Was zur eigentlichen, zur zentralen Frage führt, nämlich: Worauf legen sie’s weiter an, die Koalitionsparteien? Liegt diese Regierung möglicherweise in den Endzügen?
Wer sich am Dienstag mit relevanten Vertretern der Regierungsparteien unterhielt, der bekam in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Antworten. So heißt es in der ÖVP-Bundespartei, die Stimmung in der Koalition sei „noch immer um ein Vielfaches besser als 2015, 2016 in der Großen Koalition“. Und auch die Gesprächsbasis in den Jour-Fixe-Runden, also in den Sitzungen, in denen die zweite Reihe der Parteien miteinander verhandelt, sei „unverändert gut“.
Diese Einschätzung deckt sich weitgehend mit den Schilderungen des kleineren Koalitionspartners.
Mehr noch: Grüne Entscheidungsträger sehen über Unfreundlichkeiten von Türkisen wie Elisabeth Köstinger („Ich halte überhaupt nichts von den Wortmeldungen des Gesundheitsministers!“) hörbar wohlwollend hinweg – die Emotion der Ministerin erkläre sich eben durch die anhaltende Enttäuschung über den erzwungenen Rücktritt des Sebastian Kurz.
Das demonstrative Verständnis des Juniorpartners ist wohl auch der Tatsache geschuldet, dass der in der Krise zentrale grüne Minister – Wolfgang Mückstein – nach wie vor nicht in seine Rolle gefunden hat. Er trägt aus vielen Gründen dazu bei, dass die Außenkommunikation nur in überschaubarem Maße überzeugt.
Das wissend und die steigende Dramatik der Epidemie täglich vor Augen habend, haben sich der Kanzler und der Gesundheitsminister am Dienstagvormittag zu einem klärenden Gespräch getroffen, man beriet die nächsten Schritte.
Eines der Ergebnisse war dem Vernehmen nach die rhetorische Deeskalation.
Und die passierte schon Stunden später: Als die Freiheitlichen am Nachmittag im Parlament einen „Dringlichen Antrag“ zu der aus ihrer Sicht völlig missglückten Corona-Politik der Regierung stellten, nutzte der ÖVP-Kanzler die Gelegenheit für zwei Dinge: Er sprach in seiner Rede die eigenen Defizite an. Ja, in der Kommunikation sei nun wahrlich „Klarheit gefordert“, sagte Schallenberg. Und er wurde wenig später auch Verbindendes in Richtung Mückstein los: Was die vom Grünen ins Spiel gebrachten Verschärfungen anging, sagte der gelernte Diplomat Schallenberg: „Dort, wo es nötig ist, werden wir bei den Maßnahmen nachschärfen.“
Dem Vernehmen nach sind also ÖVP wie Grüne bemüht, die Wogen zu glätten und Ruhe ins Koalitionsgetriebe zu bringen.
Ob das gelingen kann, wird sich schon am Mittwoch zeigen. Denn es ist Ministerrat. Und nach all den öffentlich ausgerichteten Unfreundlichkeiten ist dies das erste Mal, dass die Teams von Türkis und Grün in einem Raum aufeinandertreffen.
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