Am Sonntag (17.00/live Sky) ist es wieder so weit. Rapid empfängt in Hütteldorf die Wiener Austria. Es ist das 342. Stadtduell der beiden Kontrahenten.
Wie bereiten die beiden Trainer Robert Klauß und Michael Wimmer ihre Mannschaft auf das Schlüsselspiel im Kampf um die Meistergruppe im ausverkauften Allianz Stadion vor?
Robert Klauß: Der Debütant mit Vorgeschichte
„Und was ist, wenn wir gewinnen?“ So begann die Amtszeit von Robert Klauß und so lässt sich auch die Herangehensweise des Deutschen vor seinem bisher wichtigsten Spiel zusammenfassen.
„Und was ist, wenn wir gewinnen“, antwortete der Rapid-Trainer auf die Frage nach den negativen Auswirkungen im Fall einer Pleite bei der Premiere gegen BW Linz – es wurde ein 1:0-Sieg.
Seither kämpft der 39-Jährige täglich darum, die über Jahre aufgestauten negativen Emotionen, Ernüchterungen und Enttäuschungen aus den Köpfen der Kicker (und Klubmitarbeiter) zu vertreiben. Aber nicht mit übertriebenem Selbstbewusstsein nach dem in der bis dato letzten Hoch-Zeit gerne gebrauchten Slogan „Wir sind Rapid, und wer seid ihr?“, sondern mit einem besonders akribischen Ansatz.
Rapid-Spieler beschreiben die Methode des Coaches im Training als intensiv, stark auf Details achtend und auch überraschend: An manchen Tagen nimmt sich der gebürtige Ostdeutsche bewusst zurück, beobachtet nur und überlässt seinen Co-Trainern die Kommunikation. An anderen ist der Familienvater wieder ganz in der Chefrolle, mit klaren Ansagen und auch fordernd.
Statistiken interessieren den ausgebildeten Sportwissenschafter, der im Fach Fußball auf der Uni vorgetragen hat, dann, wenn sie direkt das Spiel betreffen. So wird vermehrt auf eigene Standards und Wahrscheinlichkeiten, wohin der Gegner flanken wird, geachtet.
Es geht ums Gefühl
Die statistisch peinlichen elf Heim-Derbys ohne Sieg interessieren Klauß hingegen „überhaupt nicht. Das ist mir völlig egal“. Eben, weil der Derby-Debütant nichts dafür kann: „Ich bin frei von negativen Erlebnissen und will mit den Spielern das Gefühl entwickeln: Es kann nur einen Sieger geben – und das werden wir sein.“
Ein Derby-Sieg – der erste in Hütteldorf seit zehn Jahren – würde dem Jahrgangsbesten der deutschen Trainerausbildung (Notenschnitt 1,0) einen Platz in den grün-weißen Statistiken sichern. Und wohl auch in der Meistergruppe.
Sportdirektor Markus Katzer denkt darüber hinaus: „Ein Sieg gegen die Austria könnte so viel lösen. In der Mannschaft, bei den Fans, im gesamten Verein.“
Nürnberger Erinnerung
Was ein Derbysieg bedeutet, hat Klauß zwar nicht auf der Straße in Wien gehört („Ich komme ja kaum raus aus dem Trainingszentrum“), aber bereits in Nürnberg erlebt: „Mein letztes Derby war ein 2:0 mit Nürnberg gegen Fürth. Es war der erste Sieg für den Club nach fünf Jahren.“ Solche Statistiken mag dann auch Robert Klauß.
Michael Wimmer: Der Trainer mit der weißen Derby-Weste
Auch vor seinem fünften Derby versucht Michael Wimmer die Emotionen zu kanalisieren. Das Ärgste hat er jedenfalls schon hinter sich, sein erstes Derby gegen Rapid in der Generali Arena, als man im letzten Spiel des Grunddurchgangs gewinnen musste, um noch die Top 6 zu erreichen. Mehr Druck geht nicht. „Das kann man nicht toppen.“
Die Austria hielt dem Druck am 19. März 2023 stand und gewann 2:0. „Die Matches gegen Rapid sind immer Emotionsspiele“, gesteht Wimmer, dass er in seiner bisherigen Trainerkarriere noch nie so ein brisantes Stadtduell erlebt hat. „Seit zehn Tagen geht es nur um diese Partie.“
Wimmers Derby-Statistik macht freilich Mut, bei vier Aufeinandertreffen mit den Rapidlern ging man zwei Mal als Sieger vom Platz, zwei Mal einigte man sich auf ein Unentschieden. Bislang coachte Wimmer nur einmal die Violetten in Hütteldorf, am Ende stand ein umkämpftes und sehenswertes 3:3.
Der Realist Auch ein anderes Zahlenspiel spricht für die Veilchen, die in den vergangenen zehn Runden 21 Punkte erzielt hatten. Gewiefte Mathematiker sehen darin einen Schnitt von 2,1 Punkten pro Spiel, der Bestwert in der Liga für diesen Zeitraum. „Es ist aber klar, dass man diesen Schnitt nicht ewig so halten kann“, zeigt Wimmer wie immer Realismus.
Der Deutsche weiß die Situation am Verteilerkreis ebenso gut einzuschätzen wie die Qualität seines Kaders. Der 43-Jährige murrt auch nicht öffentlich, wenn wieder einmal ein versprochener Spieler nicht den Weg ins violette Trikot findet, weil eben das nötige Kleingeld fehlt.
Er behielt auch die Ruhe, als seine Person im vergangenen Herbst vereinsintern in der Kritik stand. Vielleicht auch deshalb, weil seine Arbeit anderswo durchaus gewürdigt wird und er bei Kaiserslautern im Gespräch war, beinahe zu Standard Lüttich wechselte. Um Wimmer braucht man sich also auch in Zukunft keine Sorgen machen.
Das 342. Wiener Derby sieht er nicht als Entscheidung über die Teilnahme an der Meistergruppe. „Danach gibt es noch zwei weitere wichtige Spiele.“ In Bezug auf die Derby-Taktik ortet er von außen viel zu viele Interpretationen. „Die wird da viel zu hoch gehängt. Denn bisher ist noch in jedem Derby nach wenigen Minuten etwas passiert, womit man nicht gerechnet hatte. Dann ist die Taktik auch schnell überholt.“
Vielleicht liegt es auch am Trainer, dass die Violetten in der Derby-Woche im Training eine gewisse Lockerheit an den Tag legten. „Ich habe keine Verbissenheit gesehen.“
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