Nach der Corona-Flucht: Was Markus Rogan jetzt blühen könnte

Ein Schwimmer bei den Olympischen Spielen 2012 in London wirkt nachdenklich.
Die mysteriöse Quarantäne-Flucht von Israel in die USA ist nicht der erste Aufreger im Leben und in der Karriere des Ex-Schwimmstars.

Versammelt zum Abflug, um am Tag darauf in der Slowakei ein Länderspiel zu bestreiten, warteten Israels nichts ahnende Fußball-Teamspieler am vergangenen Dienstag auf ihren Mentaltrainer.

Doch der kam nicht.

Was die Verantwortlichen des israelischen Fußball-Verbandes zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits mit Entsetzen zur Kenntnis nehmen mussten: Markus Rogan wurde scheinbar von allen guten Geistern verlassen und ist abgetaucht. Nicht mehr greifbar, als die Funktionäre umgehend das israelische Gesundheitsministerium und die internationalen Behörden informiert hatten.

Rogan gab nach positivem Testergebnis an, sich in der Eigentumswohnung seines Schwiegervaters in Tel Aviv in Quarantäne zu begeben. Doch er setzte sich samt Coronavirus mit einem drei Tage alten negativen Test in ein Flugzeug nach Deutschland und nahm anschließend den Luftweg in die USA. Fahrlässige gesundheitliche Gefährdung der Mitmenschen wird ihm nun vorgeworfen und die erhebliche Imageschädigung des Israelischen Fußballs sowieso.

Am Dienstagabend nahm Rogan erstmals Stellung zum Vorfall. "Ich wollte nicht zwei Wochen in Israel bleiben, das ist nicht mein Land", zitierte ihn das israelische Nachrichtenportal ynet. Er habe nicht verstanden, dass er im Land bleiben sollte, er habe in den USA sein wollen. Auf den Flügen habe er eine Maske getragen.

Strafrechtliche Folgen

Wie Insider in Washington vermuten, könnte Rogan künftig Probleme haben, ein Flugticket zu bekommen. Auch strafrechtliche Folgen in Deutschland und in den USA erscheinen möglich, weil  er eben wissentlich Menschen gefährdet hat. Sollte er tatsächlich Mitreisende angesteckt haben, was jedoch nur schwer zu beweisen sein wäre, drohen zivilgerichtliche Verfahren.

Rogan wollte scheinbar nach Hause. Konkret nach Los Angeles. Kommentiert als „eine Flucht“. Die Flucht des kleinen Jungen, der keinen zweiten Gedanken darüber verliert, was er damit anrichten könnte, gebeutelt von den widrigen Umständen und vom Heimweh gepackt. Nicht verwunderlich, dass er damit in der internationalen Presse nur Unverständnis erntet. "Dieser Sport-Ösi ist der größte Corona-Depp", spottet das Schweizer Boulevardblatt Blick.

Verwirrungen

Willi Ruttensteiner, Israels österreichischer Teamchef und Sportdirektor, konnte es nicht fassen. Und er kann es eigentlich noch immer nicht: „Man muss gerade in diesen Zeiten doch Eigenverantwortung übernehmen. Dabei hat er hat mir noch von der Quarantäne erzählt und dass es dafür eine hervorragende Lösung gibt.“

Telefonischen Kontakt hatte er mit Rogan nach dessen Ankunft in den USA.

Seine Rechtfertigung? „Es sei ein Blackout, ein Fehler gewesen, aber er habe keine Symptome mehr verspürt und alle Richtlinien eingehalten.“ Helfen wird ihm die späte Erkenntnis nichts: Mit rechtlichen Konsequenzen muss gerechnet werden.

Noch fehlt die Entscheidung des Verbandes, aber seinen Job ist Rogan wohl los. Ein Job, den er in der Funktion des Mentaltrainers seit März 2019 in Israels Nationalteam ausübt. „Zur vollen Zufriedenheit“, will Ruttensteiner festgestellt wissen.

Abschlusstraining des Israel-Teams in Haifa: Rogan.

Bevor sich Markus Rogan in den USA zum Psychotherapeuten ausbilden ließ, wurde er als Österreichs Aushängeschild im Schwimmsport gefeiert. 34 Medaillen hat er geholt, darunter zwei silberne bei Olympischen Spielen. Danach ist er zum jüdischen Glauben konvertiert, um Leanne Cobb heiraten zu können.

Ein Mann hält eine Gold- und eine Silbermedaille vor dem Hintergrund der Olympischen Ringe.

Fettnäpfe

Außerhalb des Beckens war er immer für einen Köpfler ins kalte Wasser gut. Dankbar waren die Medien für seine Wortspenden. Wohlgefeilt, aber manchmal auch verstörend und den guten Ton vergessend.

Rogan landete damit oft beidbeinig im Fettnapf: „Ich glaube, es ist ein Riesenvorteil, wenn du weniger denkfähig bist. Es gibt einen guten Grund, warum die richtig guten Sportler nicht viel im Kopf haben, denn da ist der Kopf nicht im Weg.“

Ehrlich zwar, doch wohl wissend um das damit verbundene skandalträchtige Aufsehen, meinte er: „Ich habe unglaublich viel Geld verdient, aber habe fast alles ausgegeben. Für Flüge um die Welt, für Frauen in jedem Bett, Champagner in allen Preisklassen und die besten Trainer der Welt.“

Schlagfertig

Rogan wusste zu unterhalten, hat dies genutzt und verwunderte mit Gedankenlosigkeiten, die ihm gerade auch nach den jüngsten Vorfällen die fragwürdige Zuordnung einer „typischen Rogan-Aktion“ bescherten.

So im Sommer 2009 in Rom, als Rogan behauptete, er sei  im Zuge einer Schlägerei von vier Türstehern  malträtiert worden. Geflunkert, wie man nachträglich vermutete. Die Verletzungen seien eher das Ergebnis hochgradiger Betrunkenheit gewesen, berichteten Augenzeugen.

Ein Mann sitzt barfuß auf einer Terrasse unter Sonnenschirmen.

Einer, der mit Markus Rogan vor nicht allzu langer Zeit zusammengearbeitet hat, ist Andreas Herzog. Für den ehemaligen Teamchef von Israel ist nur die Ferndiagnose möglich. Die Aktion sei verständlich und unverständlich zugleich. Verständlich, weil „er so schnell wie möglich zu seiner Familie will“.

Aber unverständlich, „wenn man andere Menschen dabei gefährdet“.

Herzog beschreibt Rogan als extrem intelligenten Menschen, als eine Persönlichkeit mit Ecken und Kanten. Seine Zusammenarbeit mit ihm sei eine höchst professionelle gewesen. „Wie gesagt, die Aktion sieht aus der Entfernung betrachtet nach Panik aus.“

Rogan wird sich dazu öffentlich wohl noch ins Szene setzen. Das liegt in seiner Natur.

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