Grödig versetzt der Austria einen Dämpfer

Überraschung: Grödig bejubelte drei Tore und drei Punkte.
Vor der Kür gegen Porto hätte der Meister gegen den Aufsteiger die Pflicht erfüllen sollen. Und blamiert sich dabei.

Es ist wahrlich nicht leicht für die Austrianer, nicht an das bevor stehende Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen den FC Porto zu denken. Die Fans haben kein anderes Thema, die Spieler selbst mussten in den vergangenen Tagen Fotoshootings und TV-Drehs über sich ergehen lassen, stets Rede und Antwort stehen zur europäischen Eliteliga. Der Glanz der Königsklasse strahlte auch Samstag schon durch die Generali Arena, auch wenn der Alltag Bundesliga und Grödig hießen.

Mehr als 30.000 Dreier-Abos sind für die Europacup-Heimspiele verkauft, eine Zahl, die Austria-Manager Markus Kraetschmer mit Stolz erfüllt. Im Fanshop unter der Osttribüne werden schon Champions-League-Devotionalien feil geboten, das eigens von Nike angefertigte goldene Trikot ist bald erhältlich. Und da soll man sich mit Grödig beschäftigen und nicht an Porto denken?

Es gibt einen Schalter im Hirn, der sich ab und zu umlegen lässt. Den Austrianern gelang am Samstag unterm Strich das Kunststück im Kopf nicht wirklich, auch wenn sie in der ersten Hälfte klar überlegen waren. Der Aufsteiger agierte robust in den Zweikämpfen und sehr bemüht, gute Chancen fanden aber ausschließlich die Austrianer vor. Koch und Royer vergaben mit etwas Pech, Stankovic versuchte sich mit einem Heber aus 50 Metern Entfernung – zum Tor des Jahres fehlten nur Zentimeter. Goalgetter Hosiner verjuxte gleich vier „Sitzer“, holte dafür einen fragwürdigen Elfmeter heraus, indem er sich von Grödig-Goalie Fend leicht berühren ließ und in die Knie ging. Stankovic erledigte die Formalität zum 1:0 (28.). Vor allem die rechte Flanke funktionierte bei den Wienern gut, Koch und Royer sorgten für viel Betrieb.

Schock-Starre

Alles änderte sich nach dem Wechsel, die vielen vergebenen Chancen rächten sich für die Austrianer, als Leitgeb mit der ersten Aktion zum Ausgleich traf. Die Wiener standen unter Schock, hatten sogar noch Glück, dass Zulechner knapp danach Grödig nicht in Führung brachte. Eben jener Zulechner leitete dann doch das 2:1 ein, denn seinen Schuss ließ Austria-Tormann Lindner nur abklatschen, Huspek war zur Stelle und schob aus kurzer Distanz ein.

Die Austria befand außer Rand und Band, war völlig von der Rolle. Dank Fortuna glückte der Ausgleich, als Strobl im Strafraum Royer anschoss, von dessen Fuß segelte der Ball ins Tor – 2:2. Die allgemeine Verunsicherung in Violett fand trotzdem eine Fortsetzung, vor allem, als Leitgeb sein zweites Highlight an diesem Abend setzte und zum 3:2 ein netzte. Die Grödiger siegten in Wien nicht unverdient und sind zumindest bis Sonntag (Ried gegen Salzburg) Tabellenführer.

Die Austrianer können sich nur mit dem Sprichwort trösten, wo auf eine missglückte Generalprobe eine gelungene Premiere folgt. Grödig war am Samstag, Regeneration ist am Sonntag, Montag startet die Vorbereitung auf Porto.

Generali Arena, 7.855 Zuschauer, SR Drachta

Tore:
1:0 (28.) Stankovic (Elfmeter)
1:1 (47.) M. Leitgeb
1:2 (66.) Huspek
2:2 (76.) Royer
2:3 (81.) M. Leitgeb

Austria: Lindner - F. Koch, Rogulj, Ortlechner, Suttner - Holland (70. A. Grünwald) - Royer, Stankovic, Mader, Jun (70. Kienast) - Hosiner (64. Okotie)

Grödig: Fend - Zündel, Taboga, Hayden (73. Nutz), Strobl - M. Leitgeb, Tschernegg - Huspek (84. Handle), Elsneg (64. Tomi), Salamon - Zulechner

Gelbe Karten: Suttner, Kienast, Okotie bzw. Fend, Strobl, Tschernegg

Tabelle

Nenad Bjelica (Austria-Trainer): "Wir haben in der ersten Hälfte alles umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben, aber wir haben uns zu wenig dafür belohnt. Es war ein perfektes Spiel von uns, wir haben aber die Tore nicht gemacht. Der Gegner hat danach mit dem ersten Torschuss den Ausgleich erzielt, das war natürlich bitter. Im Fußball gibt es kein verdient oder unverdient. Grödig hat gewonnen, das zählt. Manchmal habe ich keine Erklärung für ein Spiel wie dieses. Normalerweise müssten wir in der ersten Hälfte 3:0 führen."

Daniel Royer (Austria-Torschütze): "Natürlich wollten wir gewinnen. Wir hatten auch in der ersten Hälfte zahlreiche Chancen, aber Grödig hat nicht zu Unrecht so viele Punkte eingefahren."

Adi Hütter (Grödig-Trainer): "Verkehrte Fußball-Welt in Wien-Favoriten! Wir waren froh, dass wir zur Pause nur 0:1 hinten waren. Die Austria hat fantastisch gespielt, uns die Grenzen aufgezeigt. Es war ein Glück, dass sie vor dem Tor nicht den besten Tag hatte. In der zweiten Spielhälfte haben wir das besser unter Kontrolle gebracht. Wir hatten auch gegen Wiener Neustadt (3:6/Anm.) ein Spiel, in dem die klar bessere Mannschaft verloren hat. Wir stehen an der Tabellenspitze, das ist eine Sensation und verdient ein Kompliment."

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