Wie Corona das Sozialsystem befällt: Krankenkassen im Minus, Pensionen ausgeglichen
Der Dachverband der Sozialversicherungsträger hat am Montag eine Gesamt-Bilanz-Prognose für 2020 vorgelegt. Wie erwartet fällt diese negativ aus: Coronabedingt wird über alle fünf Sozialversicherungsträger hinweg ein Minus von 619 Mio. Euro erwartet. Am Mittwoch starten nun Gespräche über einen finanziellen Ausgleich durch den Bund.
Für heuer weist die Prognose allein für die Krankenversicherungen zusammen ein Minus von 558 Mio. Euro bei einem Gesamtbudget von 20,2 Mrd. Euro aus, so aus Ingrid Reischl, Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger. Verglichen mit dem Voranschlag (-216 Mio.) hat sich das erwartete Bilanzergebnis damit um 342 Mio. Euro verschlechtert. Ein Grund dafür sei hier in der Corona-Krise zu finden.
Beitragswachstum trotz Krise
Sei man im Voranschlag 2020 noch von einem Beitragswachstum von 4,1 Prozent ausgegangen, zeige sich aktuell ein Wachstum von nur 1,1 Prozent, hieß es. Der Entfall an Beitragseinnahmen beläuft sich damit auf rund 512 Mio. Euro; der Großteil davon, nämlich 427 Mio. Euro, entfällt auf die ÖGK.
Gleichzeitig steigen die Ausgaben. Die Entwicklungen bei den Medikamenten (+4,7 Prozent) sei besorgniserregend, hieß es beim Dachverband.
„Die vollen Auswirkungen der Covid-Krise werden voraussichtlich erst ab Herbst schlagend - aktuell wurden Forderungen gestundet, durch eine mögliche Insolvenzwelle Ende des Jahres kann es daher zu weiteren Beitragsausfällen kommen“, befürchtete Reischl.
Am Mittwoch beginnt nun Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) mit Gesprächen mit den Kassen, zunächst mit der ÖGK. Für Reischl muss dabei das Ziel sein, durch Covid entstandene Belastungen von der Regierung ersetzt zu bekommen.
Die Unfallversicherungen werden das Jahr 2020 laut Dachverband voraussichtlich mit einem Minus von 55 Mio. Euro abschließen. Die Auswirkungen von Covid-19 zeigten sich hier insbesondere in der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA).
Pensionsversicherung ausgeglichen
In der Pensionsversicherung wird laut Dachverband ein Anstieg der Pensionsleistungen um 5,7 Prozent auf 41,6 Mrd. Euro im Jahr 2020 erwartet. Die Beitragseinnahmen steigen - wie in der Krankenversicherung - um 1,1 Prozent. 2019 waren es noch 5,3 Prozent. Das erwartete Defizit liegt bei minimalen 5,1 Mio. Euro.
Auch der Rechnungsabschluss für 2019 wurde vorgelegt. Demnach lag das Ergebnis der Krankenversicherungsträger im Vorjahr bei einem Minus von 118 Mio. Euro, und zwar bei einem Gesamtbudget von rund 20 Mrd. Euro. Die Versicherungsleistungen stiegen um 931 Mio. Euro (+5,1 Prozent) gegenüber dem Vorjahr an.
Größter Ausgabenblock war der Spitalsbereich mit 5,2 Mrd. Euro und einem Anstieg um 5 Prozent. Das größte Wachstum im Leistungsbereich verzeichnete hingegen der Bereich der ärztlichen Hilfe und gleichgestellten Leistungen mit einem Anstieg um 6,4 Prozent auf über 5 Mrd. Euro. Der Verwaltungsaufwand betrug 524 Mio. Euro (+7,2 Prozent). Infolge der guten Wirtschaftslage im Vorjahr stiegen die Beitragseinnahmen um 4,0 Prozent auf 16,6 Mrd. Euro.
In der Pensionsversicherung wurde das Jahr 2019 über alle Träger mit einem positiven Bilanzergebnis von knapp 2 Mio. Euro abgeschlossen. An Pensionsleistungen wurden 39,4 Mrd. Euro ausbezahlt.
In der Unfallversicherung konnte mit einem leichten Plus von 8 Mio. Euro bilanziert werden. Es zeigte sich insbesondere ein Rückgang der Beitragseinnahmen um 2,2 Prozent aufgrund der Reduktion des Beitragssatzes von 1,3 auf 1,2 Prozent.
SPÖ fordert Ausfallshaftung des Bundes
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner fordert angesichts der prognostizierten Budget-Lücke der Sozialversicherungsträger wegen der Corona-Krise eine Ausfallhaftung des Bundes, die Regierung müsse sofort entsprechende Gespräche führen. „Unser Gesundheitssystem darf nicht selbst zum Patienten werden“, meinte Rendi-Wagner in einer Stellungnahme am Montag. Die ÖVP konterte, die Forderung nach einer Ausfallshaftung sei "Panikmache".
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