Wird "Black Lives Matter"-Aktivistin neue SPÖ-Frauenchefin?

Mireille Ngosso (SPÖ) schaffte beachtliche 3.337 Vorzugsstimmen. Mehr als so mancher SPÖ-Stadtrat.
Am 25. Juni wählen die SPÖ-Frauen eine neue Vorsitzende. Es zeichnet sich überraschend eine Kampfabstimmung ab.

Der eine geht, die andere kommt. Gerade erst hat sich Hans Peter Doskozil aus seiner Bundespartei mit Getöse verabschiedet, da kündigt sich schon die nächste spektakuläre Personalie in der SPÖ an.

Um den Vorsitz bei den SPÖ-Frauen dürfte es zu einer Kampfabstimmung kommen. Nach verschlafenen Jahrzehnten könnte erstmals wieder richtig Leben in jene Organisation kommen, die dank der legendären Frauenrechtlerin Johanna Dohnal immer noch Ansehen über die Grenzen der Sozialdemokratie hinaus genießt.

Am 25. Juni 2021, dem Tag vor dem SPÖ-Bundesparteitag, wählen die SPÖ-Frauen eine neue Vorsitzende. Die scheidende Gabriele Heinisch-Hosek hat die Welserin Eva-Maria Holzleitner als ihre Nachfolgerin vorgeschlagen. Doch Holzleitner bekommt überraschend starke Konkurrenz.

Es will sich nämlich auch die Wiener SPÖ-Landtagsabgeordnete Mireille Ngosso um den Frauenvorsitz bewerben.

Am 20. Mai ist Annahmeschluss für Kandidaturen, am 25. Juni stimmen die Delegierten zur Bundesfrauenkonferenz darüber ab, wer künftig an der Spitze für sie Politik macht.

Doppelter Signalcharakter

Die Wahl von Ngosso zur SPÖ-Frauenchefin hätte Signalcharakter. Nach der grünen Justizministerin Alma Zadić wäre sie das zweite Flüchtlingskind, und als im damaligen Zaire Geborene die erste Afroösterreicherin, die den Aufstieg in die Bundespolitik schafft.

Ngosso ist als Dreijährige mit ihren Eltern aus einer Diktatur geflüchtet, hat in Österreich die Schule besucht, studiert und arbeitet als Ärztin in der Chirurgie im Hietzinger Spital. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn.

Nerv getroffen

Für die SPÖ-Organisation mit ihren Gremien und traditionellen Hierarchien wäre Ngosso eine Vorgabe. Die 41-Jährige gilt als eigen-initiativ und fragt nicht lange, bevor sie anpackt. So hat sie nach dem Tod des US-Afroamerikaners George Floyd durch rassistisch motivierte Polizeigewalt kurzerhand in Wien eine „Black Lives Matter“-Demo organisiert – und damit offenkundig einen Nerv getroffen: Angemeldet waren 3.000 Teilnehmer, laut Polizeiangaben kamen 50.000. Sie trugen Gesichtsmasken mit der Aufschrift „I can’t breathe“ – die letzten Worte von George Floyd, bevor er starb.

Erste Afroösterreicherin als Dohnals "Enkelin"

Eine Eigeninitiative ist auch Ngossos geplante Kandidatur für den SPÖ-Frauenvorsitz. Dem Vernehmen nach ist die Aktion innerhalb der Organisation nicht abgesprochen, sogar die Wiener SPÖ-Frauen waren überrascht, sehen Ngossos Bewerbung aber wohlwollend.

Ngossos Chancen scheinen intakt, auch, weil die Wahl Holzleitners, obwohl diese die offizielle Kandidatin ist, mangelhaft vorbereitet ist. Die Personalie war ein Alleingang Heinisch-Hoseks ohne Basiseinbindung.

Eine Sorge treibt die SPÖ-Frauen angesichts der sich abzeichnenden Kampfabstimmung um: Fällt Ngosso durch – wird das Dohnals Enkelinnen dann als Rassismus ausgelegt?

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