Die Bilder gingen damals um die Welt und haben sich nicht nur bei den Menschen in Bergamo ins Gedächtnis eingebrannt: Der lange Konvoi von Militär-Lastwagen, die Särge aus der Stadt transportierten, weil es auf den Friedhöfen von Bergamo keinen Platz mehr für die vielen Covid-19-Toten gab.
Es gebe niemanden in der Stadt, der in der Pandemie nicht einen Verwandten oder einen Freund verloren hat, sollte Bergamos Bürgermeister später sagen.
Auch Atalantas Erfolgstrainer Gian Piero Gasperini war traumatisiert, wie er erzählt. "Alle zwei Minuten hörten wir die Sirene eines Rettungswagens, denn in der Nähe unseres Sportzentrums in Bergamo ist ein Krankenhaus. Es war wie im Krieg. Ich dachte: 'Wenn ich ins Krankenhaus komme, was wird mir geschehen? Ich will nicht sterben, ich habe noch viel zu tun'", erinnert sich der 66-Jährige.
Dass Bergamo 2020 zum Corona-Hotspot wurde, lag auch an einem Fußball-Match. Mitte Februar traf Atalanta im Achtelfinale der Champions League auf den FC Valencia. Weil das Spiel im Meazza-Stadion stattfand, reisten mehr als 40.000 Fans von Bergamo nach Mailand - bis heute gilt dieses Match als Superspreader-Event oder "Spiel Null", wie es auch genannt wird.
Das Stadion als "biologische Bombe"
Zwei Tage nach der Partie wurde in Italien der erste "italienische Corona-Patient" registriert. Binnen weniger Tage griff das Corona-Virus um sich - vor allem in und um Bergamo. Der Corriere della Sera schrieb damals von einer "biologischen Bombe" rund um das Mailänder Stadion. Die Zeitung Repubblica ortete in diesem Match eine "Explosion der Ansteckungen."
Tatsächlich war die Lombardei jene Region Italiens, die am meisten von der Corona-Pandemie betroffen war und im Schnitt die meisten Toten zu beklagen hatte. Trauriger Rekordhalter war die Provinz Bergamo mit einer Übersterblichkeit von 578 Prozent.
Dieses große Trauma von 2020 erklärt wahrscheinlich auch, weshalb die Menschen in Bergamo ihren großen Fußballtraum so ausgelassen feiern. Bis zu diesem Europa-League-Triumph hatte Atalanta nur in den 1960er-Jahren einmal einen Cupsieg bejubeln dürfen.
Wie meinte doch gleich Atalanta-Coach Gian Piero Gasperini: "Die Stadt verdient eine außerordentliche Freude".
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