Warum das virologische Quartett Geschichte ist
Die Vierer-Formation mit Kanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Werner Kogler, Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Innenminister Karl Nehammer begleitete das Publikum monatelang durch die Pandemie. Zu Beginn war das sogenannte „Virologische Quartett“ ein Quotenhit, doch zuletzt stürzten die Zuschauer-Quoten ab.
Deswegen wurde das Format vom Beraterstab des Kanzlers kurzerhand abgesetzt.
Am Sonntag trat ein Quintett auf. Sebastian Kurz flankiert von Steiermarks Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und zur Überraschung vieler – des Kanzlers Lieblingsfeind, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Dazu gesellte sich noch der MedUni Wien-Vizerektor Oswald Wagner. Anschober blieb logischerweise an Bord.
Künftig könnte dieses Quintett öfters auftreten, wenn es gilt, Maßnahmen oder Lockerungen für die Bevölkerung zu verkünden, heißt es aus dem Bundeskanzleramt. Für Politikberater Thomas Hofer war dieser Strategiewechsel überfällig. „Spät, aber doch versucht Kurz, den Konstruktionsfehler des virologischen Quartetts zu beheben. Einerseits die konstruktiven Oppositionskräfte mit an Bord zu holen, andererseits auch Experten zu Wort kommen zu lassen, damit die Glaubwürdigkeit der Maßnahmen steigt“.
Der neue Stil
Doch wie kam es zu dem neuen Stil, von dem selbst Ludwig überrascht war? Als der zweite Lockdown im November verhängt wurde, mokierte sich Ludwig noch, dass er aus den Medien mehr erfahre als vom Bundeskanzler in Vorgesprächen.
Am Samstagabend nach der zweiten Beratungsrunde mit den Länderchefs (auch das ist neu, dass sich Kurz insgesamt acht Stunden mit den Landeshauptleuten beriet) wurde Ludwig gefragt, ob er am Sonntag bei der Pressekonferenz auftreten wolle. Ludwig sagte nicht sofort ab, er verlangte eine kurze Bedenkzeit. Eine halbe Stunde später sagte Wiens Bürgermeister zu. „Ich habe es besonders schwer, hier zu stehen“, waren Ludwigs Eröffnungsworte bei der Pressekonferenz. Das Wien-Bashing hat Wunden bei Ludwig hinterlassen. „Wien ist gut durch die Krise gekommen.“ Diesen Seitenhieb wollte sich Ludwig, neben Kurz stehend, nicht verkneifen.
Ludwig und Peter Kaiser drängten auch darauf, bei den Expertengesprächen am Ballhausplatz dabei zu sein.
Lektion gelernt
„Kurz hat seine Lektionen aus der Pandemie in dieser Woche umgesetzt. Zuerst holt er sich einen parteilosen Experten als Arbeitsminister ins Kabinett, dann setzt er auf nationalen Schulterschluss“, so Hofer. Die Landeschefs analysieren die Beweggründe etwas anders. Die Bereitschaft sinke in der Bevölkerung, den Lockdown mitzutragen. „Wir sind nah an der Bevölkerung dran, deswegen braucht er uns“, so ein Landeschef.
Und Schützenhöfer fügt hinzu: „Das bedeutet mehr Verantwortung, aber das wissen wir.“
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