Als Kanzler Sebastian Kurz den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig überraschend einlud, gemeinsam in der sonntäglichen Lockdown-Pressekonferenz aufzutreten, war Ludwig sofort klar, welch große Symbolik von dem Auftritt ausgehen würde. Die Bedenkzeit, die er sich von Kurz für eine Antwort erbat, nutzte Ludwig, um sich mit Rendi-Wagner und Kärntens Peter Kaiser abzustimmen.
Leiden an "ÖVP-Aversionen"
Die burgenländischen Genossen wurden dem Vernehmen nach kontaktiert, aber Doskozil war ja frisch an den Stimmbändern operiert. Die Burgenländer sind nach wie vor mit dem staatstragenden Kurs der SPÖ nicht einverstanden, aber das sei aus der Landessituation zu erklären, heißt es. Im Burgenland sei das Verhältnis zwischen SPÖ und ÖVP „vergiftet“.
Ludwig und Kaiser hingegen zählen nicht zu jenen, die unter „ÖVP-Aversion“ leiden. Ludwig war immer schon großkoalitionär, sein engster Partner in Wien ist Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck.
Kaiser wiederum ist in Kärnten stark genug, dass er allein mit wechselnden Landtagsmehrheiten regieren könnte. Entgegen der Stimmung in seiner Partei entschied er sich für eine Koalition mit der ÖVP.
Gewerkschaft tickt anders
Die Gewerkschaft tickt sowieso anders: Als einziger Sozialpartner mit freiwilliger Mitgliedschaft ist sie auf Erfolge im Sinne ihrer Mitglieder fokussiert. Kann sie für die Arbeitnehmer genügend erreichen, trägt sie Kompromisse in der Regel mit.
Somit sind die wesentlichen Player in der SPÖ – Chefin, zwei von drei Landeshauptleuten und die Gewerkschaft – auf einer Linie. Dieser konstruktiv-kritische Kurs soll nicht nur während der Gesundheitskrise, sondern auch die Arbeitsmarktkrise hindurch beibehalten werden, heißt es in der SPÖ.
Kurz-Abgesang auf SPÖ vorbei
Hilft sie damit nicht dem türkisen Kanzler aus der Patsche? Die Abneigung zwischen Sebastian Kurz und vielen in der SPÖ beruht ja durchaus auf Gegenseitigkeit.
Der Kommunikationschef der SPÖ-Wien, Raphael Sternfeld, sieht das anders: „Kurz hatte schon den Abgesang auf die SPÖ angestimmt. Er wollte die Sozialdemokratie durch die Grünen ersetzen. In Wien wollte er nach 100 Jahren einen Machtwechsel herbeiführen. Nun musste Kurz einsehen, dass es ohne die SPÖ nicht geht. Es zeigt sich, welche Kraft wir haben.“
Keine Rabaukenopposition
Und im Übrigen: „Die SPÖ betreibt keine Rabaukenopposition wie die FPÖ. Die SPÖ war in ihrer langen Geschichte immer eine staatstragende Partei.“
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