Intrigen in der Rapid-Krise: House of Cards in Hütteldorf

Intrigen in der Rapid-Krise: House of Cards in Hütteldorf
Rapid im Ausnahmezustand: Ex-Manager Kuhn musste gehen. Präsident Bruckner fürchtet schlimmere Zeiten als beim Platzsturm. Und "die Fans" gibt es nicht.

Niemand ist größer als der Klub. Dieser Satz ist im internationalen Fußball oft zu hören. Vor allem dann, wenn eine Schlüsselfigur ersetzt werden soll oder in der Krise der Zusammenhalt der Übriggebliebenen beschworen wird. So wie derzeit in Hütteldorf.

Allerdings stellt sich bei den Querelen seit der Blamage gegen Vaduz die Frage: Was wird am Ende dieser Krise überhaupt noch vom Verein SK Rapid Wien übrig sein?

Derzeit ist ein Schauspiel wie die US-Politserie „House of Cards“ zu bestaunen, allerdings für Arme. Rapid-Freunde gelten plötzlich als verfeindet, ehemalige Rivalen schmieden Allianzen und wer heute noch ein gemeinsames Ziel verfolgt, könnte morgen schon als Verräter dastehen.

Das aktuellste Beispiel: Werner Kuhn muss gehen. Der langjährige Manager war fast 30 Jahre bei Rapid, zuletzt als selbstständiger Konsulent zur Sponsor-Akquise.

Nach dem 1:2 gegen Sturm war für den 68-Jährigen, der im Allianz Stadion noch ein Büro benutzen durfte, Schluss. Offizieller Grund: Der bis Jahresende laufende Vertrag wird nicht verlängert.

Vertrauensverlust

Inoffiziell ist von Vertrauensverlust zu hören. Laut KURIER-Recherchen wird Kuhn vorgeworfen, bei interessierten Persönlichkeiten aus dem Umfeld des Vereins angefragt zu haben, ob sie bei einer Präsidentschaftsliste gegen Martin Bruckner oder für Steffen Hofmann andocken würden.

Es ist ein besonderer Treppenwitz: Kuhn galt lange als Feindbild der organisierten Szene. Einst wurde sogar sein Bürozugang zugemauert.

Intrigen in der Rapid-Krise: House of Cards in Hütteldorf

Und jetzt steht Kuhn als inoffizieller Wahlhelfer von Steffen Hofmann im Verdacht, während sich die Fanszene Hofmann als Retter in der Not und neuen Präsidenten wünscht.

Ungeordnete Übergabe

Fix ist, dass Kuhn damit nicht vom Vorgänger von Geschäftsführer Christoph Peschek zu dessen interimistischem Nachfolger wird. „Ich bin noch im Amt“, sagt Peschek. „Es sollte im Firmenbuch ein Geschäftsführer aufscheinen, auch wegen Haftungsfragen.“

Peschek fühlt sich wie Bruckner „von einer kleinen Minderheit“ angefeindet. Aus einer – oft kritisierten – Fannähe wurde die härteste Opposition. Auch so ein Treppenwitz in Grün. Um eine Eskalation zu verhindern, wurde der Rückzug angekündigt. Auf den ersten Blick sieht das wie ein Putschversuch durch einflussreiche Fanvertreter aus.

Allerdings ist die Gemengelage komplexer. Und deswegen auch viel schwieriger zu befrieden. Parallel zu den Fans gibt es enttäuschte Leider-nein-Funktionäre, Sponsorenvertreter und VIPs, die nur darauf gewartet haben, dass die aktuelle Führung Schwäche zeigt.

„Es ist eine Explosion, die im Verein wie eine Implosion wirkt. Begonnen hat das Ganze spätestens mit dem Wahlkampf 2019. Die negative Stimmung ist geblieben“, sagt ein langjähriger Angestellter. Was besonders oft zu hören ist: „Jeder schaut, dass er selbst am besten aussteigt. Einen Zusammenhalt in oder rund um den Verein gibt’s nicht.“

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Oft ist zu lesen, „die Fanszene“ wollte die Macht. Allerdings gibt es „die Fanszene“ nicht. Am einflussreichsten sind die „Ultras“, aber auch da gibt es viele, die keine Vereinspolitik machen wollen, weil das den Ultras-Prinzipien widerspricht. Jener Fanklub, der beim imageschädigenden Marsch Richtung Präsidentenloge vorpreschte, wird von anderen dafür kritisiert.

Gegen Vaduz eskalierten unterschiedliche Ansichten sogar in einer Rauferei zwischen zwei Rapid-Fanklubs.

Ärger als Platzsturm?

Bruckner sagt: „Vaduz war eine Zäsur, mit der ich nicht gerechnet habe. Mittlerweile befürchte ich eine tektonische Plattenverschiebung. Das wird schlimmer als rund um den Platzsturm 2011.“

Einfluss von Krammer

Bruckners Vorgänger, Michael Krammer, gilt immer noch als einer der einflussreichsten Protagonisten im unübersichtlichen Rapid-Kosmos. Der erfolgreiche Mobilfunk-Manager will – so wie sein enger Freund Andy Marek – allerdings nicht antreten: „Ich mache mir große Sorgen. Aber ich trete sicher nicht mehr als Präsident an.“

Aus dem Kreis der Unterstützer von Hofmann ist zu hören: „Wir wollen offen und ehrlich etwas zum Besseren verändern. Aber bei Rapid hast du das Gefühl, du läufst gegen eine Mauer.“

Bis Dienstagvormittag tüftelte das sechsköpfige Wahlkomitee daran, wie lange der Zeitraum für neue Präsidentschaftslisten bemessen wird. Die neue Frist läuft bis 18. September.

Eine rasche Machtübergabe wäre hilfreich, ist aber kompliziert zu organisieren. Wenn – im Idealfall – nur eine Liste antritt, kann die an sich für Ende November angesetzte Hauptversammlung einberufen werden. Eine Vorverlegung in den Oktober erscheint zumindest möglich.

Bis dahin werden noch die grünen House-of-Cards-Figuren hin- und hergeschoben.

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