Nico Rosberg: Der ewige Zweite ist am Ziel

Im dritten WM-Duell mit Lewis Hamilton hat es endlich gereicht.

Es sah alles so einfach aus. Sieben Siege in Folge holte Nico Rosberg saisonübergreifend, vier davon in den ersten vier Rennen des Jahres 2016. Komfortable 43 Punkte Vorsprung hatte er auf seinen Erzrivalen Lewis Hamilton angesammelt - fast schon zwei Rennsiege. Eigentlich schien die WM da schon beinahe entschieden. Eigentlich.

Denn dann folgte die unglaubliche Aufholjagd des Lewis Hamilton. Der Brite siegte in Monaco und Kanada, wo Rosberg nur Siebter und Fünfter wurde. Er siegte in Österreich, Großbritannien, Ungarn und Deutschland - und als die Sommerpause kam, lag Rosberg in der WM 19 Punkte hinter dem amtierenden Weltmeister. Das Blatt hatte sich gewendet - die Vorjahre schienen sich zu wiederholen.

Aber Rosberg gab sich nicht auf - in Belgien und Singapur erkämpfte er sich den Sieg, schlug in der WM zurück und übernahm wieder die Führung. Dann folgte der Grand Prix von Malaysia, und nachdem ihn Sebastian Vettel in Kurve eins umgedreht hatte, schien die WM wieder in Richtung Hamilton zu kippen - bis dem Briten der Motor platzte. Rosberg baute den Vorsprung sogar aus, siegte danach in Japan - und von da an reichte es, stets hinter Hamilton ins Ziel zu kommen, um Weltmeister zu werden.

Der gewissenhafte Arbeiter

Nico Rosberg, geboren am 27. Juni 1985 im deutschen Wiesbaden, trägt den Motorsport im Namen. Sein Vater ist Formel-1-Weltmeister Keke Rosberg, dem das Kunststück gelang, 1982 mit nur einem Saisonsieg Weltmeister zu werden. Das hat Sohnemann Nico knapp 35 Jahre später deutlich übertroffen.

Der Motorsport lag ihm in der Wiege - für eines der ganz großen Talente hielten Rosberg aber wenige. Und das, obwohl er vom Beginn seiner Karriere an mit einem der Allergrößten auf Augenhöhe war: Schon in Kartzeiten duellierte er sich mit Lewis Hamilton.

2001 bestritt Rosberg seine erste Saison im Autorennsport, im Folgejahr wurde er deutscher Meister in der Formel BMW. Schon damals hatte Rosberg den Ruf eines Arbeiters - ihm fehlte die natürliche Schnelligkeit seiner Rivalen, aber er machte es durch seine gewissenhafte Hingabe wett. Es folgten zwei Jahre in der Formel 3, unter anderem auch mit einem Auftritt beim Macau Grand Prix, dem wohl bedeutendsten Formel-Rennen für Nachwuchsfahrer. Dort lag Rosberg auch in Führung, dicht gefolgt von einem gewissen Lewis Hamilton - allerdings nicht lange...

2005 gelang Rosberg dann der große Durchbruch: In der GP2, der direkten Vorstufe zur Formel 1, wurde der Deutsche auf Anhieb Meister, sicherte sich so einen Platz in der Formel 1 beim Williams-Team. Zwei Mal fuhr er in seiner Debüt-Saison als Siebenter in die Punkte, im Jahr darauf reichte es mit immerhin 20 Zählern zum neunten WM-Rang.

Erstes Podium - hinter einem guten Freund

Im Jahr 2008 war der Williams ein wirklich konkurrenzfähiger Bolide. Beim Saisonauftakt in Melbourne zeigte Nico Rosberg sein bis dahin bestes Rennen und belohnte sich - endlich - mit dem verdienten ersten Podiumsplatz. Der Sieger damals? Sein früherer Teamkollege und enger Freund: Lewis Hamilton. Die Freude auf dem Podium unterstrich die gute Freundschaft.

Solche Szenen wären heute undenkbar - aber 2008 war Lewis Hamilton als Beinahe-Weltmeister des Vorjahres eine der heißesten Aktien in der Titelfrage, während Rosberg vor allem darum kämpfte, endlich den Sprung zu einem Top-Team zu schaffen.

Das gelang ihm aber erst zwei Jahre später - und auch da brauchte es etwas Vorlaufzeit. 2010 wurde Rosberg von Ross Brawn für das neu formierte Mercedes-Team verpflichtet. Es war eine Traumpaarung - das Weltmeisterteam von Brawn mit dem deutschen Hersteller, dem deutschen Rekordweltmeister Lewis Hamilton und der deutschen Zukunftshoffnung Nico Rosberg - aber die ersten Jahre mit Mercedes gestalteten sich schwierig.

Drei Podiumsplätze 2010 waren die etwas magere Ausbeute für das mit WM-Ambitionen gestartete Werksteam. Die Trendwende schien 2012 zu folgen. In China feierte Rosberg seinen ersten Grand-Prix-Sieg, Mercedes hatte sich als ernsthafter Konkurrent etabliert, auch wenn gegen die übermächtigen Red Bull noch kein Kraut gewachsen war.

In der Turbo-Ära endlich am Ziel

Als 2014 mit umfassenden Regeländerungen ein neues Zeitalter in der Formel 1 begann, war Rosberg endlich da, wo er hingehörte - an der Spitze. Wäre da nicht Lewis Hamilton gewesen. 2014 und 2015 holte Rosberg insgesamt elf Siege - aber Hamilton war ihm deutlich voraus, immer einen Tick schneller als sein Teamkollege. Zwei Mal musste sich Rosberg in der Weltmeisterschaft hinter dem Briten anstellen.

2016 hat er den Spieß umgedreht. Der starke Auftakt in die Saison hat sicher eine Rolle gespielt, ebenso die Probleme seines Rivalen. Aber der große Unterschied war Rosberg selbst. Erstmals zeigte er die Aggressivität, die Kaltschnäuzigkeit, die Hamilton zum dreifachen Weltmeister machte. Erstmals lohnte sich die harte Arbeit im Duell mit dem Naturtalent, dem Wunderkind Hamilton.

Nico Rosberg ist endlich an seinem Ziel angekommen. Er hat seinen Vater eingeholt, ist wie Keke Weltmeister geworden. Er hat seinen Jugendfreund, der längst zum erbitterten Rivalen geworden ist, endlich hinter sich gelassen. Er hat den Ruf des ewigen Zweiten endlich abgelegt.

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