Budget 2023 "hart wie noch nie": Wie die Krisen in der Staatskasse wüten
Kommende Woche legt Finanzminister Magnus Brunner das Budget für 2023 vor. Es ist das härteste, an das sich Experten erinnern können. Der Finanzspielraum für die Politik wird künftig kleiner.
Oktober ist traditioneller Budgetmonat. Und so wird der Finanzminister auch heuer, genauer gesagt, am kommenden Mittwoch, dem Nationalrat das Budget für das nächste Jahr zur Beschlussfassung vorlegen.
Das war es dann aber auch schon mit der Routine. Denn diese heurige Budgeterstellung war die härteste, an die sich selbst langgediente Mitarbeiter des Finanzministeriums erinnern können.
Die mannigfaltigen Krisen würfeln auch das Finanz- und Steuersystem durcheinander, und die Ausschläge werden immer heftiger. Die Folgen des „Ölpreisschocks“ in den 1970er-Jahren, an den heute wegen des autofreien Tags gern erinnert wird, nehmen sich läppisch aus im Vergleich zu den tiefen Kerben, die die Finanzkrise und die Corona-Pandemie in die Konjunktur geschlagen haben.
Und nun stellt der Krieg erneut vieles auf den Kopf.
Zu den ungewollten Ausgaben kommen strukturelle Reformen der türkis-grünen Bundesregierung hinzu, die den Staatshaushalt nachhaltig verändern.
Kurz gesagt: Aus budgetärer Sicht brechen für die Politik raue Zeiten an.
Aber der Reihe nach.
Der lange Schatten der Corona-Pandemie
Die Pandemie wirft auch auf das Budget 2023 noch ihren Schatten. Sie hat in der Staatskasse kräftig gewütet. 46 Milliarden hat der Bund zur Bekämpfung der Krankheit und deren wirtschaftlicher Folgen ausgegeben. Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt eines Jahres beträgt etwas mehr als 100 Milliarden.
Nur ein Bruchteil der 46 Covid-Milliarden waren Haftungen und Steuerstundungen, die nun langsam wieder hereintröpfeln. Der große Rest erhöht die Staatsschulden, die sich inzwischen in Richtung 400 Milliarden türmen.
Als man heuer endlich aus Covid hinauswuchs, zündete Putin den Krieg gegen die Ukraine an. Seither hängt wieder alles in der Luft: Die Wirtschaftsforscher mussten mehrfach ihre Prognosen revidieren, die Budgetisten im Finanzministerium mehrere Haushaltsentwürfe kübeln.
„Wir leben in wirtschaftlich wirklich herausfordernden Zeiten“, bemerkt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). „Die russische Aggression hat die wirtschaftliche Volatilität massiv erhöht. Prognosen ändern sich laufend, und die Einnahmen- und Ausgabensituation des Staates wird instabiler. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Budgeterstellung.“
Die größte Hilfe für den Staatshaushalt in dieser instabilen Situation ist der extrem starke Arbeitsmarkt. Noch nie gab es so viele Beschäftigte in Österreich, und die Wirtschaft könnte noch viel mehr beschäftigen: Fast alle Branchen stöhnen unter drückendem Arbeitskräftemangel.
Selbst im kommenden Jahr, in dem die Wirtschaftsforscher mit einem Absturz der Konjunktur von heuer 4,8 Prozent Wachstum auf ein Mini-Plus von 0,2 Prozent rechnen, dürfte die Netto-Arbeitslosigkeit laut Expertenprognosen um nur rund 35.000 Menschen steigen.
Bei Zinsen nicht mehr in Liga mit Deutschland
Die Staatsschulden rücken wieder in den Blickpunkt. Zwar sinkt die Schuldenquote im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt, weil das BIP aufgrund der Inflation nominell massiv wächst. Aber: Die Zinszahlungen steigen kräftig und belasten das jährliche Budget. Österreich spielte beim Rating seiner Staatsschulden immer in der gleichen Liga wie Deutschland. Das hat sich geändert, nun liegen die Niederlande, Belgien und Frankreich vor Österreich, das auf Platz 5 der Eurozone abgerutscht ist.
Ähnlich wie in England haben sich auch in Österreich die Ratingagenturen für das Steuersenkungsprogramm der Regierung interessiert. Die britische Premierministerin Liz Truss hat ihre ehrgeizigen Steuersenkungspläne zurücknehmen müssen, um die Finanzstabilität nicht zu gefährden. In Österreich sind die Eingriffe der Regierung ins System zwar weniger massiv, sie werden dennoch bleibende Auswirkungen haben. Diese lassen sich so zusammenfassen: Der Spielraum der Politik beim Geldausgeben wird in Zukunft deutlich geringer sein als bisher. Dies aus zwei Gründen.
Automatik bei Ausgaben, Bremse bei Einnahmen
Die Ausgaben werden automatisiert steigen: Künftig werden großflächige Sozialleistungen wie die Familienunterstützung automatisch inflationsangepasst. Das allein wird sich bis zum Jahr 2026 auf 900 Millionen summieren. Dazu kommt die künftig alljährliche Valorisierung des Pflegegeldes und der 24-Stunden-Pflege.
Die Dynamik von Einnahmen wird automatisch gebremst: Ab 2023 wird die kalte Progression automatisch abgegolten. Dabei verzichtet der Finanzminister auf die zusätzliche Besteuerung von Lohn- und Gehaltssteigerungen bis zu einer von Experten festgelegten Inflationsrate. Die „warme“ Progression bleibt bestehen. Wenn ein Lohn um acht Prozent steigt, und die Inflation liegt wie im kommenden Jahr bei 5,2 Prozent, so werden die restlichen 2,8 Prozent Lohnsteigerung wie bisher progressiv besteuert.
Beide Automatismen – höhere Sozialleistungen und weniger Steuern – sind sehr populär, und es wird wohl keine Regierung wagen, sie wieder zurückzunehmen. Daher kann man von einer dauerhaften Einschränkung des Budgetspielraums ausgehen – der im Übrigen auch die Bundesländer und Gemeinden treffen wird, die sich aus einem Drittel der Bundeseinnahmen alimentieren.
Gute Nachricht für den Fiskus: die Umsatzsteuer
Es gibt auch gute Nachrichten für den Fiskus: Die Umsatzsteuer dürfte deutlich ansteigen, weil sie mit den höheren Preisen mitwächst.
Die Mineralölsteuer hingegen bemisst sich pro Liter und nicht nach dem Preis, sie ist eine Mengensteuer. Bis jetzt ist aber der Spritverbrauch trotz exorbitanter Preise nicht in dem Ausmaß gesunken, wie man annehmen könnte. Die Mobilität war wegen Covid deutlich mehr eingeschränkt als jetzt durch den teuren Sprit.
Trotz des russischen Kriegs gegen die Ukraine läuft das heurige Jahr erstaunlich gut. Minister Magnus Brunner: „Positiv ist, dass wir in Österreich heuer eine der höchsten Wirtschaftswachstumsraten in ganz Europa haben und daher auf einer guten Basis aufbauen können. Gleichzeitig schwächt sich diese konjunkturelle Erholung ab. Deshalb setzen wir bestmöglich Maßnahmen, um trotz der steigenden Unsicherheit Haushalte und Unternehmen zu unterstützen.“
Der Staat kann nicht mehr alles ausgleichen
„Koste es, was es wolle“ gilt laut dem Finanzminister jedenfalls nicht mehr. „Es ist klar, dass die gesamten Kosten steigender Preise nicht von der Politik aus der Welt geschafft werden können, sondern dass nur die Auswirkungen abgeschwächt werden können.“
Trotz schwieriger budgetärer Voraussetzungen will Brunner Schwerpunkte setzen: „Wir werden im kommenden Budget in wichtige Zukunftsprojekte investieren, etwa in die Stärkung des Bundesheeres oder in die Transformation und den Ausbau der Pflege.“
Kommentare