Für die Entwicklung einzelner Spieler, für Taktik und um neue Spieler zu scouten.
Werden Daten in allen größeren Ligen gesammelt?
In den fünf großen Ligen Europas (England, Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, Anm.) werden überall Positionsdaten gesammelt. Aber nicht überall werden sie unter den Vereinen weitergereicht. In Deutschland ist jede Woche ab Montag alles abrufbar. Andere Länder machen das nicht. Aber die Tendenz geht eher in Richtung Teilen.
Wie gut können die Vereine mit den Daten umgehen?
Wir haben ihnen schon vor fünf Jahren nahegelegt, dass sie sich mehr um das Datenscouting kümmern sollten. Jetzt machen das immer mehr Vereine, sie fangen an, Data-Scientists einzustellen, Informatiker, die Algorithmen bauen, die zur Philosophie des Vereins und dessen Scouting passen. Da hat sich viel getan. Wenn einmal in Europa alle Daten untereinander geteilt werden, wird das einen ganz neuen Drive erzeugen.
Welchen Anteil können Daten für eine Kaufentscheidung einnehmen?
Natürlich wird das immer wichtiger. Die Vereine schicken immer weniger Scouts in die Stadien, sondern machen eine Art Vorscouting – datenbasiert. Sie schauen sich Key-Performance-Indizes an und treffen eine Vorauswahl, dann wird erst ein Scout geschickt, der sich das live im Stadion anschaut. Datenscouting spart also auch Ressourcen. Das Problem: Nicht von allen Spielern gibt es Daten. Es dauert noch ein bisschen, bis das kommt.
Wie viele Parameter kann man pro Spiel erfassen?
Unendlich viele. Aber die Frage ist, welche sind überhaupt brauchbar? Es gibt physiologische Parameter wie zurückgelegte Kilometer oder die Anzahl der Sprints, die wenig über den Ausgang eines Fußballspiels sagen. Wir sagen Trivialparameter dazu. Auch Ballbesitz oder angekommene Pässe, Indikatoren, die auch von den Medien gern gespielt werden, weil sie leicht und eingängig sind. Sie haben aber keine große Relevanz für das Spiel. Raumkontrolle und Pressing hingegen sind Parameter, die wir lange validiert haben, die durchaus signifikante Zusammenhänge zum Ausgang des Spiels liefern.
Kann künstliche Intelligenz auch mentale Komponenten erfassen?
Die Frage ist, wie man „mental“ definiert. Eine kognitive Komponente ist etwa die Vororientierung. In einem Projekt erforschen wir sie derzeit anhand des Drehens des Kopfes eines Spielers vor der Ballannahme. Diese Wahrnehmung soll den Pass besser machen, der hinterher gespielt wird.
Wie weit ist der Fußball in der Entwicklung der Datenanalyse?
Wir stehen am Anfang. Wir beginnen erst, Theorien zu entwickeln. Auch die Verbindung der Sportinformatik mit der Sportpsychologie wird noch sehr interessant.
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Wie sehen Sie die Entwicklung in Österreich, auch vor dem Hintergrund, dass der datenaffine Ralf Rangnick hier Teamchef ist?
Ralf Rangnick ist immer schon Pionier gewesen, in verschiedenen Bereichen. Er war der Ideengeber unseres neuen Studiengangs Sportdirektor für Amateur- und Nachwuchsfußball. Ich weiß, dass er von oben sehr viel anstößt und auch viel bewegt.
Was sind die Grenzen von Datenanalyse im Sport? Inwiefern wird der Zufall ein Faktor in Fußball bleiben?
Wir haben kürzlich eine große Studie über den Zufall in der Premier League publiziert. Der Zufall hat von 49 auf 42 Prozent abgenommen. 42 Prozent der Tore werden aber immer noch durch Zufallsfaktoren (Fehler, Stange, abgefälschte Schüsse etc.) beeinflusst. Der Zufall wird auch weiter eine große Rolle im Fußball spielen.
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