Wie langlebig ist die Impfgegner-Partei MFG?
Aus dem Stand im Landtag in Oberösterreich. Auf Anhieb 17 Prozent bei der Gemeinderatswahl in Waidhofen an der Ybbs. Und schon holen die Impfgegner zum nächsten Schlag aus: In Tirol haben sie in 51 Gemeinden Listen zusammengebracht – und damit mehr als etwa die Grünen.
Ist der Siegeszug der Impfgegner-Partei MFG (das Kürzel steht für Menschen, Freiheit, Grundrechte) noch zu stoppen?
In Tirol könnte es bei der Gemeinderatswahl in vier Wochen das nächste Beben geben. Das Ergebnis in Waidhofen ist vor allem für die Tiroler Volkspartei ein Alarmsignal: Denn der Triumph der MFG in Niederösterreich ging mit einem VP-Minus von fast 20 Prozentpunkten einher.
Tirols VP-Landeshauptmann Günther Platter ist nach außen um Gelassenheit bemüht: „Ich will das nicht überbewerten“, meinte er am Donnerstag. Intern ist man schon nervöser und rechnet damit, dass sich am 27. Februar Corona-Protest auf kommunaler Ebene entladen könnte.
Wird das so bleiben? Wird MFG auch noch bei den vier Landtagswahlen im Jahr 2023 und bei der nächsten Nationalratswahl Stimmen abräumen? Politik-Experten haben dazu eine klare Meinung.
MFG geht, Protest bleibt
Günther Ogris, dessen SORA-Institut in Oberösterreich das Stimmverhalten der MFG-Wähler untersucht hat, vertritt die These, dass MFG mit dem Ende der Pandemie wieder verschwinden wird, „weil der Anknüpfungspunkt fehlt“.
Aber, so Ogris: „Das Protestpotenzial bleibt. Und das ist dann für andere Parteien, die die ÖVP in der Machtfrage herausfordern, abrufbar.“ Das könne die SPÖ sein, die FPÖ oder auch eine neue Bewegung wie einst das Team Stronach. Ganz offenkundig schwinge bei den Impfgegnern mehr mit als nur der Protest gegen das Impfen.
Tatsächlich liest sich das MFG-Programm wie ein Sammelsurium aus Linkspartei, Globalisierungsgegnern, aber auch rechten Staatsverweigerern oder klassischen FPÖ-Forderungen wie das Ende für den Kammerstaat.
„Es herrscht großes Systemmisstrauen“, sagt Ogris. Daher richte sich der Protest in erster Linie gegen die in Bund und Ländern regierende und dominierende ÖVP.
Oberösterreich
MFG zog mit 6,2 Prozent in den Landtag ein. MFG bekam von der FPÖ 16.000 Stimmen, von der ÖVP 15.000, von der SPÖ 8.000 und von den Grünen 6.000 Stimmen.
Waidhofen/Ybbs
Mit 17 Prozent zieht MFG in den Gemeinderat ein, die ÖVP verliert 19 Prozentpunkte (von 60 %
auf 41 %).
51 Gemeinden in Tirol
In vier Wochen bei der Gemeinderatswahl in Tirol tritt MFG in mehr Gemeinden an als die Grünen.
Eindeutig ist die Herkunft der MFG-Wählerschaft nicht. In Oberösterreich kamen laut der SORA-Untersuchung 15.000 Stimmen von der ÖVP, 16.000 von der FPÖ, 8.000 von der SPÖ und 6.000 von den Grünen.
In Waidhofen hingegen musste vor allem die ÖVP bluten. Impfgegner gibt es in allen Parteien, sagt Ogris. Aber es gibt ein gemeinsames Merkmal: „Je peripherer die Gegend und je weiter weg von der nächsten Universität, umso eher fallen Verschwörungstheorien auf fruchtbaren Boden.“
Einigende Person fehlt
Die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle ist überzeugt: „Corona wird gehen, die Unzufriedenheit wird bleiben.“ Sie glaubt aber nicht, dass MFG dieses Potenzial wird heben können. „Jetzt eint sie ein Thema. Aber ich sehe nicht, wie daraus eine neue Partei werden kann. Es gibt auch keine Person, hinter der man sich sammeln könnte, so wie das bei Frank Stronach oder Peter Pilz der Fall war.“
Die Impfgegner haben die Unzufriedenheit sichtbar gemacht, meint Stainer-Hämmerle. Dadurch hätten die anderen Parteien nun Gelegenheit, darauf zu reagieren.
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