Kroatiens Teammanagerin: „Tante Iva“ weiß, wie Luka Modric tickt
Mit 14 galt sie als eines der größten Talente im damals noch jugoslawischen Damen-Tennis. Nach schwerer Fußverletzung, dann Hochzeit und dann Geburt ihrer Tochter begann sie 1992 beim kroatischen Fußballverband zu arbeiten.
Seit der EURO 2016 sitzt Iva Olivari bei jedem Spiel des kroatischen A-Teams auf der Bank, als Teil des Betreuerstabs. Dem KURIER erzählte die Teammanagerin, warum sie die jüngeren Spieler „Tante Iva“ nennen, was sie an Luka Modric schätzt, über ihre bittersten Niederlagen und den bisher schönsten Moment ihres Berufslebens.
KURIER: Frau Olivari, sind die Hotelzimmer fürs erste Spiel Ihres Teams beim Final Four in Rotterdam gebucht?
Iva Olivari: Selbstverständlich. Das hat aber die UEFA für uns erledigt. Ich war schon zwei Mal dort, um mir alles anzusehen. Bereits gebucht habe ich auch unsere Hotels in Armenien, in Riga und Cardiff. Dort spielt unser A-Team im Herbst Qualifikation für die EURO 2024 in Deutschland.
Sie kennen die „Papirologija“ seit gut dreißig Jahren. Wurde der bürokratische Aufwand im Profifußball mehr?
Ja, die ist viel mehr geworden. Alleine schon deshalb, weil unser Verband heute mehr Jugend-, Frauen- und Futsalteams stellt. Es gibt aber auch mehr Protokolle der UEFA und der FIFA. Wenn sich beispielsweise ein Spieler beim Aufwärmen vor einem Spiel verletzt, gibt es dafür ein eigenes Prozedere.
Apropos Spieler: Sie lernten Luka Modric kennen, da war er ein schmächtiger 17-Jähriger bei Dinamo Zagreb. Was schätzen Sie an ihm?
Zunächst einmal sein Talent. Aber Talent haben andere auch. Das Besondere an Luka ist seine Fokussierung. Er ordnet alles seinem Beruf unter, achtet genau darauf, was er wann trainiert, was er wann isst und trinkt, wie er sich auf seine Aufgaben vorbereitet. Und er vergisst nicht auf das Lachen. Er ist bei all seiner Bekanntheit ein Mensch geblieben.
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Marcelo Brozovic hat Ihnen ein Inter-Mailand-Trikot geschenkt. Darauf steht: „Für die beste Tante der Stadt.“ Sind Sie eine Tante?
Für die jüngeren Spieler vielleicht, für die Älteren wie Broz bin ich einfach Iva, immer da, wenn sie mich brauchen. Tante bin ich deshalb, weil sie mir auch private Dinge anvertrauen können, ohne dass ich sie weitererzähle.
Muss „Tante Iva“ ab und zu streng werden?
Ja, aber zum Glück nur selten. Weil ich kleiner bin als die meisten Spieler, muss ich dann meine Stimme anheben. Worauf immer jemand scherzt: „Hört, hört, Tante Iva ist nicht happy mit uns.“
Ein Manager der Wiener Philharmoniker erzählte in einem Interview, dass Musiker gerne vergesslich wären. Wie ist das bei Fußballern?
Ich nehme ihnen bei jeder Zusammenkunft sofort ihren Reisepass ab. Den bekommen sie von mir nur, sollten sie zur Dopingkontrolle müssen. Und dann vergisst der eine oder andere in der Aufregung auch mal seine vertrauten Fußballschuhe im Hotel. Das ist auch für mich Stress pur.
Die Spieler verdienen durch die Bank viel, sehr viel Geld. Bemerken Sie das im persönlichen Umgang?
Ich darf Ihnen sagen, dass unsere Spieler am Boden geblieben sind, dass sie sich viel Zeit für ihre Fans nehmen, obwohl das nicht immer leicht ist. Luka kennt nicht nur in Kroatien jedes Kind.
Auf der Bank der Spanier sitzt auch eine Teammanagerin. Sollten mehr Frauen im Männerfußball etwas zu sagen haben?
Ehrlich gesagt würde ich mir wünschen, dass das Geschlecht irgendwann keine Rolle mehr spielt. In Südamerika haben sich so viele Frauen bei mir bedankt. Das zeigt aber nur, dass wir davon noch weit entfernt sind.
Welche Agenden haben Sie auf der Betreuerbank?
Ich nehme den Trainern die gesamte Bürokratie ab, halte den Kontakt zum vierten Schiedsrichter und zum Veranstalter. Möchte Zlatko Dalic Spieler tauschen, muss er mir nur ihre Rückennummern sagen. Ich gebe sie sofort in die Anzeigetafel ein und übergebe diese dem dafür zuständigen Schiri.
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Sind Sie während des Spiels auch Fußballfan?
Ich versuche, mich voll auf meine Aufgaben zu konzentrieren. Das gelingt natürlich nicht immer.
Der bitterste Moment für Sie?
Da gibt es zwei: Wien, Praterstadion, EURO 2008. Wir geben das Viertelfinal-Spiel gegen die Türkei in letzter Sekunde aus der Hand. Lens, Achtelfinale, EURO 2016, auch dort verlieren wir als ebenbürtiger Gegner gegen Portugal. Die Spieler waren nach dem Schlusspfiff am Boden zerstört. Weil sie wussten: Es wäre viel mehr drinnen gewesen.
Und der schönste?
Das bis jetzt emotionalste Spiel war für mich eindeutig unser 2:1 im WM-Halbfinale 2018 gegen England. Weil niemand mit uns im Finale gerechnet hatte.
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Stimmt es, dass Sie Ihre Medaillen für den zweiten Platz bei der WM 2018 und den Dritten bei der WM 2022 in der Bank aufbewahren?
Ja, in einem Safe. Sicher ist sicher.
Das Hotel in Rotterdam soll schöner sein als jenes in Enschede.
Ja, auch deshalb wäre es besser, wenn wir gegen die Holländer gewinnen. Dann könnten wir bis zum Finalspiel in Rotterdam bleiben.
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