Im Zuge einer Vorstellungsrunde des neuen Präsidenten bei den Sponsoren, die meist in namhaften Restaurants abgehalten wurden, habe Milletich gegen Ende des Gesprächs plötzlich begonnen, um Inserate für seine eigenen Magazine zu keilen. „Ich finde es befremdlich, dass ein Mann in dieser Position den Kontakt sucht und in einer angenehmen Atmosphäre plötzlich dazu auffordert, wirtschaftlich in Verbindung zu treten. Für mich stellt dies das Ausnutzen des Präsidentenamtes dar“, zeigt sich ein Vertreter eines ÖFB-Partners dem KURIER gegenüber erbost.
Mehrere Manager der teils internationalen Großkonzerne sind nicht gerade begeistert von der Vorgehensweise Milletichs. Von „fehlendem Gespür“ oder „keinem guten Stil“ ist da die Rede. Von einem „patscherten Präsidenten“ ebenso wie von einer „Stammtisch-Mentalität“ oder einer „roten Linie, die überschritten wurde“.
In einem Schreiben an seine Präsidiumskollegen weist der Burgenländer die Vorwürfe zurück. Mehr noch. Er inszeniert sich als Opfer. „Der Bericht lässt die Vermutung des erneuten Versuchs zu, meine Person gezielt in ein ungünstiges Licht zu rücken“, schreibt Milletich. Er stehe mit den genannten Unternehmen teils schon Jahrzehnte in Geschäftsbeziehungen, weshalb die angeführten Deals nichts mit seinem Amt als Präsident zu tun hätten.
Die Vorwürfe seien „total haltlos“, versucht Milletich auch auf KURIER-Nachfrage zu beteuern. „Es ist mein Beruf, Inserate zu verkaufen. Ob das Partner des ÖFB sind, oder nicht, ist für mich irrelevant.“ Tatsächlich? Compliance scheint für den ÖFB-Boss also in der Tat ein Fremdwort zu sein. „Noch einmal: Ich lebe davon. Ich kann nicht ehrenamtlich Präsident sein und meinen Beruf aufgeben. Das geht sich nicht aus“, sagt der Mann, dessen Verlag in den vergangenen 15 Jahren bei Geschäften mit der Stadt Wien nicht weniger als 230 Millionen Euro an Umsatz gemacht haben soll.
Auf die Frage, ob sein Unternehmen nun von seiner Tätigkeit als ÖFB-Präsident profitiere, sagte Milletich vor wenigen Wochen im Podcast Zweierkette: „Wenn du als ÖFB-Präsident wo anrufst, ist es etwas anderes, als wenn du das nur als Key-Accounter des Verlages tust.“
Gegenüber dem KURIER nennt Milletich weiters „Raiffeisen“ und „Burgenland Tourismus“ als Beispiele für seine langjährigen Partnerschaften. Allerdings: Die beiden Unternehmen finden sich gar nicht unter den erwähnten sieben ÖFB-Partnern, die jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen mit Milletich nicht bestätigen. „Völliger Blödsinn“, dementiert demzufolge auch ein Sponsoren-Vertreter eine langjährige Beziehung. Wenn es sich also doch um solche handeln sollte, die für gewöhnlich in wenigen eMails zwischen den Marketing-Abteilungen abgehandelt werden, wozu muss also Milletich selbst als Geschäftsführer aktiv werden und bei offiziellen ÖFB-Terminen um Einschaltungen für sein privates Unternehmen keilen? Und das mit Nachdruck.
Wie dem KURIER gegenüber dokumentiert wurde, ließ Milletich in einem konkreten Fall dem persönlichen Gespräch noch eine Aufforderung per eMail folgen. Nachdem auch diese unbeantwortet blieb, ließ der Präsident sogar noch eine persönliche Handynachricht folgen.
Vier der sieben angesprochenen ÖFB-Sponsoren haben laut eigenen Angaben jedenfalls keine langjährigen Geschäftsbeziehungen mit Milletichs Verlag. Zum Teil geben sie an, vor dessen Präsidentschaft noch nie mit ihm zu tun gehabt zu haben.
Verdreht der Burgenländer etwa in seinem Schreiben die Tatsachen? Und ist es besonders sinnvoll, sich in dieser Causa als Opfer darzustellen? Oder ist das Opfer nicht etwa der ÖFB, der hier um mögliche Sponsorgelder umfällt. Schließlich hätten die tausenden Euro, die im Zuge der Juni-Ausgabe tatsächlich ins Schau-Magazin geflossen sind, genauso gut über Inserate im „ÖFB-Corner“ oder diversen digitalen Plattformen des Verbandes dem österreichischen Fußball zugutekommen können. Unzählige kleine Vereine müssen in Tagen wie diesen jeden Euro umdrehen, um ihren Talenten beim Training demnächst nicht das Flutlicht abdrehen zu müssen.
Und trifft die Opferrolle nicht eher auf jene Sponsoren-Vertreter zu, die hier bedrängt und somit zwangsbeglückt wurden, dem obersten Fußballfunktionär eine Gefälligkeit zu tun, um das gute Klima zwischen Partner und ÖFB nicht zu gefährden? Und die auch deshalb nicht namentlich vor den Vorhang treten können, weil sie als Manager in ihren Konzernen strengen Compliance-Regeln unterliegen, bei deren Übertretung ein Sponsoring durchaus in Gefahr geraten könnte.
Regeln, die im Wirtschaftsunternehmen ÖFB mit einem Jahresumsatz zwischen 45 und 60 Millionen Euro zwar nicht existieren, über die jedoch etwa Horst Lumper bestens Bescheid weiß. Der Präsident des Vorarlberger Fußballverbandes ist im Zivilberuf Wirtschaftsanwalt. Er hat Gerhard Milletich bei der Wahl seine Stimme gegeben und nennt die Angelegenheit „unerfreulich“. Sollte der Vorwurf stimmen, „dann wäre das nicht in Ordnung“.
Die Gunst seiner langjährigen Partner aufs Spiel zu setzen, wirkt angesichts der wirtschaftlich angespannten Zeiten gewagt. Sollte einer von ihnen gar das Weite suchen, so wird die Rhetorik des Präsidenten zum geringsten Problem des ÖFB.
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