Wieviel mehr Impfstoff-Dosen Österreich bestellen hätte können
Bisher sind knapp über eine Million Menschen in Österreich zumindest mit einer ersten Impfung gegen Covid-19 immunisiert worden. Doch längst ist ein Streit entbrannt, ob nicht viel mehr möglich gewesen wäre.
Erst am Freitag hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz auf eine mögliche Ungleichverteilung der Impfdosen hingewiesen. Wie berichtet, ist der Impfkoordinator des Gesundheitsministeriums Clemens Martin Auer maßgeblich dafür verantwortlich. Er nahm am Montag deshalb seinen Hut.
Wie seit Wochenbeginn auch bekannt, hätte Österreich aufgrund eines Verteilungsschlüssels (zwei Prozent der EU-Bevölkerung) die Möglichkeit gehabt, 100.000 Dosen von Biontech/Pfizer abzurufen, Auer hat dies nicht getan. Und den Gesundheitsminister darüber nicht informiert.
Geht man von diesem EU-Verteilungsschlüssel aus, ist die Lücke der bestellten Impfdosen noch viel größer als bisher angenommen. Wie der KURIER bereits berichtete, gibt es eine Differenz von über 760.000 Dosen, die bis zum Ende des zweiten Quartals (Ende Juni) nicht in die Oberarme der Österreicher injiziert werden können, weil sie nicht bestellt wurden.
In diese Summe nicht mit eingerechnet ist der mögliche Impfstopp von Astra Zeneca. Da wartet Gesundheitsminister Anschober noch auf eine Stellungnahme der EMA, der EU-Behörde für Medikamentensicherheit. Diese wird für Donnerstag erwartet. Sollte Astra Zeneca - so wie in vielen EU-Staaten jetzt schon - nicht mehr verimpft werden dürfen, weil die Behörden ein gesundheitliches Risiko befürchten, droht die Lücke noch größer zu werden. Österreich hat insgesamt fast sechs Millionen Dosen von Astra bestellt, weniger als 100.000 sind bisher verimpft worden.
Das Gesundheitsministerium widerspricht der Darstellung. Das Problem sei nicht die Menge der bestellten Dosen. Der kritische Faktor sei vielmehr die zeitliche Verfügbarkeit gewesen. Das habe auch der Bundeskanzler immer wieder betont. Entscheidend sei der Zeitpunkt der Lieferungen, das sind vor allem die Lieferungen im zweiten Quartal. Durch die Lieferreduktionen von Astra Zeneca sei es hier zu Verschiebungen gekommen. Ziel müsse in dieser entscheidenden Phase eine gerechte Aufteilung der Impfstoffe innerhalb der EU für die Sicherstellung einer gleichzeitigen Impftätigkeit sein.
Österreich habe - so wie alle EU-Mitgliedstaaten - so bald wie nur irgendwie möglich, im August/September 2020, mit der gemeinsamen Impfstoffbeschaffung begonnen. Die ersten Verträge über die Lieferungen der Impfstoffe in die Mitgliedstaaten seien im Herbst geschlossen worden, als es noch kein Wissen, sondern nur Spekulationen über Genehmigung, Genehmigungszeitpunkte, Produktionsmengen und Wirksamkeit einzelner Impfstoffe gegeben habe. Entsprechend habe es von allen Mitgliedstaaten unterschiedliche Zusammenstellungen des Risikoportfolios gegeben - Österreich liegt hier im Durchschnitt der EU.
Außerdem heißt es aus dem Ressort von Rudolf Anschober: Österreich habe derzeit rund 31 Millionen Impfdosen bestellt. Folglich sei die Vollimmunisierung für jeden Menschen, der in Österreich lebt, um das 2,85-fache gesichert. Damit würde auch die Vorgabe der Bundesregierung erfüllt, dass jede und jeder in Österreich geimpft werden könne. Österreich habe sich auch ausreichend Booster-Impfungen (angepasst an Mutationen) für Ende 2021 bzw. 2022 gesichert. Und wir hätten für das zweite Quartal, also von April bis Juni, voraussichtlich 5,9 Millionen Dosen Impfstoff im Land: "Diesen müssen wir jetzt rasch und nach Erlass verimpfen!"
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