu sein. „Noch einmal: Ich lebe davon. Ich kann nicht ehrenamtlich Präsident sein und meinen Beruf aufgeben. Das geht sich nicht aus“, sagt der Mann, dessen Verlag in den vergangenen 15 Jahren bei Geschäften mit der Stadt Wien nicht weniger als 230 Millionen Euro an Umsatz gemacht haben soll.

Der Profiteur

Auf die Frage, ob sein Unternehmen nun von seiner Tätigkeit als ÖFB-Präsident profitiere, sagte Milletich vor wenigen Wochen im Podcast Zweierkette: „Wenn du als ÖFB-Präsident wo anrufst, ist es etwas anderes, als wenn du das nur als Key-Accounter des Verlages tust.“

Gegenüber dem KURIER nennt Milletich weiters „Raiffeisen“ und „Burgenland Tourismus“ als Beispiele für seine langjährigen Partnerschaften. Allerdings: Die beiden Unternehmen finden sich gar nicht unter den erwähnten sieben ÖFB-Partnern, die jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen mit Milletich nicht bestätigen. „Völliger Blödsinn“, dementiert demzufolge auch ein Sponsoren-Vertreter eine langjährige Beziehung. Wenn es sich also doch um solche handeln sollte, die für gewöhnlich in wenigen eMails zwischen den Marketing-Abteilungen abgehandelt werden, wozu muss also Milletich selbst als Geschäftsführer aktiv werden und bei offiziellen ÖFB-Terminen um Einschaltungen für sein privates Unternehmen keilen? Und das mit Nachdruck.

Wie dem KURIER gegenüber dokumentiert wurde, ließ Milletich in einem konkreten Fall dem persönlichen Gespräch noch eine Aufforderung per eMail folgen. Nachdem auch diese unbeantwortet blieb, ließ der Präsident sogar noch eine persönliche Handynachricht folgen.

Vier der sieben angesprochenen ÖFB-Sponsoren haben laut eigenen Angaben jedenfalls keine langjährigen Geschäftsbeziehungen mit Milletichs Verlag. Zum Teil geben sie an, vor dessen Präsidentschaft noch nie mit ihm zu tun gehabt zu haben.

Verdreht der Burgenländer etwa in seinem Schreiben die Tatsachen? Und ist es besonders sinnvoll, sich in dieser Causa als Opfer darzustellen? Oder ist das Opfer nicht etwa der ÖFB, der hier um mögliche Sponsorgelder umfällt. Schließlich hätten die tausenden Euro, die im Zuge der Juni-Ausgabe tatsächlich ins Schau-Magazin geflossen sind, genauso gut über Inserate im „ÖFB-Corner“ oder diversen digitalen Plattformen des Verbandes dem österreichischen Fußball zugutekommen können. Unzählige kleine Vereine müssen in Tagen wie diesen jeden Euro umdrehen, um ihren Talenten beim Training demnächst nicht das Flutlicht abdrehen zu müssen.

Zwangsbeglückung

Und trifft die Opferrolle nicht eher auf jene Sponsoren-Vertreter zu, die hier bedrängt und somit zwangsbeglückt wurden, dem obersten Fußballfunktionär eine Gefälligkeit zu tun, um das gute Klima zwischen Partner und ÖFB nicht zu gefährden? Und die auch deshalb nicht namentlich vor den Vorhang treten können, weil sie als Manager in ihren Konzernen strengen Compliance-Regeln unterliegen, bei deren Übertretung ein Sponsoring durchaus in Gefahr geraten könnte.

„Unerfreulich“

Regeln, die im Wirtschaftsunternehmen ÖFB mit einem Jahresumsatz zwischen 45 und 60 Millionen Euro zwar nicht existieren, über die jedoch etwa Horst Lumper bestens Bescheid weiß. Der Präsident des Vorarlberger Fußballverbandes ist im Zivilberuf Wirtschaftsanwalt. Er hat Gerhard Milletich bei der Wahl seine Stimme gegeben und nennt die Angelegenheit „unerfreulich“. Sollte der Vorwurf stimmen, „dann wäre das nicht in Ordnung“.

Die Gunst seiner langjährigen Partner aufs Spiel zu setzen, wirkt angesichts der wirtschaftlich angespannten Zeiten gewagt. Sollte einer von ihnen gar das Weite suchen, so wird die Rhetorik des Präsidenten zum geringsten Problem des ÖFB.

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