Möglich wurde dies, weil die Wahl entgegen den Empfehlungen der FIFA nicht geheim abgehalten wurde. Die offenkundige Spaltung im Präsidium zeichnete sich schon damals ab: Ein entsprechender Antrag von Tirols Präsident Josef Geisler auf eine geheime Wahl wurde durch eine knappe Mehrheit abgewendet. Die Konsequenz? Milletichs Befürworter aus dem Burgenland, Kärnten, Vorarlberg und Niederösterreich stellten auf 4:0. Schließlich votierte nicht nur die Bundesliga, die im Vorfeld angekündigt hatte, sich der Mehrheit anzuschließen, für Milletich. Der 66-Jährige gewann mit 7:3 Stimmen.
Hollerer bestreitet, mit der Sitzordnung Einfluss genommen zu haben. Seither jedenfalls sind Wahlsieger und -organisator unzertrennlich. Der Wiener begleitet den Präsidenten auf Schritt und Tritt. „Der Generalsekretär ist für mich ganz wichtig, vor allem im Außenbereich, dass er mich flankiert“, sagt Milletich über seine rechte Hand. Diese ist auch als Dolmetscher zur Stelle, wenn der Präsident, der seine rhetorischen Mängel selbst eingesteht, mit Amtskollegen anderer Länder in den Dialog muss. Wo Milletich draufsteht, ist Hollerer drin. „Ohne ihn ist der Präsident nicht überlebensfähig“, sagt ein Kenner der Szene.
Und natürlich machte sich die enge Bindung des Duos auch schon in der aktuellen Inseraten-Affäre bemerkbar. Als etwa der KURIER den Präsidenten am 29. Oktober mit den Vorwürfen konfrontiert hatte, dauerte es nur 30 Minuten, bis Hollerer in aller Dringlichkeit zwei Mal beim KURIER anrief mit der Empfehlung, den gesamten Text der geplanten Geschichte vor Veröffentlichung doch an die Pressesprecherin des ÖFB zu schicken. Ein netter Versuch.
Seit Bekanntwerden der Dimension der Affäre ist es nicht mehr ganz so einfach, die Herren ans Telefon zu bekommen. Gerhard Milletich hebt nicht mehr ab, Thomas Hollerer bittet um schriftliche Übermittlung etwaiger Fragen. Auf jene, wieso er sich damals nicht für eine geheime Wahl eingesetzt hat, richtet der Jurist aus, dass das Prozedere „statutengemäß“ durchgeführt worden sei.
Der KURIER wollte auch wissen, wie es um das Verhältnis zu Bernhard Neuhold steht, dem Geschäftsführer der ÖFB-Wirtschaftsbetriebe. Das Duo steht seit der Pensionierung des ehemaligen Generaldirektors Alfred Ludwig im Jahr 2016 an der operativen Spitze des Fußball-Bundes. Dem Vernehmen nach ist das Verhältnis der beiden zueinander dermaßen schlecht, dass kaum noch ein Wort gewechselt wird. Hollerer sagt: „Es ist ein Privileg, mit tollen Kollegen für den österreichischen Fußball arbeiten zu dürfen.“ Neuhold weicht der Frage zumindest nicht aus, sondern bittet „um Verständnis, dass ich grundsätzlich in der Öffentlichkeit nicht über interne atmosphärische Dinge spreche und demzufolge mein Verhältnis zu Kollegen nicht kommentieren will“.
Die Frage, wie der größte Sportfachverband des Landes vorankommen soll, wenn die Geschäftsführer nicht miteinander reden, wurde bereits im Präsidium aufgeworfen. Und zwar von Niederösterreichs Präsident Hans Gartner, dem das Problem im Zuge der Frauen-EM im Sommer aufgefallen ist. „Ich habe dem Präsidium gesagt, dass sich dieses Kommunikationsproblem auf die Mitarbeiter des Verbandes auswirkt.“
Wie lange dieser Status für die Geschäftsstelle tragbar ist, wird sich weisen, nachdem die Inseraten-Affäre aufgeklärt ist. Der gesuchte Brückenbauer, den der ÖFB dringend bräuchte, ist offenbar auch Hollerer nicht. Dem Juristen ist dem Anschein nach nicht das im Raum stehende Unrecht ein Dorn im Auge, sondern es sind jene, die es aufgezeigt haben könnten. Seine Aufforderung an alle Präsidiumsmitglieder, eine eidesstattliche Erklärung zu unterschreiben, die Affäre nicht ins Rollen gebracht zu haben, wirkt wie der Versuch einer Täter-Opfer-Umkehr.
„Ich vertraue Thomas Hollerer blind“, sagt Gerhard Milletich, dessen Gegner betonen, vergeblich auf Einsicht gewartet zu haben. Zu einer Entschuldigung dürfte Hollerer Milletich nicht geraten haben. Die hätte vermutlich nicht geschadet.
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