Ich bin jetzt Vollprofi und kann vom Radsport und meinen Sponsoren leben. Das ist die größte Veränderung und eh schon viel. Ich kann mich also voll aufs Training konzentrieren, und ich habe sehr viel mehr Unterstützung.
Wie blicken Sie jetzt mit einem Jahr Abstand darauf zurück? Welche Emotionen kommen da noch hoch?
Für mich ist es nach wie vor eine irrsinnig große Belohnung für das, was ich die Jahre davor gemacht habe. Ohne viel Anerkennung von außen zu bekommen. Was nicht schlimm ist, denn eigentlich treibt mich ohnehin mehr die intrinsische Motivation an. Aber es ist trotzdem schön, einmal einen großen Sieg einzufahren. Und es nimmt mir viel Druck weg.
Sie haben in einem Interview mit der Kronen Zeitung gesagt, dass Sie nach Olympiagold in Tokio in ein Loch gefallen sind – Wie haben Sie es da geschafft, wieder einen Fokus und Motivation zu finden?
Die Motivation kam eigentlich von selbst wieder. Die Lösung des Problems war, dass ich gar nicht verkrampft danach gesucht habe. Ich habe die Dinge ihren Lauf nehmen lassen und dann kam automatisch wieder die Freude am Sport. Und mit der Freude dann auch die Motivation und der Ehrgeiz.
Inwiefern haben Sie sich an das gestiegene Interesse an Ihrer Person schon gewöhnt? Nach der Goldenen war das ja doch recht viel auf einmal.
Ich habe mich recht gut daran gewöhnt. Ich habe auch gelernt, Nein zu sagen. Und ich weiß, dass ich nicht verpflichtet bin, alle Interviews durchzuführen, für die ich Anfragen bekomme. Da muss ich mich nicht schlecht fühlen, wenn ich Leuten absage, weil ich einfach keine Zeit oder Energie habe.
Wie würden Sie sagen, sind Sie an dem Olympiasieg und dem, was danach kam, auch persönlich gewachsen?
Eigentlich schon sehr. Ich bin immer meinen Weg gegangen, aber ich war oft unsicher dabei. Der Olympiasieg hat mir sehr viel Selbstbestätigung gegeben. Dass mein Weg doch gepasst hat.
Spüren Sie dann jetzt bei den Rennen auch mehr Druck, weil auch die Erwartungshaltung gestiegen ist?
Ich finde das manchmal fast etwas komisch. Nur weil ich ein Rennen gewonnen habe, bin ich kein anderer Mensch. Ich habe nicht plötzlich 100 Watt mehr. So richtig unter Druck setzen lasse ich mich jedenfalls nicht.
Gehen Sie dann auch mit Niederlagen anders um?
Ich kann mit Niederlagen generell gut umgehen, weil sie ein ganz normaler Teil des Sports sind. Man kann nicht immer gewinnen, es gibt nur eine Siegerin. Ich messe andere Sportlerinnen auch nicht an ihren schlechtesten Rennen, sondern an ihren besten.
Nach der EM in München wartet dann ab 7. September die Vuelta, an der Sie als Gastfahrerin teilnehmen. Was war ausschlaggebend für die Entscheidung?
Ich wollte einfach einmal die Möglichkeit haben, mich mit den Besten zu messen. Und zwar nicht nur bei Einzelzeitfahren, sondern auch am Berg. Weil die Vuelta ja doch auch bei zwei Etappen harte Anstiege hat. Da möchte ich schauen, was geht.
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