Wöginger: "Arbeit in anderen Bundesländern ermöglichen"
KURIER: Herr Klubobmann, Sie bleiben trotz anhaltender Kritik an U-Ausschussvorsitzendem Wolfgang Sobotka dabei, dass alles rechtens war und ist?
August Wöginger: Wolfgang Sobotka hat als Auskunftsperson die Wahrheit gesagt, ihm ist absolut nichts vorzuwerfen. Wir sind auch im ÖVP-Klub unisono der Meinung: Er ist als Ausschussvorsitzender unumstritten. Unbestritten ist, dass der Ausschuss zu einem Polit-Theater mit Themenverfehlung verkommt, weil es nicht mehr um das Ibiza-Video und den Inhalt geht.
Die Grünen befinden, Sobotka soll den Vorsitz ruhend stellen. Wie ist es um das Koalitionsklima und Ihre Gesprächsbasis mit Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer bestellt?
Die Gesprächsbasis mit Sigi Maurer ist seit Beginn der Koalition sehr gut. Alles, was wir ausmachen, das hält auch. Die Handschlagqualität ist nach wie vor gegeben und dafür bin ich Sigi Maurer sehr dankbar.
In der Moria-Frage, ob minderjährige Flüchtlinge aufgenommen werden sollen, sind die Ansichten diametral ...
Natürlich sind wir zwei unterschiedliche Parteien mit unterschiedlichen Schwerpunkten, doch in einem ordentlichen Miteinander können wir uns das immer gut ausreden. Wir haben das Beste aus beiden Welten im Regierungsprogramm abgebildet, das wir jetzt sukzessive umsetzen.
Dass die ÖVP gerne striktere Corona-Maßnahmen umsetzen würde, die Grünen aber auf der Bremse stehen, stimmt nicht?
Es ist in der Koalition unbestritten, dass 1.000 Infizierte pro Tag viel zu viel sind, wir alles tun müssen, um die Zahlen in den Griff zu bekommen. Wir ziehen an einem Strang und müssen es durch Maßnahmen schaffen, von den Reisewarnungslisten von Deutschland und anderen europäischen Ländern zu kommen, damit Wintertourismus stattfinden kann. 16 Prozent des BIP macht der Tourismus aus.
Der Koalitionsstreit oder Zwist ist also eine Medienmär?
Wir diskutieren, dann einigen wir uns und lassen es die Öffentlichkeit umgehend wissen.
Als ÖVP-Sozialsprecher gefragt: Welches Sozialthema ist das dringendste und drängendste?
Das Thema Nummer Eins wird die Beschäftigung sein. 700 Millionen Euro sind im Budget vorgesehen für Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen, um jedenfalls 100.000 Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Apropos 100.000: So viele zusätzliche Pflegekräfte wird Österreich laut Gesundheitsminister Rudolf Anschober bis 2030 benötigen. Sollen die Arbeitssuchenden primär in Pflegeberufen umgeschult werden?
„Daheim vor stationär“ ist die Devise bei der Pflegereform, damit verbunden ist natürlich auch eine Personaloffensive, doch noch ist es zu früh, über Details zu sprechen. Fix ist, dass wir eine Pflegelehre mit einem altersspezifischen Curriculum einführen werden. Wir sind erst am Beginn der Verhandlungen mit dem Gesundheitsminister, die Steuerungsgruppen und fünf Untergruppen sind bereits gebildet und der Auftakt zur Pflegereform ist mit 20. Oktober fixiert.
Ab wann soll die Pflegelehre in Österreich möglich sein, von der schon lange gesprochen wird?
Am 20. Oktober haben wir bereits eine große Auftakt-Veranstaltung zur Pflege-Reform. Wir müssen erst alle Stakeholder Bund, Länder, Gemeinden, Hilfsorganisationen und Experten an einen Tisch holen. Noch 2021 soll die Reform stehen.
Eingedenk der über 400.000 Arbeitslosen: Ist es denkbar, Arbeitslose zu Corona-Tester oder –Tracern umzuschulen?
Vorrangig unterstützen wir jetzt den Vorschlag des Innenministers, dass Polizistinnen und Polizisten Contact-Tracing übernehmen. Was die Zahl der Arbeitslosen betrifft, da haben Sie recht, sind wir in einer angespannten Situation. Eine wesentliche Frage, die geklärt werden muss, ist die der Mobilität und Unterbringung in einem Bundesland.
Verstehe ich Sie richtig, dass sich die Zumutbarkeitsbestimmungen ändern werden?
Es geht nicht um die Zumutbarkeit alleine, sondern um einen Mix an Maßnahmen. Es gibt Unternehmen, die Mitarbeiter auch außerhalb ihres Bundeslandes suchen und Arbeitssuchende, die bereit sind, für eine bestimmte Zeit, in einem anderen Bundesland zu arbeiten. Das alles müssen wir ermöglichen.
Um die Konjunktur anzukurbeln, hat die Regierung Einmalzahlungen für Arbeitslose und Familien beschlossen. Was macht Sie sicher, dass das Geld ausgegeben und nicht gespart wird?
Wer rasch hilft, der hilft doppelt. Deshalb haben wir uns für den einmaligen Kinderbonus über 360 Euro und die 450 Euro Einmalzahlung für Arbeitslose entschieden. Nachhaltig und langfristig wirkt die Senkung des Eingangssteuersatzes von 25 auf 20 Prozent rückwirkend ab 1. Jänner 2020.
Fixkostenzuschuss und Kurzarbeit III enden mit 31.März 2021. Wird die Frist verlängert werden müssen?
Wir gehen davon aus, dass das ein oder andere Unternehmen auch weiterhin die Kurzarbeit brauchen wird. Die Regierung wird alles im Auge behalten.
Corona hat für viele Menschen Einsamkeit mit sich gebracht – auch durch die Möglichkeit des Homeoffice.
Gerade als ÖAAB-Obmann bin ich mir dessen bewusst, dass wir umgehend Rechtssicherheit beim Homeoffice schaffen müssen. Betreffend Einsamkeit hat die Regierung beschlossen, den Zugang zu Psychotherapie zu erleichtern und im Bereich der Pflege haben wir eine eigene Gruppe, die „Einsamkeit mindern, das Miteinander fördern“ zum Thema hat.
In Deutschland wird derzeit Rechtanspruch von 24 Tagen Homeoffice diskutiert. Ist derlei auch in Österreich denkbar und: Wird es noch heuer Rechtssicherheit bei Homeoffice geben?
Sie können uns glauben, wir arbeiten Tag und Nacht, ein exaktes Datum zu nennen, wäre Kaffeesudlesen.
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