In Tirol könnte es bei der Gemeinderatswahl in vier Wochen das nächste Beben geben. Das Ergebnis in Waidhofen ist vor allem für die Tiroler Volkspartei ein Alarmsignal: Denn der Triumph der MFG in Niederösterreich ging mit einem VP-Minus von fast 20 Prozentpunkten einher.
Tirols VP-Landeshauptmann Günther Platter ist nach außen um Gelassenheit bemüht: „Ich will das nicht überbewerten“, meinte er am Donnerstag. Intern ist man schon nervöser und rechnet damit, dass sich am 27. Februar Corona-Protest auf kommunaler Ebene entladen könnte.
Wird das so bleiben? Wird MFG auch noch bei den vier Landtagswahlen im Jahr 2023 und bei der nächsten Nationalratswahl Stimmen abräumen? Politik-Experten haben dazu eine klare Meinung.
MFG geht, Protest bleibt
Günther Ogris, dessen SORA-Institut in Oberösterreich das Stimmverhalten der MFG-Wähler untersucht hat, vertritt die These, dass MFG mit dem Ende der Pandemie wieder verschwinden wird, „weil der Anknüpfungspunkt fehlt“.
Aber, so Ogris: „Das Protestpotenzial bleibt. Und das ist dann für andere Parteien, die die ÖVP in der Machtfrage herausfordern, abrufbar.“ Das könne die SPÖ sein, die FPÖ oder auch eine neue Bewegung wie einst das Team Stronach. Ganz offenkundig schwinge bei den Impfgegnern mehr mit als nur der Protest gegen das Impfen.
Tatsächlich liest sich das MFG-Programm wie ein Sammelsurium aus Linkspartei, Globalisierungsgegnern, aber auch rechten Staatsverweigerern oder klassischen FPÖ-Forderungen wie das Ende für den Kammerstaat.
„Es herrscht großes Systemmisstrauen“, sagt Ogris. Daher richte sich der Protest in erster Linie gegen die in Bund und Ländern regierende und dominierende ÖVP.
Eindeutig ist die Herkunft der MFG-Wählerschaft nicht. In Oberösterreich kamen laut der SORA-Untersuchung 15.000 Stimmen von der ÖVP, 16.000 von der FPÖ, 8.000 von der SPÖ und 6.000 von den Grünen.
In Waidhofen hingegen musste vor allem die ÖVP bluten. Impfgegner gibt es in allen Parteien, sagt Ogris. Aber es gibt ein gemeinsames Merkmal: „Je peripherer die Gegend und je weiter weg von der nächsten Universität, umso eher fallen Verschwörungstheorien auf fruchtbaren Boden.“
Die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle ist überzeugt: „Corona wird gehen, die Unzufriedenheit wird bleiben.“ Sie glaubt aber nicht, dass MFG dieses Potenzial wird heben können. „Jetzt eint sie ein Thema. Aber ich sehe nicht, wie daraus eine neue Partei werden kann. Es gibt auch keine Person, hinter der man sich sammeln könnte, so wie das bei Frank Stronach oder Peter Pilz der Fall war.“
Die Impfgegner haben die Unzufriedenheit sichtbar gemacht, meint Stainer-Hämmerle. Dadurch hätten die anderen Parteien nun Gelegenheit, darauf zu reagieren.
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