Jakob Pöltl vor dem NBA-Start: "Wir werden ans Limit gebracht"

 Pöltl gegen Wembanyama
Der 29-jährige Wiener Jakob Pöltl geht in Toronto in seine neunte NBA-Saison. Im Interview spricht er über die Stärken seines Teams, die enormen Belastungen und das Nationalteam.

Mit dem Heimspiel gegen die Cleveland Cavaliers startet Jakob Pöltl in der Nacht auf Donnerstag in seine neunte Saison in der NBA - die beste Basketballliga der Welt. Der 29-jährige Wiener ist bei den Toronto Raptors einer der erfahrenen Spieler und soll das junge Team in seiner Entwicklung fördern. Experten trauen den Kanadiern noch keinen Play-off-Platz zu. Doch Pöltl kündigt beim Medientermin mit österreichischen Journalisten an, dass die Raptors ihre Gegner überrumpeln werden können. Wie er mit den enormen Belastungen umgeht und wann er wieder für Österreich spielt, erklärt der Center im ausführlichen Gespräch. 

Wie geht es Ihnen körperlich knapp vor dem Start? 

Mir geht es gut. Die Pre-Season ist ganz gut verlaufen. Unsere Vorbereitung und auch meine persönliche Vorbereitung im Sommer waren gut. Es wäre noch besser gewesen, wenn wir weniger Verletzungen gehabt hätten.

Können Sie ungefähr einschätzen wo Toronto steht?

Es ist noch zu früh, um Schätzungen zu machen, was Resultate am Ende der Saison angeht. Ich glaube, dass wir das Potenzial haben, einige Experten zu überraschen. Ich glaube, dass wir mehr in uns haben. 

Welche Stärken wird die Mannschaft haben? 

Ich glaube, unsere größte Stärke ist, wie schnell wir spielen, mit wie viel Energie und Einsatz. Wir spielen sehr energisch, gehen mit viel Kraft zum Korb, wir spielen sehr schnell, wir überrumpeln andere Teams. Wir haben es auch in der Pre-Season bis jetzt gezeigt, dass, wenn wir Vollgas geben, Teams nicht wirklich ready sind, uns zu verteidigen.

Jakob Pöltl vor dem NBA-Start: "Wir werden ans Limit gebracht"

Woran haben Sie in der Vorbereitung speziell gearbeitet? 

In Absprache mit den Raptors lag ein Schwerpunkt auf Eins-gegen-Eins-Situationen. Wir haben eine Offense, in der der Ball sehr viel bewegt wird. Wenn sich aber der Gegner darauf einstellt, dann brauchen wir Eins-gegen-eins-Situationen. 

In vielen Sportarten wird diskutiert, dass die Belastungsgrenzen erreicht sind. Wie sieht es bei Ihnen mit vier Partien von Mittwoch bis Montag und insgesamt 82 Spielen im Grunddurchgang aus? 

Es ist nicht für jeden gleich. Natürlich sind wir in einer Position, wo wir auf jeden Fall an unsere Limits gebracht werden. Wir spielen 82 Spiele in einer Saison plus Saisonvorbereitung und dann möglichen Playoffs. Der Körper gewöhnt sich dann daran. Als ich mein erstes Jahr in der NBA gespielt habe, habe ich mir gedacht, wie in Gottes Namen soll ich 80 plus Spiele spielen. Im College waren es vielleicht 30, 40.  Man gewöhnt sich dran und kommt in einen Rhythmus.

Müssen Sie Ihren Körper mehr pflegen als am Beginn Ihrer NBA-Karriere? 

Auf jeden Fall.  In den ersten zwei NBA-Saisonen habe ich da wenig bis gar nichts gemacht. Je älter man wird, desto mehr zwickt es, desto mehr Kleinigkeiten fangen an. Aber ich bin noch lange nicht an einem Punkt, wo ich sage, dass ich beim Aufstehen, Rücken, Knie, Schmerzen habe. Also ich glaube, es hält sich noch im Rahmen für mich. 

Sie sind jetzt 29 Jahre alt. Welches ist das beste Alter im Basketball? 

Ich würde sagen, irgendwo zwischen 28 und 32 vielleicht  - wenn der Körper langsam anfängt abzubauen, aber man irgendwie an einem Punkt ist, an dem man mental und von den Skills her nah am Höhepunkt ist. 

Sie sind ein sehr mannschaftsdienlicher Spieler. Werden wir durch den  Fokus auf Eins-gegen-eins-Situationen öfter Alleingänge sehen? 

Es wird Situationen geben, in denen die andere Mannschaft das fast fordert, wenn sie alle anderen Optionen zum Passen wegnimmt. Es geht darum, dass ich dann die Defense entsprechend bestrafen kann. Ich glaube aber nicht, dass es viele Spielzüge von uns geben wird, die konkret auf eine Eins-gegen-eins- Situation von mir ausgelegt sind.

Gibt es nach acht Saisonen in der NBA noch etwas, das Sie besonders reizt, oder ist alles schon Business as usual? 

Es ist immer noch etwas Besonderes, keine Frage. Ich denke auch, dass am Mittwoch, wenn wir spielen oder kurz vor dem Spiel, wenn es dann zum Tip-Off geht, dass eine gewisse Anspannung da sein wird. Momente, auf die ich mich speziell freue, sind Play-offs oder Spiele gegen ehemalige Teamkollegen. 

Welche Teams erwarten Sie ganz vorne?

Boston auf jeden Fall. Ich denke auch, dass Mannschaften wie Denver, die über die letzten Jahre stark waren, vorne dabei sein werden. Ein paar von den jüngeren Teams, bei denen ich mir vorstellen kann, dass sie wirklich auch für  Aufruhr sorgen können, sind die Oklahoma City Thunder, auch Philadelphia hat sich wieder verstärkt.

Gibt es Momente in Ihrem Leben als NBA-Profi, von denen Sie sagen, die möchten Sie nie missen? 

Es ist schwer zu beantworten. Das NBA-Profi-Leben ist  grundsätzlich sehr schön, ich bin auch sehr dankbar, wie sich meine Karriere entwickelt hat. Auf der anderen Seite: Solche Sachen normalisieren sich so schnell, dass es wahrscheinlich viele Kleinigkeiten gibt, die einfach Teil meines Alltags sind, die ich jetzt gar nicht so sehr als besonders auffasse.

Gibt es nach acht Saisonen in der NBA noch etwas, das Sie besonders reizt, oder ist alles schon Business as usual? 

Es ist immer noch etwas Besonderes, keine Frage. Ich denke auch, dass am Mittwoch, wenn wir spielen oder kurz vorm Spiel, wenn es dann zum Tip-off geht, dass eine gewisse Anspannung da sein wird. Momente, auf die ich mich speziell freue, sind Play-offs oder Spiele gegen ehemalige Teamkollegen.

Demnächst sind Wahlen in den USA. Wie sehr berührt Sie das?

Bei uns in Kanada ist es in der Mannschaft nicht so ein großes Thema. Im Freundeskreis bekommt man natürlich etwas mit. Die Debatten sind schwierig anzuschauen, weil ich das Gefühl habe, es geht schon sehr weit weg von politischen Inhalten und immer wieder mehr in Richtung einer Art Popularitätswettkampf.  Mein Teamkollege Gary Temple hat sich viel damit befasst und hat sich unsere jungen US-Spieler hergenommen. Er hat ihnen vermittelt, dass es nicht selbstverständlich ist, dass man wählen kann. 

Wie sieht es mit Ihrer Nationalteam-Karriere aus? 

Während der Saison kann ich nicht kommen, aber für den Sommer schaut es ganz gut aus. Ich werde auf jeden Fall alles dran legen, da dabei sein zu können. Ich hoffe, es klappt. Und ich hoffe dass das Team bis dahin, nötigen Schritte macht in der Pre-Qualifikation zur WM. 

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