Internationale Sportfunktionäre schätzen Wein und Wien. Zudem wäre Österreich wegen seiner Neutralität als Veranstalter geschätzt – wenn, ja wenn es hierzulande eine moderne Riesen-Arena geben würde. So aber bedarf es keiner hellseherischen Qualitäten, um zu prophezeien, dass es auch 2030 heißen wird, dass Wien 1995 zum letzten Mal Schauplatz eines Europacup-Endspiels war.
In den 90ern hatte die UEFA Wien sogar zweimal Endspiel-Statuts in der Königsklasse verliehen. Und zweimal war der AC Milan als Finalist ins Happel-Stadion gekommen. Im Mai ’90 verließen es die Mailänder (dank eines Tores des niederländischen Legionärs Frank Rijkaard gegen Benfica) als 1:0 Sieger, im Mai ’95 gegen Ajax Amsterdam (wegen eines Tores des Niederländers Patrick Kluivert) als 0:1-Verlierer.
Zugegeben, ich weiß nicht mehr, ob es 1990 oder fünf Jahre später war, als das KURIER-Sportressort am Spieltag wenige Stunden vor Anpfiff mit einem Anruf aus der Chefetage und der Bitte um zwei Karten auf der Ehrentribüne konfrontiert wurde. Als unsere Sportsekretärin daraufhin mitteilte, dass alle Tickets – gleichgültig ob am Juchhe oder gratis im VIP-Bereich – für Milan seit Wochen vergriffen seien, sagte die Dame von oben forsch: „Dann geben sie mir die Telefonnummer von diesem Herrn Milan.“
Ähnlich fußballfern dürfte der ORF – was im Grunde keine Schande ist – Freitagabend bei der ZiB gewesen sein. So wurde der Vorschlag des steirischen Landeshauptmanns Christopher Drexler aufgewärmt, der seit des Double-Gewinns von Sturm Graz PR-bewusst für ein 50.000er Nationalstadion in Graz plädiert. Ehe man 978.000 Seher wissen ließ, dass sich der Fußballbund dazu nicht äußern wolle.
Priorität Wien
Dabei hatte sieben Stunden zuvor ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer vor mehr als 50 Ohrenzeugen von Sports Media Austria bei deren Kongress im Ski-WM-Ort Saalbach/Hinterglemm mitgeteilt, dass für ihn der Wiener Prater als Standort eines neuen Nationalstadions absolute Priorität habe.
Im Jahr 2008, in dem Jurist Mitterdorfer noch Kärntner Unterliga-Funktionär war, durfte Österreich eine EM veranstalten. Die man nicht zuletzt auch dank eines Tricks bekommen hatte, indem von Jörg Haider das „Blaue von Himmel“ versprochen und mit dubiosen Hypo-Bank-Millionen das Wörthersee-Stadion errichtet worden war. Worauf Österreich den EM-Zuschlag erhielt.
Zur selben Zeit wurde das Happel unter Denkmalschutz gestellt. Der jetzt als Argument dient, um sich Abriss und Neubau zu ersparen. Für Auftritte von Popstars a la Ed Sheeran (der im August im Prater singt und Sponsor von Aufsteiger Ipswich ist) aber reicht das Happel-Museum. Und wenn sich kein privater Geldgeber findet und die Stadt Wien den ÖFB-Präsidenten-Wunsch nicht erfüllen will, kann Sportstadtrat Peter Hacker mit seiner feinen Witterung fürs misstrauische Volk immer noch eine Umfrage inszenieren. Nein-Sager würden auch in fünf Jahren in der Mehrzahl sein.
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