Laut Prognosen ergibt sich ein Bedarf von mehr als 80.000 zusätzlichen Pflegekräften in den nächsten acht Jahren und fast 150.000 bis 2050. Österreich hat ein enormes Pflegeproblem. „Trotzdem heißt es seit Jahren: ,Pflegereform – bitte warten’“, kritisiert Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec: „Es ist klar, was zu tun ist. Und trotzdem passiert nichts. Wer kann das noch verstehen?“ Immerhin sei die Pflege eine, wenn nicht sogar die zentrale Zukunftsfrage für unsere Gesellschaft, sagt Korosec.
Tatsächlich hat fast jede Regierung in den vergangenen Jahren eine Pflegereform angekündigt. Passiert ist bisher wenig. Zuständig ist aktuell Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne), auf Ebene der türkis-grünen Klubobleute wird auch an einer Reform gearbeitet.
„Mein Ministerium ist im laufenden Austausch mit Stakeholdern und Ländern“, sagt Mückstein zu den Fortschritten in Sachen Pflegereform. Ende vergangenen Jahres habe es im Rahmen einer außerordentlichen Landessozialreferentenkonferenz intensive Gespräche gegeben. Mückstein möchte vor allem die Arbeitsbedingungen im Pflegebereich verbessern, um ihn für mehr Menschen attraktiv zu machen. Hierzu soll nun nach Rückmeldungen der Länder bei einer weiteren Arbeitsgruppensitzung ein Fahrplan konkretisiert werden.
Doch die Zeit drängt; oder wie Ingrid Korosec sagt: „Jeder Tag länger Stillstand bei der Pflegereform bedeutet einen Tag länger Pflegenotstand in den nächsten Jahren.“ Mückstein kündigt deshalb an, jede Maßnahme, die sich „sinnvoll und schnell“ umsetzen lasse, vorziehen zu wollen.Für die Ausbildung neuer Pflegekräfte sind im Budget derzeit 50 Millionen pro Jahr vorgesehen.
Das sei zu wenig, hatte Hilfswerk-Präsident Othmar Karas am Freitag kritisiert und einen Plan gefordert, wie man dieses Geld treffsicher einsetzen könne. Auch dazu sei man im Austausch mit den Ländern und werde nun weitere konkrete Schritt erarbeiten, sagt der grüne Sozialminister. „Primäres Ziel sind dabei die Entschädigung von verpflichtenden Praktika sowie die finanzielle Unterstützung bei den Ausbildungskosten.“
"Einen alten Baum kann man nicht verpflanzen"
Nicht verpflichtend, sondern nur noch als freiwilliges Praktikum angeboten werde allerdings Hauskrankenpflege, sagt Altenpflegerin Barbara Skohautil. Dieser Bereich werde immer wieder vergessen – von der Politik, von Medien, aber auch von der Branche selbst. „Während meiner Ausbildung haben wir noch in allen Bereichen ein gleich langes Praktikum gemacht“, weiß Skohautil aus Erfahrung.
Mit 150 „Community Nursing“-Pilotprojekten, die demnächst starten, will die Regierung hier nachhelfen. Dabei sollen Pflegekräfte auf Gemeindeebene bedarfsorientiert daheim lebende ältere Menschen betreuen. Skohautil weiß, warum das wichtig ist: „Die Leute bleiben im Alter nicht umsonst lieber in den eigenen vier Wänden, als ins Heim zu gehen. Wie heißt es so schön: Einen alten Baum kann man nicht verpflanzen.“
Ein Vorbild wäre Dänemark, das bei der Pflege stark in Prävention und Rehabilitation investiert, um die Menschen so lange wie möglich daheim versorgen zu können.
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