Selbsttests: Wie Kurz mit der SPÖ das Gesundheitsministerium überdribbelte
Anfang Dezember machte SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner einen ungewöhnlich anmutenden Vorschlag: Die Österreicher sollten permanent getestet werden. Allerdings nicht in Testzentren, Apotheken oder beim Hausarzt, sondern zu Hause – einfach „im Wohnzimmer“ im Selbsttest. Zweimal pro Woche solle das passieren, die Testkits müsse der Staat kostenlos stellen, forderte die SPÖ-Chefin.
Über Wochen ist bei den „Wohnzimmertestungen“ wenig passiert. Doch nun scheint es, als würde Rendi-Wagners Idee umgesetzt.
Das ist für sich genommen schon interessant. Noch außergewöhnlicher ist freilich, was im Zuge der konkreten Zulassung der Schnelltests passiert ist.
Dazu muss man wissen: Die für die Wohnzimmer-Testung vorgesehenen Schnelltests sind formal nicht für den Eigengebrauch vorgesehen. Das bedeutet: Der Test ist zwar leicht durchzuführen, weil man mit dem Wattestäbchen nicht in den hinteren Nasenrachen fahren muss; laut Zertifizierung muss das Bohren in der Nase aber trotz allem von Fachpersonal erledigt bzw. beaufsichtigt werden.
Wie Teilnehmer von Gesprächen zwischen den Regierungsparteien und der SPÖ berichten, wurde das Gesundheitsministerium über längere Zeit gedrängt, die Tests angesichts der Krisen-Situation auch für die Selbstanwendung zuzulassen. „Diese Diskussion war mit dem Gesundheitsministerium einfach nicht zu führen“, erzählt ein Verhandler.
Die Konsequenz: Am Dienstag kontaktierte die Kanzlerpartei die SPÖ, und man einigte sich darauf, nicht länger auf eine Verordnung des Gesundheitsministeriums zu drängen, sondern die Zulassung einfach anders zu ermöglichen. Und zwar per Gesetz – was mittlerweile auch passiert ist.
Schönheitsfehler
Der Schönheitsfehler: Das Gesetz, in das man diese Erlaubnis gepackt hat, ist die „Bundesabgabenverordnung“. „Es war allen Beteiligten klar, dass die Regelung in dieses Gesetz nicht hineingehört“, erzählt ein Verhandler. „Aber anders war es nicht zu machen.“
Noch schwerer wiegt dabei die inner-koalitionäre Optik. Denn obwohl es theoretisch die Möglichkeit gegeben hätte, dass das von den Grünen geführte Gesundheitsressort eine Notzulassung der Schnelltests für den Eigenbedarf ermöglicht, hat die ÖVP mit der Hilfe von SPÖ (und Neos) das grün-geführte Ministerium überdribbelt.
Bleibt die Frage: Wann werden die kostenlosen Tests nun erhältlich sein? Vorerst gibt es dazu nur einen Entschließungsantrag im Parlament, den bis auf die FPÖ alle Parteien unterstützen. Nach derzeitigem Stand werden die Tests kostenlos und für jeden Besitzer einer eCard in den Apotheken erhältlich sein. Wie viele Tests eine Person bekommt, ist offen. Informell hieß es gegenüber dem KURIER, die Regierung werde acht bis zehn Tests pro Person und Monat finanzieren.
Kommentare