"Wirklich zukunftsvergessen": Gewessler kritisiert ÖVP und SPÖ scharf

"Wirklich zukunftsvergessen": Gewessler kritisiert ÖVP und SPÖ scharf
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler holte wegen der EU-Renaturierung zum Rundumschlag gegen die ÖVP und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig aus.

Es war einer ihrer wütenderen Auftritte: Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat am Dienstagabend in der ZiB2 den Regierungspartner, aber auch  die SPÖ ungewohnt scharf kritisiert. Anlassfall war unter anderem die Renaturierungsverordnung der EU, die am 17. Juni im Umweltministerrat beschlossen wird. Gewessler würde gerne zustimmen, darf aber wohl nicht. 

Ein Grund dafür: Es gibt eine einheitliche Stellungnahme der Bundesländer vom Mai 2023 gegen die Renaturierung. Und an diese ist Gewessler rechtlich gebunden. Zwar haben Wien und Kärnten angekündigt, nun prinzipiell doch für die Renaturierung zu sein. Ein Abänderungsantrag der einheitlichen Stellungnahme fand aber nicht die nötige Mehrheit. Das Länder-Veto dürft also weiterhin gelten - auch wenn es hier unterschiedliche Rechtsansichten gibt.

Ministerin Gewessler zum Renaturierungsgesetz

Gewessler: Ludwig soll "Karten auf den Tisch legen"

Die Renaturierung sei "das wichtigste Naturschutzgesetz, das wir in dieser Legislatur auf europäischer Ebene behandeln", sagte Gewessler in der ZiB2. "Es gibt eine einheitliche Länderstellungnahme, die mich rechtlich bindet." Die Aufhebung dieser Länderstellungnahme sei also die Voraussetzung dafür, dass sie zustimmen könne. Dass die Blockade der Länder aufrecht bleibe, halte sie für "wirklich zukunftsvergessen". 

Gleichzeitig forderte Gewessler Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) dazu auf, die "Karten auf den Tisch" zu legen. "Ich begrüße es, dass Wien seine Position verändert hat. Aber was gilt jetzt? Ist diese Länder-Blockade aufrecht?" Sie halte es "nicht für sehr ehrlich", dass noch im April sämtliche Landeshauptleute das Gesetz "einzementiert" hätten und "Michael Ludwig jetzt sagt, dieser Schlamassel geht mich nix an". Konkret fordert Gewessler von Ludwig, dass sich dieser schriftlich von der einheitlichen Stellungnahme distanziert. "Dann werde ich alles dafür tun, dass Österreich hier zustimmt."

Streit mit dem Regierungspartner

Selbst wenn das Hickhack mit den Ländern geklärt werden könnte: Die ÖVP ist der Ansicht, dass Gewessler auch das "Ja" vom Landwirtschafts-, Finanz- und Europaministerium bräuchte, um zustimmen zu dürfen. Grund: Auch diese Ministerien wären von der Renaturierung gravierend betroffen. Die Volkspartei stützt sich dabei auf das Bundesministeriengesetz (BGM), Rechtsexperten wie der Innsbrucker Dekan Walter Obwexer sehen das genauso. Gewessler hat wiederum anderslautende Gutachten vorgelegt.

"Es ist langjährige Praxis in der Regierung, dass auf den Ministerräten die Ministerinnen und Minister entscheiden", sagte Gewessler. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) habe vor wenigen Wochen gegen Gewesslers Einvernehmen und ihren Willen die "Abschwächung der Umweltstandards" bei der Agrarpolitik beschlossen. "Wenn es dort geht, warum geht es auch nicht hier umgekehrt?", so Gewessler. "Es sei mir erlaubt eine Rechtsauslegung zu hinterfragen, die immer die Position der ÖVP stützt."

Grundsätzlich betonte Gewessler: "Es liegt ein gutes Gesetz vor." Gegen die Renaturierung werde andauernd nur mit Halbwahrheiten argumentiert - etwa, dass diese die Ernährungssicherheit gefährde: "Wenn jetzt die Parteien, die sich mit Händen und Füßen gegen ein verbindliches Bodenschutzziel wehren, um die Ernährungssicherheit Sorgen machen, dann kann ich das ganz ehrlich nicht ganz ernstnehmen."

Nur großes Gerede?

Ebenso keine Zustimmung der ÖVP erhielt Gewessler bisher für die Gas-Diversifizierungspflicht, die Österreichs schrittweisen Ausstieg aus russischem Gas gesetzlich verankern soll. "Die Grünen arbeiten in dieser Regierung seit zwei Jahren daran, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, in den in andere Regierungen gefahren haben", meinte die Ministerin. Dass Österreich weiterhin 90 Prozent seines Gases aus Russland beziehe, werde sie "nicht rechtfertigen, die sind zu hoch".

Das Gesetz liege vor, jetzt seien "die anderen gefragt", Verantwortung zu übernehmen. Auch hier schickte Gewessler ein Signal Richtung ÖVP und SPÖ: "Wenn die, die groß reden, sie wollen raus aus der Abhängigkeit, beim Entschließen und Entscheiden zögern, dann helfen die Worte nicht. Wir brauchen die Taten."

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