Wie die Kirche aus Geldnot spart, und dennoch ihre Hilfsmission erweitert
Die profanen Dinge des irdischen Lebens können ziemlich mühsam sein. Wie jedermann muss sich auch die katholische Kirche mit den Folgen der Teuerung herumschlagen. In der Erzdiözese Wien hat dies die empfindliche Verschärfung des seit Jahren laufenden Sparprogramms zur Folge. Das sagt der Generalvikar der Erzdiözese, Nikolaus Krasa, im Gespräch mit dem KURIER.
Konkret müssen die jährlichen Ausgaben von derzeit 140 Millionen Euro um fünf Prozent gekürzt werden. Denn es tut sich eine Schere auf: Die Inflation beträgt 8,6 Prozent, und die Kirche trifft das sowohl in ihren Personal- wie in den Sachkosten, etwa im Baubudget.
Andererseits will man die Kirchenbeiträge, die 110 Millionen zu den jährlichen Ausgaben beisteuern, nicht um die volle Teuerung erhöhen, sondern im Schnitt um nur drei Prozent. Denn viele Menschen kämpfen ohnehin schon mit den täglichen Ausgaben, und außerdem hängt der aktuelle Rekord an Kirchenaustritten wohl auch mit Sparmaßnahmen in den Privathaushalten zusammen.
Die Teuerung trifft die Kirche also doppelt: Höhere Ausgaben, geringere Einnahmen.
Demografie schlägt zu
Hinzu kommt der demografische Wandel. Jahr für Jahr sterben mehr Kirchenmitglieder, als neue getauft werden. Bisher ging es sich immer noch so aus, dass die Einnahmen aus den Kirchenbeiträgen zumindest nominell um ein Prozent wuchsen. Ab dem kommenden Jahr werden sie sinken.
Dabei läuft in der Erzdiözese seit Jahren ein Sparprogramm, das auf schlankere Strukturen abzielt. Die Zahl der ursprünglich rund 660 Pfarren wurde durch Zusammenschlüsse und Kooperationen reduziert. Richtig Geld gebracht hat das Abspecken bisher jedoch nicht, dazu sei der Prozess noch nicht weit genug fortgeschritten.
Der Generalvikar betont, es gehe nicht nur um Geld. Im Zentrum stehe ein Auftrag, den Kardinal Christoph Schönborn bereits Anfang der 2000er erteilt hat: „Wir sollen uns auf unsere Mission besinnen, indem wir den Menschen von Gott erzählen, der alle liebt und mit ihnen ist. Und wie man dieses Gottvertrauen in der heutigen Zeit – mehr durch Taten als durch Worte – spürbar und anziehend machen kann. Also Missionare im besten Sinn zu sein.“
Daran sollen sich die Strukturen der Kirche anpassen. „Im Zentrum steht die Seelsorge und nicht, Gebäude zu erhalten“, sagt Krasa.
Das Zusammenlegen kleinerer Pfarren zu größeren Gemeinden hat auch zu neuen Kontaktformen geführt. Bei der neuen Pfarre „Zur frohen Botschaft“ im 4. Bezirk etwa haben sich die kleinen Kirchenchöre für Großaktionen zusammen geschlossen, für „coole Flashmobs“ oder Konzerte in der Karlskirche, erzählt der Generalvikar.
„Gut, dass es euch gibt“
Geradezu „explodiert“ sei die Aktion „Wärmestube“. Das ursprüngliche Einzelprojekt gibt es bereits in 38 Pfarren. Es ist eine Anlaufstelle für Obdachlose und Menschen, die es zu Hause nicht mehr aushalten, sei es, weil sie sich das Heizen nicht leisten können, weil sie einsam sind oder aus anderen Gründen nicht zurechtkommen.
Überhaupt wandle sich das Klientel zunehmend. Wurde früher hauptsächlich für Entwicklungshilfe gespendet, kommen heute immer mehr Menschen, die selbst Hilfe brauchen. Es kommen auch mehr Helfer, insbesondere in Zusammenhang mit Flüchtlingsbetreuung. „Menschen, die nicht in erster Linie Katholiken sind, kommen und sagen: Gut, dass es euch gibt. Kann ich irgendwie helfen?“, erzählt Michael Prüller, Kommunikationschef der Erzdiözese.
Dass diese Art von Engagement mit klassischen Gottesdiensten, Messen lesen und beten nicht viel zu tun hat, beantwortet Prüller so: „Die Caritas, die Nächstenliebe, gehört zum Wesen des Christseins. Das kann man nicht weglassen.“
Personal
Die Erzdiözese Wien umfasst Wien, das Weinviertel und das Industrieviertel. Es sind dort 800 Priester und 200 Pastoralassistenten tätig.
Strukturreform
Die ursprünglich rund 660 Pfarren wurden zusammengefasst in: 23 große Pfarren mit Teilgemeinden; 60 Pfarrverbände; 19 lose verbundene Seelsorgekooperationen. 37 Pfarren sind noch nirgends angedockt.
Budget
140 Millionen gibt die Erzdiözese jährlich aus. Bis 2026 will sie 5 % einsparen. 110 Millionen bringt der Kirchenbeitrag.
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