Frauen im Radsport: Eine Frage der Balance

Frauen im Radsport: Eine Frage der Balance
Ein Gender-Projekt und ein Gütesiegel des österreichischen Radsportverbandes sollen Mädchen ermutigen, aufs Rad zu steigen.

Balance. Im Radsport ist sie alles. Denn Balance schützt vor dem Umfallen. Der österreichische Radverband (ÖRV) will verhindern, dass seine Sportart wegen eines traditionell unausgeglichenen Geschlechterverhältnisses ins Wanken gerät. Und er setzt dabei als einer der ersten mit einer Gender-Strategie ein Beispiel für andere Sportverbände.

Dabei geht es lange nicht nur gleiches Preisgeld für Frauen und Männer. Mit einer Gender-Beauftragten und einer -Koordinatorin sowie einem neuen Gender-Label für Landesverbände und Vereine will der ÖRV nach innen und nach außen für das Thema sensibilisieren. Denn die Ungleichstellung ist oft subtil und nicht gleich auf den ersten Blick zu erkennen. Vielen Mädchen in Österreich fehlten lange die weiblichen Vorbilder in vielen Sportarten – auch im Radfahren. Der Olympiasieg von Anna Kiesenhofer und die Erfolge etwa von Mona Mitterwallner, Laura Stigger, Valentina Höll oder Irina Sadovnik deuten aber auf eine positive Veränderung hin.

Andere Lebenswelt

Daniela Schmidsberger war 16, als Kiesenhofer 2021 in Tokio als Erste durchs Ziel fuhr. Als U-17-Mädchen trainierte Schmidsberger mit 14-jährigen Buben mit und bestritt mit ihnen Wettkämpfe. Denn im Straßenrad-Nachwuchs gibt es viel zu wenige Mädchen, um eigene Altersklassen zusammenzubringen. Wegen des Niveauunterschieds mit Gleichaltrigen starten sie mit jüngeren Buben.

Ein Problem mit den Jungs hat die Oberösterreicherin nicht, „aber als 16-jähriges Mädchen lebt man einfach in einer ganz anderen Welt als ein 14-jähriger Bub“. Man komme klar, „aber es wäre schön, wenn man Altersgenossinnen da hätte, mit denen man sich austauschen kann, mit denen man vor und nach den Rennen was zu tun hat“. Mit gleichaltrigen Burschen habe sie sicher mehr gemeinsam, aber da sei das Trainieren wiederum schwierig, weil das körperliche Niveau ein anderes ist.

Für die Nachwuchsathletin die Lösung: Frauen müssen in ihrem Sport mehr – und sichtbarer – werden. Ein Vorhaben, das sich der Radsportverband zur Aufgabe gemacht hat. „Es ist ein Kreislauf: Wenn es mehr Frauen in einem Sport gibt, dann fangen auch mehr Mädchen damit an“, weiß die 18-Jährige aus eigener Erfahrung. Sie blickt nach Italien: „Dort stehen bei einem Juniorenrennen 100 Mädels am Start, bei uns sind es fünf. Wenn die Schwelle einmal überschritten ist, ist das ein Selbstläufer.“

Gütesiegel

Frauen und Mädchen stellen im Radsport die größten Wachstumsmärkte dar – von Hobby bis Spitzensport. 2022 wurde für Frauen etwa die Tour de France Femmes ins Leben gerufen, auf nationaler Ebene die road cycling leage Austria, eine Art Rad-Bundesliga, nun auch für Frauen. Am Dienstag stellte der ÖRV in Wien das Gender-Label vor, eine Art Gütesiegel für Verbände und Vereine, die sich besonders für die Gleichstellung einsetzen.

Das Sportministerium unterstützt das Gender-Projekt im Radsport im Rahmen der Sportförderung. Der zuständige Abteilungsleiter Dieter Brosz hofft auf Nachahmer: „Interessant werden die Folgewirkungen auf andere Verbände.“

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