Die Europa League ist nur mehr Gegenstand einer teils bitteren bis lehrreichen Linzer Vergangenheitsbewältigung. Die Zukunft? Die liegt nah und findet am Sonntag in Salzburg statt. Was beim österreichischen Abonnement-Meister zu holen ist, welche Bedeutung dieses Spiel in der Welt des Herausforderers und momentanen Tabellenführers hat, erklärt Dominik Thalhammer, der 50-jährige Cheftrainer des LASK.
KURIER: Empfinden Sie die Frage als unfair, ob in Ihrem Kopf im Rahmen dieses Spitzenspiels gar der eine oder ander Gedanke an den Titel herumgeistert?
Dominik Thalhammer: Die Frage ist total unfair. Was uns vielleicht von anderen Klubs in der Bundesliga unterscheidet, ist die Definition von Performancezielen. Nur in Ergebnissen zu denken, ist eine andere Art des Denkens. Nicht unsere. Wir wollen unsere Performance verbessern, erfolgreich an der Entwicklung arbeiten. Das wird man nach zwei, drei Jahren sehen.
Das bedeutet allerdings, der große Wurf kann in dieser Saison noch nicht gelingen?
Vielleicht. Aber schauen Sie sich die Zahlen, Daten und Fakten an in diesem Jahr, vergleichen Sie den Marktwert der Kader von Salzburg und dem LASK. Und der Vergleich macht sicher: Salzburg ist eine Champions-League-Mannschaft.
Trainer Oliver Glasner, Ihr Vorvorgänger, hat in Linz begonnen, gewissermaßen nach Red-Bull-Vorbild auf permanentes Pressing zu setzen. Jetzt hat sich der LASK in der Liga als Spitzenklub etabliert und versucht mit viel mehr Ballbesitz Lösungen gegen die oft tief stehenden Gegner zu finden. Das ist doch Ihr Konzept, oder?
Das ist teilweise korrekt. Wir haben vor ein paar Wochen den Pressing-Index erheben lassen, und da weisen wir in unserer Liga im europäischen Vergleich Höchstwerte auf. Gleichzeitig lege ich aber großen Wert auf die Weiterentwicklung des Positionsspiels, welches den Ballbesitz und eine gute Dominanz gegen tief stehende Mannschaften ermöglicht. Und das Positive daran: Die Spieler beginnen immer mehr, diese Vorteile zu erkennen.
Weil es ein System ist, das im Vergleich zu früher die Kräfte schont im dichten Terminkalender, den es abzuarbeiten gilt?
Zuvor war das Spiel mit hoher Pressing-Frequenz und dem Versuch des schnellen Zuspiels nach vorne vertikal ausgerichtet. Ein intensives Ping-Pong-System nenne ich das. Jetzt haben wir unbestritten mehr Kontrolle.
Was geht während eines Spiels tatsächlich in Ihnen vor? Sie wirken fast immer beherrscht, als hätten Sie Ihre Emotionen eingesperrt ...
Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass das in jungen Jahren eh’ ganz anders war. Aber man muss auch an seiner eigenen Person arbeiten. Und erkennt, dass es besser ist, die Kontrolle zu behalten, um mit Kalkül in extremen Situationen die Entscheidungen zu treffen, Dinge richtig einzuordnen. Das heißt nicht, dass ich keine Fehler mache. So wie die Spieler natürlich auch. Die müssen erlaubt sein und sind Bestandteil einer gewissen Fehlerkultur.
Gibt’s dennoch Dinge, die Sie auf die Palme bringen? Zuletzt in Hartberg sind Sie ziemlich weit nach oben geklettert ...
Mich wurmt einfach, wenn eine gute Performance nicht belohnt wird. Wie eben in Hartberg, wenn man trotz der Überlegenheit nur ein Unentschieden holt. Aber unter dem Strich ist es dann wieder egal, denn im Denken an die Gesamtentwicklung weiß ich, von zehn solchen Spiele gewinnen wir neun.
Was haben Sie damals als Außenstehender gedacht, als sich der LASK am Beginn der Corona-Auflagen zum „verbotenen Training“hinreißen ließ?
Dass es eben schwierig ist, die Situation von außen richtig zu beurteilen. Ich kannte die Fakten zu wenig, wusste ja nicht, was da wirklich passiert ist ...
Nein, gar nicht. Man begeht allzu oft Wahrnehmungsfehler. Das halte ich auch so, wenn man andere Spieler und die Situation anderer Klubs beurteilen soll. Wesentlich ist immer, den klaren Blick auf eine Sache zu haben.
Bleiben wir beim leidigen Thema Corona und den Auswirkungen auf das Fußballgetriebe. Wie gehen Sie damit um?
Am Anfang war es sehr nervig. Die dauernden Tests, das Zittern, ob es jemanden erwischt hat, keine Zuschauer. Mittlerweile ist das leider zu einer Gewohnheit geworden und wir haben eine gute Strategie gefunden, damit umzugehen.
Vielleicht wäre mit Unterstützung der Zuschauer sogar noch mehr drinnen gewesen?
Reine Spekulation, denn bei unseren Auswärtsspielen fehlt den Gegnern die Unterstützung genauso. Allerdings, mit 15.000 Fans im Rücken wär im Europa-League-Heimspiel gegen Tottenham möglicherweise noch einmal ein Ruck durch die Mannschaft gegangen und wir hätten sogar gewinnen können.
Salzburg wartet. Aber mit welchem Ergebnis würden Sie am Saisonende zufrieden sein?
Wenn wir unter die ersten Vier kämen. Schlecht wäre es, wenn man nicht immer höhere Ziele hätte ...
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