Der rosarote Knalleffekt in der Formel 1

Der Bolide von Force India ist nicht nur markant, sondern auch schnell und zuverlässig.
Wie eine österreichische Firma Farbe in die Königsklasse brachte.

Die rasante Stadtrundfahrt durch Baku endete für Force-India-Pilot Sergio Pérez am Freitag im Training für den Großen Preis von Aserbaidschan (Sonntag: 15 Uhr MESZ/live ORFeins, RTL, Sky) abrupt – in der Streckenbegrenzung. "Er hat versucht, das Limit zu finden – und er hat es gefunden", sagt Teamleiter Robert Fernley nicht frei von Ironie. Doch auch er wusste, dass die Reparatur bis zum Qualifying viel Zeit und noch viel mehr Geld kosten wird.

Der rosarote Knalleffekt in der Formel 1
Formula One - F1 - Azerbaijan Grand Prix - Baku, Azerbaijan - June 23, 2017. Techniques remove a damaged car of Force India's driver Sergio Perez after a crash during the first practice session. Picture taken with a fisheye lens. REUTERS/Aziz Karimov NO RESALES. NO ARCHIVES
Nicht alle rund um den Rennstall werden gänzlich unglücklich darüber gewesen sein. Minutenlang war der rosa Bolide des Mexikaners nach dem Unfall zu sehen. Das Bild ging um die Welt, und mit ihm ein Buchstabenkürzel: B – W – T. Seit März ist das österreichische Unternehmen BWT (Best Water Technology) Hauptsponsor von Force India. "Die Umlackierung des Formel-1-Autos war für uns Grundbedingung für den Einstieg", sagt der Deutsche Lutz Hübner zum KURIER. Der Geschäftsführer sitzt in seinem weitläufigen Büro in der Konzernzentrale im idyllischen Mondsee.

Bis auf ein paar Poster und Helme erinnert hier nichts an die große, weite Motorsportwelt mit ihrem Glamourfaktor. "Nur ein Aufkleber auf einem Auto hätte uns nicht gereicht. Du musst heutzutage auffallen", sagt er. Das tut die lange Zeit etwas farblose Renngemeinschaft mit ihren rosa Boliden nun. 14,5 Millionen Interaktionen gab es in den sozialen Medien allein in der ersten Woche nach der Autopräsentation, heißt es von Team-Seite.

Nach Gesprächen mit einigen Teams, darunter Red Bull und Mercedes, war nur Force India bereit, sein Auto in BWT-Farben kreisen zu lassen. Es war ein PR-Coup, wie ihn die Formel 1 lange nicht mehr erlebt hat, und der richtungsweisend werden könnte für einige Privatteams.

Für beide Seiten ist es gutes Geschäft. Force India erhält frisches Geld für den kostspieligen Konkurrenzkampf, dem Vernehmen nach stemmt BWT rund ein Fünftel des 100 Millionen Euro schweren Budgets. Im Gegenzug darf der neue Sponsor das derzeit effizienteste Team der Königsklasse als Werbeträger nutzen. Niemand kommt mit so begrenzten Mitteln so flott über die Runden. Im Vorjahr belegte Force India WM-Rang vier – hinter Mercedes, Red Bull und Ferrari und noch vor so klingenden Marken wie Williams und McLaren.

Mittendrin statt dabei

Der rosarote Knalleffekt in der Formel 1
Force India's Mexican driver Sergio Perez poses for a photographer during the first practice session of the Formula One Azerbaijan Grand Prix at the Baku City Circuit on June 23, 2017. / AFP PHOTO / ANDREJ ISAKOVIC
In der laufenden Saison ist Force India als einziges Team noch nie ausgeschieden, bis auf Monaco holten sowohl Pérez als auch sein französischer Teamkollege Esteban Ocon in jedem Rennen WM-Punkte.

Die Geldgeber aus Mondsee erleben die Formel 1 hautnah. Bei jedem Rennen ermöglichen sie ihren Kunden einen Blick hinter die Kulissen. In Schanghai begrüßte man 500 Gäste, beim Heimrennen in Spielberg in zwei Wochen werden es rund 100 ausgewählte sein.

"Derzeit kenne ich nur wenige Firmen, die Sponsoring so konsequent betreiben wie wir", ist Lutz Hübner überzeugt. In der DTM sind ebenfalls zwei rosa Boliden am Start, bei den Hahnenkammrennen darf sich BWT einer von sechs Hauptsponsoren nennen, in der zweiten deutschen Liga ist man bei Sandhausen am Ball.

Dem Unternehmen mit 3500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 600 Millionen Euro geht es um Markenvolumen. Die Produkte – vom Wasserfilter am Esstisch bis zur Trägerflüssigkeit in medizinischen Injektionen – sind mitunter sogar lebensrettend, allerdings nicht leicht zu vermarkten. Da hilft eine Plattform wie die Formel 1. Ein persönliches Interesse an der Raserei gebe es nicht: "Für eine Spielerei ist das Investment zu hoch. "

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