Ein Derby, zwei Hoffnungsträger: Barisic und Stöger im Porträt
So nah und doch so fern: Zoran Barisic und Peter Stöger mögen einander, gelten als echte Wiener und waren bisher die letzten Trainer, die den Ansprüchen bei Rapid und Austria genügen konnten. Im April 2013 gab es übrigens das einzige Trainer-Duell – Barisic holte bei seinem Debüt für Rapid gegen den späteren Meister Stöger in Favoriten einen Punkt (2:2).
1996 standen sie gemeinsam in einem Europacup-Finale, sie genießen in der Öffentlichkeit den unbestrittenen Ruf von Fachmännern und sind die großen Hoffnungsträger ihrer Vereine. Genau hier verläuft die Grenze zwischen den beiden Sportvorständen. Das Duell Rapid gegen Austria (er)fordert Konkurrenzdenken.
Auch beim 330. Derby (17 Uhr) geht es um die sportliche Vorherrschaft in Wien. Die vermeintlichen Großklubs haben so viele Baustellen aufgerissen, dass die beiden Vereinslegenden als Troubleshooter zurückgeholt wurden. Zoran Barisic hat zwei Monate Vorsprung, der 49-Jährige startete bei Rapid bereits vor Saisonende Anfang Juni. Ob die Aufräumarbeiten deshalb bisher erfolgreicher waren als jene von Stöger bei der Austria? Die Antwort liefern die Porträts der Sportvorstände.
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Rapid Wien und Zoran Barisic
Im April 2016 ist vor dem bislang letzten Heimsieg von Rapid in einem Derby (Tomi traf zum 1:0) ein KURIER-Porträt von Zoran Barisic mit dem Titel "Der gute Mensch von Hütteldorf" erschienen. Andreas Müller forderte damals "mehr Härte" von Barisic ein. "Sieben Wochen später war ich weg", erinnert sich Barisic heute an den verlorenen Machtkampf mit dem damaligen Sportdirektor und schmunzelt.
Barisic betont, dass er damals wie heute natürlich den "harten Hund" geben könnte: "Ich muss auch Entscheidungen treffen, die mich selbst treffen."
Dass Barisic im Wahlkampf um die Krammer-Nachfolge eine tragende Rolle einnehmen würde, hätte sich der 49-Jährige vor einem halben Jahr nicht gedacht. "Für mich war der Wahlkampf schwierig, weil ich nicht wusste, in welche Richtung es gehen wird." Martin Bruckner spielte sein Vertrauen in die Ideen von Barisic als Trumpf aus.
Pläne mit Bruckner
Der neue Präsident war eine treibende Kraft hinter der Rückkehr des Ex-Trainers. Intern bildeten die "Zahlenmenschen" Bruckner und Raphael Landthaler (künftig Liga-Vorstand) oft eine Allianz gegen die meist teuren Pläne von Vorgänger Bickel. "Ich habe vor meiner Rückkehr auch sehr ausführlich mit Bruckner meine Pläne besprochen", erzählt Barisic.
Verändert hat sich bei Rapid seither einiges. Barisic will möglichst keine Boni mehr für Vertragsverlängerungen auszahlen. Der Nachwuchs wird forciert, Barisic schaut nicht von der Trainerbank, sondern auf der Pressetribüne neben Video-Analyst Stefan Oesen zu. Verändert hat sich auch der Arbeitsplatz: Während Bickel sein fixes Büro im Prater hatte und oft den Verkehr auf dem Weg nach Hütteldorf verfluchte, teilt Barisic gesamte Arbeitstage in Absprache mit Geschäftsführer Christoph Peschek auf Hütteldorf und den Prater auf.
Die größte Schwierigkeit ist laut dem Troubleshooter das Abdecken der vielen Bereiche: "Es kommen Wünsche und Sorgen von vielen Menschen zusammen." Dass kein gelernter Manager am Werk ist, merkt man daran, dass Termine auch durcheinandergeraten können.
Trainingsgast
Der größte sichtbare Unterschied zu den Vorgängern ist die Präsenz am Trainingsplatz. "Zoki ist oft beim Training", erzählt Stefan Schwab. Der Kapitän kommt mit dem Sportvorstand Barisic ebenso gut aus wie mit dem Trainer (2014 – 2016): "Zoki kennt den Verein in-und auswendig, er weiß genau, was zu tun ist." Wie so oft bei Rapid geht’s auch um die Stimmung: "Zoki strahlt Ruhe, Sicherheit und Zuversicht aus. Das tut uns gut."
Welche Aufgabe ist beim Hoffnungsträger im ersten halben Jahr noch zu kurz gekommen? "Am Anfang ist es vor allem um den Umbruch bei den Profis gegangen. Zuletzt hatte ich auch genug Zeit für Rapid II. Künftig will ich noch einen tieferen Einblick in die Arbeit unserer Akademie bekommen."
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Austria Wien und Peter Stöger
Peter Stöger hat gewusst, worauf er sich einlässt mit dem abermaligen Engagement bei seiner Austria. Diesmal als Sportvorstand. Vielleicht hat er aber in finanzieller Hinsicht die Dimension etwas unterschätzt. Denn der für die sportlichen Belange Verantwortliche der Wiener Austria setzt seit Wochen seinen Namen, sein Gesicht, sein Lächeln, seine Expertise, seine Rhetorik ein, um neue Geldquellen zu erschließen und um Menschen, denen die Austria am Herzen liegt, zu sensibilisieren und zu motivieren. "Ein Ziel ist es, den Verein zu stabilisieren", sagt die violette Legende und meint damit in erster Linie die Finanzen, in Folge erst das Sportliche.
Weil Letzteres in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zu Ersterem steht, kann sich der Sportvorstand in dem eng geschnürten Korsett kaum rühren. Neuverpflichtungen sind im Winter nur dann möglich, wenn aus derzeit unerfindlichen Gründen plötzlich doch Geld zur Verfügung stehen sollte.
Der Ruhepol
"Es ist ernst und relativ eng. Wenn wir eine Möglichkeit haben wollen, richtig zu investieren, müssen wir schauen, dass wir entweder neue Geldquellen aufmachen, oder es müsste sich im Kader etwas verändern, damit wir wieder Kohle reinbekommen." Stöger agiert wie gewohnt ruhig und überlegt, bleibt in seinen Aussagen und Analysen sachlich und versucht, nie persönlich zu werden. So schwieg er auch zur herben Kritik seines ehemaligen Teamkollegen Toni Polster, ebenfalls eine violette Legende.
Stöger ist kein Sportvorstand, der nach jeder schwachen Leistung in die Kabine läuft und seine Meinung ausbreitet. In diesem Herbst hätte er dort einen Meldezettel ausfüllen können.
Viel eher bespricht er sich gezielt im Team und redet dabei Klartext. "Wichtig ist, dass wir die Austria jetzt einmal in ruhigeres Gewässer führen." Und dann gezielt den Kader umstrukturieren, wofür Geduld gefragt ist. Denn die meisten Verträge laufen noch bis 2021 oder 2022.
An einem Strang
Schon im September hatte Peter Stöger im KURIER-Interview gemeint: "Wir haben unsere Ideen, die wir umsetzen wollen. Dafür brauchen wir für die Mannschaft nicht zwangsweise mehr Geld. Mein Zugang ist, mit dem Vorhandenen etwas zu verbessern. Doch das dauert ein bis zwei Transferperioden."
Wichtiger ist ihm, sich mit Mitarbeitern zu umgeben, die am selben Strang ziehen. "Jene, die nicht mitziehen, wird man aussortieren. Ich habe Verständnis, wenn jemand den Weg nicht mitgehen will." Der Weg wird weiter steinig und unangenehm sein und dauern. Geduld wird die höchste Tugend der Austrianer sein.
Christian Ilzer wäre mit der bisherigen Bilanz unter normalen Austria-Verhältnissen wohl längst Ex-Trainer, nicht so in dieser speziellen Lage und mit Stöger als Sportvorstand, der auch Wünsche vom Tisch wischt, er möge sich doch selbst auf die Bank setzen. "Es gibt keine Trainerdiskussion", sagte er öfter in diesem Herbst. Daran würde auch eine Derby-Niederlage nichts ändern.
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