Robin Seidl war schon lange nicht mehr so unsicher vor einem Turnier wie vor der EM auf dem Wiener Heumarkt, wo er heute mit seinem Partner Philipp Waller das Gruppenspiel gegen die Schweizer Heidrich/Gerson hat. „Wir hatten keine internationalen Sparring-Partner“, klagt der 31-Jährige.
Die meisten Top-Teams waren in Tokio, wo am Samstag die Norweger Christian Sørum und Anders Mol die erwartete Goldmedaille gewonnen haben. Die beiden sind auch in Wien die großen Favoriten. Nach dem zweiten Spiel gegen die Franzosen Aye/Gauthier-Rath kommt es für Seidl/Waller zum Duell mit den Norwegern. „Es wäre geil, wenn es dann um den Gruppensieg geht. Auf dieses Duell freue ich mich riesig. Ich glaube nicht, dass wir chancenlos sind“, sagt Seidl. Das Spiel der Norweger gefalle ihm. „Sie haben die Mentalität, in der es um das Spiel geht, um die Perfektion. Sie müssen nicht, es geht darum, gut zu spielen. Das macht sie so stark.“
Verpasste Chance
An Seidl nagt immer noch das Verpassen der Olympia-Qualifikation. „Wir wollten auf eine Medaille losgehen.“ Doch nach dem neunten Platz bei Olympia 2016 mit Alexander Huber und einem sehr guten Start in die Tokio-Qualifikation kam ein Einbruch und dann auch noch Corona. „Wir waren bis zur WM Top-Ten in der Rangliste“, sagt Seidl. Und plötzlich ging nichts mehr. Auch im Continental-Cup wäre mehr drinnen gewesen. Das Team, das wir besiegt haben, ist dann nach Tokio geflogen.“
Auf der World Tour zählt Seidl als einer der besten Blocker – obwohl er mit 1,90 Metern im modernen Beachvolleyball auf dieser Position eher klein ist. Doch die fehlenden 10-15 Zentimeter Körpergröße macht er mit anderen Eigenschaften wett. „Ich bin sehr schnell, habe ein gutes Timing und eine sehr gute Antizipation“, weiß Seidl, der bei Olympia in Rio bis zum Achtelfinale laut Statistik der beste Blocker war.
Viel hilft ihm bei seiner Arbeit am Netz seine polysportive Grundausbildung. „Ich habe eine gute Grundkoordination und weiß, welchen Raum ich hinter mir mit meinem Arm abdecken kann.“ Diese Fähigkeiten hat er sich auch durch die vielen Sportarten erworben, die er im Schulsportleistungsmodell Kärnten gelernt und trainiert hat. „Ich habe alles gemacht: Fußball, Tennis, Eishockey, Skispringen. Und in den ersten sieben Jahren hatten wir keinen Fernseher. Da war ich nur draußen.“
Die letzte Hürde vor dem EM-Start war der PCR-Test. „Ich war voll nervös, obwohl ich genesen und geimpft bin.“ Seidl hatte bei der EM im Vorjahr das Pech einer Infektion kurz vor dem Turnierstart. „In dieser Saison war alles auf dieses eine Turnier ausgelegt. Und dann das.“ An Symptomen hatte er nur eine Nacht Fieber. Und danach einige Zeit lang Erschöpfung. „Die Fitnesstrainer haben mir geraten voll darüber zu trainieren, um den Körper zu zeigen, dass er wieder gesund ist. Es hat funktioniert.“
Die Welt verstehen
Dass Körper und Geist eng miteinander verbunden sind, weiß Seidl. Seine Masterarbeit im Studienehrgang Business and Sport Administration hatte den Titel: „Emotionalisierung von Sportevents anhand des Beachvolleyball-Majors in Wien“. Seidl begründet sein Studium: „Mir war immer wichtig, dass ich mein Hirn weiterbilde. Ich will die Welt verstehen.“
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