Harakiri in der Abfahrt: Wieso sich Goggia nur selbst schlagen kann

Harakiri in der Abfahrt: Wieso sich Goggia nur selbst schlagen kann
Sofia Goggia ist die Favoritin auf Gold. Die größte Gegnerin der Italienerin ist sie selbst.

Eines hat Sofia Goggia schon einmal erreicht: Wenn ihr auf dem Weg zum Start nicht noch etwas zustößt, dann wird sie am Samstag (11.00 Uhr/live ORF1) in der Abfahrt über die Roc de Fer-Piste in Méribel gehen. Das ist keineswegs selbstverständlich bei der gnadenlosen Draufgängerin aus Bergamo.

Jede Fahrt ist ein Spiel mit dem Feuer, manche sagen sogar sie betreibe Harakiri mit Anlauf. Dieser Mut und diese Risikobereitschaft machen Goggia einerseits so einzigartig und erfolgreich – 16 Weltcupsiege in der Abfahrt sprechen eine eindeutige Sprache. Der tollkühne Fahrstil ist aber auch die größte Schwäche der Italienerin.

Allein was Goggia in diesem Winter schon alles widerfahren ist: In St. Moritz räumte sie eine Torstange ab und brach sich die Hand. In St. Anton machte sie einen spektakulären Abflug und zog sich Hautabschürfungen zu. Und in Cortina landete sie im Fangnetz und verletzte sich am rechten Bein – Skifahren sei für sie ein „Ausdruck des Charakters“, meinte Goggia einmal in einem Interview mit der NZZ. Sie sei nun einmal eine Frau, die immer am Limit unterwegs ist. Mittelmaß ist der 30-Jährigen einfach zuwider.

Wobei Goggia scheinbar aus ihren Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Im Abschlusstraining für die WM-Abfahrt gestern wirkte die Olympiasiegerin von 2018 für ihre Verhältnisse schaumgebremst – und war trotzdem wieder die Schnellste und gab den Ton an. Wahrscheinlich kann sich Sofia Goggia am Samstag ohnehin nur selbst schlagen.

Für die Österreicherinnen taugt die Gewinnerin von vier Saisonabfahrten nur bedingt als Vorbild. Goggias aggressiven Fahrstil könne man nicht einfach nachmachen, sagt Mirjam Puchner, vor allem wäre er auch nicht immer nachahmenswert. „Die Sofia ist vom Typ Harakiri und schon immer extrem am Limit unterwegs. Ich werde mir natürlich im Video ihre Trainingsfahrt anschauen, habe aber eine ganz andere Fahrweise“, erklärt die Pongauerin.

Neue Lockerheit

Und mit ihrem Stil fährt Mirjam Puchner nicht schlecht, wie der zweite Platz im Abschlusstraining zeigt. Im Super-G (Rang 19) hatte die 30-Jährige mit der WM-Strecke noch gefremdelt und war überhaupt nicht auf Touren gekommen. Nach zwei ausgezeichneten Trainingsläufen jeweils auf Rang zwei ist die Frustration aber einer Lockerheit gewichen. „Ich habe wirklich ein gutes Gefühl aufgebaut. Aber die Favoritinnen sind andere.“ Vor allem eine.

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