Manuel Ortlechner zur Austria-Krise: "Niemand, der seine Schuld zugibt"
Manuel Ortlechner war in guten Zeiten Austria-Kapitän, feierte 2013 den Meistertitel und den Einzug in die Champions League. Im KURIER-Gespräch über die aktuelle Situation der Veilchen gab er sich kritisch und leidenschaftlich.
KURIER: Die Austria bangt um die Lizenz. Wie nahe geht Ihnen das persönlich?
Manuel Ortlechner: In den letzten Jahren hatte ich keine Funktion mehr bei der Austria, habe durch meinen Job als Experte bei Sky Sport Austria zwecks Objektivität eine gewisse Distanz aufgebaut. Die Nachrichten über den Verein sind nicht positiv, mir als Privatperson tun sie sehr weh. Interessant, wie viele Menschen sich bei mir melden und ihr Herz ausschütten über die Austria.
Glauben Sie daran, dass die Austria der Bundesliga erhalten bleibt?
Glaube und Hoffnung liegen bei mir eng beisammen. Es wird sich ausgehen.
Wäre für Sie eine Austria in der Wiener Stadtliga überhaupt vorstellbar?
Nein. Nur im Nachwuchs, aber bitte nicht bei der Kampfmannschaft.
Selbst wenn der Verein die Lizenz erhält, die Probleme gehen nicht über Nacht weg. Spielt die Austria von Anpfiff an gegen den Abstieg?
Das könnte natürlich passieren. Ich habe zuletzt schon öfters erwähnt, dass die Austria in den vergangenen Jahren im Mittelmaß verschwunden ist. Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander. Einige Vereine haben die Austria auf der Autobahn außen überholt. Man muss dringend aus den Fehlern lernen. Nur weil ein Brand gelöscht wird, kann man nicht so weiter wirtschaften – dann ist der nächste Crash vorprogrammiert. Ich sehe auch niemanden, der seine Schuld zugibt.
Eine Realitätsverweigerung in Violett?
Ja, wir haben keine Fehlerkultur. Ich habe in meiner Karriere so viele Fehlpässe gemacht, dazu muss man stehen. Diese Kultur sehe ich generell in Österreich nicht, auch nicht in der Politik.
Für die Fans ist Finanz-Vorstand Markus Kraetschmer der Hauptschuldige. Wie sehen Sie seine Person?
Das ist schwierig zu beurteilen, aber er kann sich aus der Verantwortung nicht rausstehlen.
Tut er das?
Vielleicht. Als Finanz-Vorstand verantwortet er das, weil bei ihm die Handlungskompetenz zusammenläuft. Wenn man sich in so einer Position für Positives feiern lässt, muss man auch für Negatives geradestehen.
Es gibt Gremien wie den Aufsichtsrat oder den Verwaltungsrat. Sind die zuwenig Korrektiv?
Es sieht so aus, als würden sie sich zuwenig einbringen, tragen eine Mitschuld. Natürlich neigt der Mensch dazu, einen Alleinschuldigen zu finden.
War die Austria nach dem Titel und der Champions League 2013 zu abgehoben, zu wenig selbstreflektiert?
Das mag sein. Die Latte wurde sehr hoch gelegt. Das ist grundsätzlich nicht schlecht. Aber es wurde dadurch falsch kalkuliert. Man muss auch den ganzen Apparat hinterfragen und optimieren. Es gibt gute Mitarbeiter, die meisten sind frustriert.
Wie sehen Sie das Konstrukt mit Insignia?
Weil die Zeit drängte, war Insignia irgendwie der letzte Ausweg. Grob gesagt wirkt es für mich wie ein externer Vertriebsauftrag. Ich beauftrage eine angedockte GmbH mit dem Lukrieren von Sponsoren in einer gewissen Höhe. Für Ausfälle steht dieser Partner dann gerade. Wenn ich für den KURIER pro Jahr 1.000 Abos verkaufen soll, aber nur 900 schaffe, dann muss ich den Fehlbetrag leisten.
Die Austria sucht einen Trainer und Spieler – muss man das Schlimmste befürchten?
Ich glaube schon, dass man mit Kreativität Spieler im Sommer finden wird. Nur muss man eine gewisse Sicherheit vermitteln.
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