Kogler im Sommergespräch: "Da kann ich zur grantigen Hochform auflaufen"

Kogler im Sommergespräch: "Da kann ich zur grantigen Hochform auflaufen"
Der Vizekanzler setzt im ORF-Sommergespräch voll auf das Thema Klimaschutz. Er vertraut Lena Schilling weiterhin und war heuer noch nicht in der Kirche.

Als zweiter Spitzenkandidat bei der Nationalratswahl war Montagabend Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) beim ORF-Sommergespräch zu Gast. Dass Wiens Bürgermeister Wahlkämpfe einmal als Zeit fokussierter Unintelligenz bezeichnet, kommentiert der Grünen-Chef eingangs so: "Ich kenne auch welche, die außerhalb von Wahlkämpfen fokussiert ohne Intelligenz sein können." 

Danach verlagert sich der Fokus des Gesprächs auf teils detaillierte sachpolitische Fragen. Aber auch auf ein für ORF-Moderator Martin Thür sehr persönliches Thema, bei dem Kogler sich im Nachhinein selbst "Unintelligenz" attestiert.

Gesundheitssystem "im Vergleich mit anderen Ländern" gut

Erster Punkt: Gesundheit. Dass es derzeit ein großes Problem sei, ein Termin beim Kassenarzt zu bekommen, will Kogler nicht daran festmachen, dass die Grünen viereinhalb Jahre den Sozialminister gestellt haben: "Es werden viele Maßnahmen gesetzt, die einmal alte Versäumnisse wegräumen soll."

Werner Kogler (Grüne) im Sommergespräch

Kogler nennt etwa den Ausbau von Primärversorgungszentren als türkis-grüne Initiative. Gesundheitsminister Johannes Rauch habe bewiesen, dass er sich auch mit der Ärztekammer anlege.

Wann gibt es wirklich "leistbare medizinische Versorgung für alle", wie es im Programm der Grünen steht? Österreichs Gesundheitssystem funktioniere "im Vergleich mit anderen Ländern" immer noch gut und gehöre nicht zu den teuersten, meint Kogler.

Keine Ansage beim Zankapfel Migration

Es folgt "Terror". Die Absage der Taylor-Swift-Konzerte in Wien, aufgrund der Terrordrohung eines Ternitzers mit Migrationshintergrund, tue Kogler leid. "Wir Grüne haben immer ganz klar gesagt: Wer nach Österreich kommt, muss sich an die Hausordnung halten und die Sprache möglichst rasch lernen." 

Es gebe in Österreich eine Verfassung und Regeln, an die sich Ausländer und Inländer zu halten hätten. "Das war aber ehrlicherweise noch nie anders."

Grüne bewegen sich bei Überwachung von Messengerdiensten

Die ÖVP hat infolge der Terrordrohung ihren Vorstoß, dass der Staatschutz auch Messengerdienste überwachen darf, wiederholt. Laut Verfassungsgerichtshof (VfGH) sei die Überwachung von Kommunikation über Messenger "grundsätzlich tabu", so der Vizekanzler. Einen laut Verfassungsdienst rechtmäßigen Gesetzesentwurf des Innenministeriums blockieren wiederum die Grünen seit Monaten. 

Kogler spricht von einer "schwierigen Abwägung" und berechtigten Bedenken. "Wie organisieren wir, dass es genau um die Messengernachrichten geht, die abgefangen werden sollen? Wie wird garantiert, dass nicht auch ohne weiteres alles abgegriffen werden kann?"

Dennoch verkündet er: "Wir haben heute, auch mit meinem Zutun und in Absprache mit unserer Fraktion, den Vorschlag gemacht, den vorliegenden Entwurf in Begutachtung zu schicken." Nun seien Juristen, Verfassungsrechtler und Datenschützer an der Reihe, den Entwurf zu diskutieren. Eine öffentliche Diskussion könne starten. 

"Mehrheiten gewinnen, nicht nerven"

Das nächste Thema kommt Kogler gelegener: Klimaschutz. Die Auflösung der Klimaaktivisten der "Letzten Generation" stimmt Kogler zumindest nicht traurig. Auf der Straße festkleben, Kunstwerke anschütten: "Für die Sache war es immer ein Zielkonflikt, weil es schon so ist, dass man für eine Demokratie Mehrheiten gewinnen muss und nicht nerven."

Gravierend genervt war die ÖVP von der verfassungsrechtlich umstrittenen Zustimmung von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) zur EU-Renaturierungsverordnung. Die Mehrheit sei jedenfalls für die Renaturierung, so Kogler. Und: "Die ÖVP ist, bei allen vergangenen Wahlerfolgen, nicht die Mehrheit in Österreich."

Beim Klimaschutz "voll auf Kurs"

Aber sind die Grünen noch ein verlässlicher Koalitionspartner? Immerhin hat Gewessler auch den Bau des Lobautunnels abgesagt und den Nationalen Klimaplan (NEKP) im Alleingang nach Brüssel geschickt. Kogler verweist auf die Fortschritte im Kampf gegen den Klimawandel in der türkis-grünen Koalition. "Die Emissionen gehen massiv zurück. [...] Wir sind schneller als wir selber erwartet haben. Wir sind voll auf Kurs."

Ganz viel sei gelungen, es müsse aber noch mehr passieren - etwa beim Netzausbau oder beim Ausstieg aus russischem Gas. Die Abhängigkeit von Russen-Gas hätten Österreich Vorgängerregierungen eingebrockt: "Da kann ich eh immer zur grantigen Hochform auflaufen", ärgert sich Kogler.

Kogler gegen schärfere Terrorgesetze

Bei Schilling wird es persönlich

Gegen Ende spricht Thür eben noch ein Thema an, das ihn selbst betrifft, was er in der Frage offenlegt: Lena Schilling, EU-Spitzenkandidaten der Grünen, hat Lügen über Dritte verbreitet - eben auch über Thür. 

Die Vorwürfe gegen Schilling kommentierte Kogler in einer ersten Reaktion bekanntlich als "anonymes Gemurkse und Gefurze". Später entschuldigte er sich für die Formulierung. Auch im Sommergespräch nennt er das "unpassend" und "unintelligent". Ja, in einigen Punkten habe Lena Schilling Fehler gemacht, es tue ihr leid, so Kogler. Ob die 23-Jährige weiterhin sein volles Vertrauen habe? "Ja."

Der Umgang mit der Affäre "Schilling"

Neuauflage von Regierung mit der ÖVP?

Ob die Grünen noch einmal mit der Volkspartei koalieren wollen? Zuerst gehe es einmal darum, dass die Grünen weiterhin "eine zentrale Rolle" spielen, betont Kogler. Klimaschutz mache "niemand außer uns. Klimaschutz kriegst du nur mit Grün."

Sollten die Grünen nach der Wahl dennoch in der Opposition landen, werde er "durchaus auch" weiterhin "Klubobmann sein können", sagt Kogler.

Fragen in Zahlen

Bei einer Reihe kurzer Abschlussfragen befolgt Kogler noch pflichtbewusst das achte Gebot ("Du sollst nicht Lügen!"): Er gibt zu, heuer noch nicht in der Kirche gewesen zu sein.

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