Diskus-Ass Weißhaidinger und sein Traum, einmal der Weltbeste zu sein

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Nach drei Bronzemedaillen will sich der Oberösterreicher erstmals vergolden. Der 30-Jährige hat dafür jede Minute seines Lebens dem Sport untergeordnet. Bei der WM bietet sich die erste Chance.

In 0,2 Sekunden kann der Lebenstraum von Lukas Weißhaidinger erfüllt sein. In diesem Hauch von einem Moment entscheidet sich, ob ein Versuch des oberösterreichischen Diskuswerfers mittelmäßig, gut oder exzellent ist.

Exzellenz wird der 30-Jährige dieser Tage benötigen, will er bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Eugene (USA) seine Medaillenserie fortsetzen. Dreimal in Folge (EM 2018, WM 2019, Olympia 2021) gewann Weißhaidinger eine Bronzemedaille – und schrieb damit mehrfach österreichische Sport-Geschichte, als jeweils erster männlicher Medaillengewinner auf der WM- beziehungsweise Olympia-Bühne.

Doch Ehrungen in der Innviertler Heimat oder bei Galaabenden genügten Weißhaidinger bald nicht. Er war längst einer der besten Diskuswerfer der Welt geworden, nun will er – zumindest einmal – der allerbeste sein.

Mit seinem Cheftrainer und Mentor Gregor Högler hat Weißhaidinger noch einmal Ziele und Grenzen verschoben, bis zum Sommer 2024 ergeben sich noch fünf Möglichkeiten, es der Welt zu zeigen: zwei Europameisterschaften (die Diskus-Elite besteht gegenwärtig nur aus Europäern), zwei Weltmeisterschaften und eben Olympia 2024 in Paris.

Den Auftakt zum Reigen an Großereignissen bildet nun die WM im Bundesstaat Oregon, wo für Lukas Weißhaidinger in der Nacht auf Montag die Qualifikation ansteht. Zwei Tage später folgt die Medaillenentscheidung der besten zwölf Athleten.

Diskus-Ass Weißhaidinger und sein Traum, einmal der Weltbeste zu sein

Wurf für Wurf, Meter für Meter hat sich der 30-Jährige seit seinem Olympia-Coup bereits gesteigert. „Ich bin stärker denn je“, sagt er, fügt aber hinzu: „Mit so einer starken Konkurrenz war ehrlich gesagt nicht zu rechnen.“ Mit seiner neuen österreichischen Rekordweite von 69,11 Metern liegt der Oberösterreicher in der Jahresbestenliste nur auf Rang fünf.

„Olympia-Bronze hat mich gelassener werden lassen“, ist der Vorzeigeathlet überzeugt. Er und sein Team haben selbst erfahren, dass bei einem Großereignis, wenn der Druck am größten ist, auch andere Kräfte als jene aus den Beinen und Armen wirken. Nur so viel: Weißhaidinger will die vor Kraft und Selbstvertrauen strotzenden Konkurrenten in Eugene überraschen.

Das Ungewöhnliche ist Teil der Karriere von Lukas Weißhaidinger. Als einer der kleineren Diskuswerfer in der Weltspitze musste er seine Technik radikal umstellen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

In Gregor Högler, einst selbst olympischer Speerwerfer, fand er den perfekten Lehrmeister und Tüftler. Der gelernte Maschinenbauer ist besessenen von automatisierten Abläufen, von Perfektion, von exakten Trainingsplänen – und von Physik. Die geringere Armspannweite gleicht Weißhaidinger mittlerweile durch kräftigere und noch flinkere Beine aus.

Ein Trainingstag im Frühjahr in der Südstadt. Weißhaidinger und Högler stehen im Wurfkreis, in ihrem Wurfkreis. Ein Biomechaniker hat acht Hochleistungskameras aufgebaut, die jede Bewegung des Wurfes aufnehmen und in ein Büro nebenan übertragen. Kostenpunkt des Systems: 128.000 Euro.

Keine 300 Meter entfernt ist der Eingang zu einer schmalen, langen Halle, in der Weißhaidinger in den Wintermonaten seinen Diskus in ein schweres Netz werfen kann. Als Weißhaidinger und Högler vor bald zehn Jahren erstmals aufeinandertrafen, gab es das hier alles noch nicht. Früher im Winter flogen Weißhaidingers Disken aus einer Scheune am Hof seiner Familie auf einen Innviertler Acker hinaus.

Diskus-Ass Weißhaidinger und sein Traum, einmal der Weltbeste zu sein

Weißhaidinger mit Trainer Högler (li.) und dem Biomechaniker

Sein persönliches Team, bestehend aus Cheftrainer Högler, einem Sportwissenschafter, einer Physiotherapeutin und einem Presseverantwortlichen, habe „Weltklasse-Niveau“, wenngleich es auch Konkurrenten gibt, die sogar einen eigenen Koch beschäftigen. „Mehr geht natürlich immer“, sagt Weißhaidinger mit einem Lächeln.

Der Athlet und sein Coach sind Macher und Realisten, die das Träumen dennoch nicht verlernt haben. „Einmal den Besten der Welt ausgebildet und begleitet zu haben, wäre etwas ganz Großes. Dass der Luki das drauf hat, hab’ ich früh gespürt. Noch vor ihm selbst. Zuvor musste ich ihn davon überzeugen“, sagt Gregor Högler.

Es sind Sätze, die gut ankommen. Der 50-Jährige und sein Schützling sind in all den Jahren auch zu Medienprofis geworden. Was Olympia-Bronze verändert hat, wurde Lukas Weißhaidinger vom KURIER gefragt: „Alles! Aber ich kann schon noch ungestört Essen oder ins Kino gehen. Es ist sicher nicht so wie bei Marcel Hirscher. Diese Art des Ruhms wäre mir kein Erfolg der Welt wert.“

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