Wie Gewessler für mehr Windräder sorgen will
Wenn es um Windräder geht, zeigt sich Österreichs Föderalismus von seiner kreativsten Seite. Im Burgenland, in Niederösterreich und der Steiermark ist die Windkraft halbwegs ausgebaut. Kärnten hingegen, das laut der IG Windkraft bis 2030 rund 140 Windräder aufstellen könnte, verhindert man das mit folgender Regelung: Diese müssen 25 Kilometer von Siedlungen entfernt stehen. Folgerichtig gibt es in Kärnten nur zwei Windräder.
Schauplatz Oberösterreich: Die ÖVP-Gemeinde Vorderweißenbach, nahe des tschechischen Kernkraftwerks Temelin, würde gerne ihren Windpark ausbauen – im zivilisationsfernen Wald. Bürger und Bürgermeister sind dafür, doch die schwarz-blaue Landesregierung hat für jene Flächen in Oberösterreich, wo genügend Wind wehen würde, de facto einen Windkraftbaustopp verhängt.
„Die derzeit unüberwindbaren Hürden, die höher als jedes Windrad sind, werden aufrecht erhalten“, sagt OÖ-Landesrat Stefan Kaineder (Grüne). Er ist in Oberösterreich für Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) verantwortlich.
Drei Neuerungen
Stichwort UVP: Auch, um die beschriebenen Szenarien zu verhindern, will das Klimaschutzministerium von Leonore Gewessler (Grüne) das UVP-Gesetz novellieren. Die Begutachtungsfrist zur Novelle endete am Montag. Welche konkreten Änderungen sind geplant?
Einerseits soll es einfacher werden, Flächen für Windparks zu gewinnen. Das betrifft vor allem Bundesländer, die über keine ausreichende „Energieraumplanung“ verfügen – also zuvorderst den Westen. Dort braucht es eine Widmung der Gemeinde und eine Genehmigung des Landes für Flächen, auf denen ein Betreiber Windräder errichten will. Der Entwurf des UVP-Gesetzes sieht folgenden Schritt vor: Hat ein Bundesland keine Energieraumplanung, kann das Windrad auch ohne Flächenwidmung errichtet werden.
Ob der Standort umwelttechnisch geeignet ist, wird dann im nächsten Schritt überprüft: dem UVP-Verfahren. Die Hoffnung hinter diesem Schritt: Dass alle Bundesländer eine ernst zu nehmende Energieraumplanung vornehmen. „Es ist kein Aushebeln der Qualität der Projekte, aber die Bundesländer können sie nicht blockieren, indem sie keine geeigneten Zonen ausweisen“, sagt Martina Prechtl-Grundnig vom Dachverband für Erneuerbare Energie Österreich.
Zudem will Gewessler die Verfahren beschleunigen. In mehreren Ländern wird gleich mehrmals überprüft, ob das Windrad ins Landschaftsbild passt. Wurde das Landschaftsbild bei der Energieraumplanung geprüft, soll das in Zukunft ausreichen. Was die Grünen auch ändern wollen: Die Energiewende soll im UVP-Gesetz ein besonders hohes öffentliches Interesse bekommen. Beschwerden sollen keine aufschiebende Wirkung mehr haben, um den Ausbau Erneuerbarer Energien zu beschleunigen.
Breite Kritik
In den 30 Stellungnahmen zur Novelle gibt es eine breite Front an Kritikern. Kernvorwurf: Der Umweltschutz gehe zulasten der Energiewende.
Fragen des Bodenschutzes würden nicht ausreichend berücksichtigt, irreversible Eingriffe in Ökosysteme könnten zu schnell vorgenommen werden, kritisieren Sozialpartner und Umweltschützer. Außerdem mangle es derzeit vielen Landesbehörden an Personal, um Bauprojekte abzuarbeiten.
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