Weil „Kilometerfressen“ allein längst nicht genügt, ließ Papa Seiwald Sohnemann Nici und dessen Freund Matthias Seidl (jetzt als Rapidler in Ralf Rangnicks EM-Talon) stets mit links wie rechts schießen. Oft drückte Hubert Seiwald (er hatte als Sieger eines Geschicklichkeitsbewerb 1979 eine Reise zum EM-Quali-Spiel von Herbert Prohaska und Co. nach Portugal gewonnen) den Knirpsen zum Jonglieren zwei Bälle in die Hände, während sie zugleich einen dritten am Fuß führen sollten. Worauf Nici und Matthias schon als Kinder kaum mit dem Kopf nach unten (eine Schwäche vieler Amateurkicker) übers Feld irrten. Als die beiden Kuchler Buam bei einem 12:0 gegen die Red-Bull-Minis alle Tore schossen, wurden sie in die Talenteschmiede des Salzburger Konzerns geholt.
Heute macht Seiwald oft den Eindruck, als würde er auch am Rücken Augen haben. Weil er ein Spiel so gut lesen kann, er auch deshalb die jüngsten zehn Länderspiele von der ersten bis zur letzten Minuten bestritt.
Als Leipzig-Neuankömmling war Seiwald – ähnlich wie davor Konrad Laimer und Xaver Schlager im ersten Jahr – oft nicht erste Wahl. Im Nationalteam ist er als die personifizierte Verlässlichkeit geschätzt. Und somit gesetzt, wenn „daheim“ in Leipzig gegen die Türkei die K.-o.-Phase beginnt
Dank an die Eltern
Papa Hubert wird – wie davor auch schon Nicis ältere Brüder – bei der EM wieder vor Ort sein. „Aber eine Stund’ vorm Match darf mi kaner mehr anreden.“ Zu nervös sei er. Konträr zum Nicolas. Der engagierte sich in Leipzig zusätzlich zum ohnehin herausfordernden Vereinsbetrieb einen Privatcoach für individuelles Training.
Parallel zum Profi-Job will Seiwald ein Fernstudium beginnen. Wie die meisten seiner EM-Reife zeigenden Kollegen, verfügt er über Matura. Und wie im Fall vom Nicolas, dessen Eltern 138.000 Kilometer mit ihm zu Training und Nachwuchsspielen gefahren waren, sind auch die Eltern von Christoph Baumgartner, Michael Gregoritsch, Patrick Pentz die ersten Väter und Mütter des Erfolgs gewesen.
Apropos Pentz. Der Tormann, der nach dem Ausfall von Alexander Schlager zur Nummer 1 aufstieg und der – einem Libero ähnelnd – sein Handwerk auch mit dem Fuß versteht, war mit 17,9 Kilometer am meisten von allen EM-Keepern unterwegs. Fast sechs Kilometer pro Match. So viel war einst, ermittelt von einer Sportuni, Real Madrids Superstar Alfredo Di Stéfano gelaufen. Und dafür in den 60er-Jahren als Konditionswunder gefeiert worden.
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