Barisic: "Ich werde sicher nicht stagnieren"

Trainer Rapid-Coach Zoran Barisic will den erstmaligen Europa-League-Aufstieg mit einem Sieg gegen Minsk feiern
Vor dem Minsk-Spiel spricht Trainer Zoran Barisic über die Ziele und seine Zukunft bei Rapid.

Über 31.000 Karten sind für das letzte Heimspiel des Jahres (19 Uhr, live auf Puls4, Liveticker auf kurier.at) verkauft. Vor dem sechsten Gruppenspiel der Europa League gegen Dinamo Minsk gab Rapid-Trainer Zoran Barisic, 45, dem KURIER ein ausführliches Interview.

KURIER: Wie wichtig ist heute der mögliche Gruppensieg?

Zoran Barisic: Nach der Auslosung hätte ich den zweiten Platz sofort genommen. Jetzt wollen wir gewinnen und dürfen auf einen Punkt von Pilsen gegen Villarreal hoffen. Die Mannschaft hat sich in Europa fantastisch präsentiert – Platz eins wäre da noch ein großes Extra.

In der Champions League hätten Sie im Anzug gecoacht. Wird das nach dem Aufstieg in der Europa League nachgeholt?

Ich werde darauf oft angesprochen. Ich weiß nicht, warum man mich unbedingt im Anzug sehen will ...

... vielleicht, weil ein Europacup-Spiel im Frühjahr etwas Besonderes ist und doch anders als ein Ligaspiel in Grödig?

Für mich ist jedes Spiel als Rapid-Trainer etwas Besonderes. Aber okay, ich werde mir das noch überlegen.

2014 haben Sie die Verpflichtungen von Beric, Kainz, Stangl, Schobesberger und Schwab fast alleine durchgesetzt. Heuer hat sich der Sportdirektor eingebracht und es gab umfangreichere Scoutingberichte. Das Ergebnis ist durchwachsen. Haben Sie ohnehin das beste Auge?

Wir brauchen das ausgeklügelte Scouting, weil über längere Zeit Infos gesammelt werden, die uns mehr Sicherheit bei Einkäufen geben. Zu den Neuen: auch 2014 haben fast alle Zeit gebraucht, um sich an die Anforderungen bei Rapid anzupassen.

Wünschen Sie sich für die Kaderplanung, dass Steffen Hofmann bald entscheidet, ob er noch ein Jahr anhängt? Oder hat er so einen Sonderstatus, dass Sie bis Mai warten würden?

Steff hat einen Sonderstatus, das ist Fakt. Es gibt keinen Druck, weder für ihn, noch für den Verein. In seinem Alter kann alles passieren. Da ist es legitim, zuzuwarten.

Ihnen wurde das UEFA-Trainerdiplom verliehen. Was hat Sie in der Ausbildung überrascht?

Es gab nicht den einen Aha-Effekt, aber ich konnte viel mitnehmen – etwa im Bereich Pädagogik und Psychologie. Spannend war auch, wie andere Trainer ticken, wie ihre soziale Kommunikation abläuft, wie sie ihre Philosophie umsetzen wollen.

Wenn Sie Ihren Vertrag bis 2018 erfüllen, würden Sie bei Rapid einen Ligarekord aufstellen. Überraschen Sie sich selbst?

Ja, anfangs habe ich durch die Umstände nicht an so eine lange Amtszeit geglaubt. Aber mir geht es nicht um mich oder Rekorde. Das einzige was zählt, ist der Verein. Dafür habe ich ein Bild im Kopf, wo es hingehen soll und wie der Weg aussieht.

Rapid soll bis 2019 in die Top 50 Europas. Ist die fehlende Konstanz in Ligaspielen derzeit der größte Unterschied zu einer echten Klassemannschaft?

Insgesamt ist die Entwicklung sehr positiv. Aber es stimmt, dass eine Klassemannschaft immer ein gewisses Niveau erreicht. Wir müssen auch punkten, wenn die Frische fehlt. Da ist für uns noch sehr viel Luft nach oben.

Wie sieht der Plan dorthin aus?

Ganz wichtig ist, Erfahrungen wie den erstmaligen Aufstieg in der Gruppenphase zu schaffen. Das nächste ist der Umgang mit dem gefährlichen Lob: einige könnten glauben, sie wären so gut, dass sie manchmal auch mit weniger als 100 Prozent drüberkommen.

Ein anderer Punkt wäre die Einstellung auf schlechten Rasen.

Ja, da müssen wir schneller reagieren. Aber ich fordere auch, dass die Liga auf eine gewisse Maximallänge beim Rasen und regelmäßiges Bewässern achtet. Viele Gegner versuchen, unser Spiel möglichst langsam zu machen. Ein einheitlicher Ball würde der Liga auch guttun.

Bereits im Jänner wurden die Dreierkette und Systeme mit zwei Stürmern einstudiert. Warum halten Sie doch immer am 4-2-3-1 fest?

Wir spielen in manchen Matchphasen mit zwei Stürmern. Die Dreierkette haben wir sehr gut geübt, aber nach dem Abgang von Behrendt war mir die Gefahr zu groß: wenn du nur noch drei Innenverteidiger im Kader hast, wäre die Belastung zu hoch, wenn sie dann auch alle gleichzeitig spielen müssen.

Ihr Vorbild Guardiola hat ein Jahr Auszeit genommen. Für Sie denkbar?

Nein! Für mich ist’s wie für Ernst Happel: Ein Tag ohne Fußball ist ein verlorener.

Fühlen Sie sich denn nie erschöpft oder ausgebrannt?

Doch – nach Spielen wie bei der Admira. Aber dann gibt es auch Auftritte wie in Villarreal, die extrem viel Energie geben. Es gehört zu meinem Job, das Gute wie das Schlechte zu verarbeiten.

Sie haben Ihre Trainerkarriere 2006 bei Rapid begonnen. Gibt es die Gefahr, dass Sie irgendwann stagnieren, wenn Sie nur bei einem Verein arbeiten?

Das ist möglich, ich glaube es aber nicht. Ich habe als Spieler sehr viel gesehen und möchte mich als Trainer bei Rapid verwirklichen. Ich werde sicher nicht stagnieren.

Sie waren vor 20 Jahren dabei, als Rapid letztmals im Europacup überwintert hat. Wenn Sie an den damaligen Trainer Ernst Dokupil denken – wie sehr hat sich die Aufgabe eines Rapid-Trainers seither verändert?

Extrem, weil sich auch der Fußball so stark verändert! Es ist viel schwerer geworden. das Trainerteam, das Medizinische, das Technisch-Taktische, das mediale Interesse, der Druck, der Zuschauerschnitt – alles ist größer oder komplexer. Nur die Erwartungshaltung bleibt bei Rapid immer gleich hoch.

Rapid Wien – Dinamo Minsk
(Donnerstag, 19 Uhr, live Puls 4 und Sky, SR Aghajew/AZE)
Letzte Infos: Rapid fehlen sieben Verletzte: Schobesberger (Rissquetschwunde), Novota (OP in der Schulter), Schaub sowie Dibon (beide OP im Sprunggelenk); rekonvaleszent sind Huspek (Rückenprobleme), Schrammel und Kuen (beide nach Kreuzbandriss). Stangl ist mit Wadenproblemen fraglich.

Ausgangslage: Rapid holt sich den Gruppensieg, wenn gegen Minsk mehr Punkte gemacht werden, als Villarreal in Pilsen holt.

Weiters: Viktoria PilsenVillarreal (19 Uhr)

Dass Rapid erstmals in die erste K.-o.-Runde der Europa League aufsteigen wird, steht seit Anfang November fest. Im heutigen letzten Gruppenspiel gegen Dinamo Minsk geht es um den Gruppensieg im Fernduell mit dem FC Villarreal. Die Spanier haben die besseren Karten, weil sie in den direkten Duellen mit den Wienern die bessere Bilanz haben. Ein Sieg bei Viktoria Pilsen reicht Villarreal, um Platz eins zu verteidigen.

Dieser entscheidet, ob man bei der Auslosung der Runde der letzten 32 Teams am kommenden Montag in Nyon gesetzt ist oder nicht. Die Gruppensieger haben nicht nur im Rückspiel Heimvorteil, sondern können auch nicht auf einen anderen Gruppenersten der Europa League treffen. Dazu sind nur die vier schwächsten Gruppendritten der Champions League mögliche Gegner.

Wird Rapid Gruppensieger, wären der FC Sevilla, Valencia, Galatasaray und wie im Champions-League-Play-off Donezk mögliche Gegner. Wird Rapid Gruppenzweiter, dann warten aus der Champions League Manchester United, Olympiakos Piräus, Porto und Bayer Leverkusen.

Kommentare