Positionen-Check: Was sagen die Parteien zur Erbschaftssteuer?

Nur wenige Erben erben ein Schloss.
Seit 2008 gibt es in Österreich keine Erbschaftssteuer mehr. Wie die Parteien vor der Nationalratswahl 2017 zu einer Wieder-Einführung stehen und woher die Idee eigentlich stammt.

Erbschaftssteuern gelten als eine der historisch ältesten Steuerformen. In Österreich gibt es aber seit 2008 keine. Die rot-schwarze Regierung konnte sich durch ein kategorisches Nein der ÖVP auf kein neues Gesetz einigen, um das vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene alte zu ersetzen. Damit ist Österreich ein Ausreißer aus der westlichen Welt. In der Europäischen Union haben 19 von 28 Staaten eine Form von Erbschaftssteuer.

Die Idee einer modernen Erbschaftssteuer stammt eher aus dem klassisch liberalen Gedankengut - und ist etwa beim britischen Philosophen John Stuart Mill oder auch bei Adam Smith zu finden. Sozialistische Vordenker waren hingegen eher keine großen Befürworter, was schon damit zu erklären ist, dass eine Erbschaftssteuer die Akzeptanz von Privateigentum voraussetzt. Das wollten Marx & Co. zumindest nicht uneingeschränkt zulassen. Umso bemerkenswerter, dass die tendenziell wirtschaftsliberalen Parteien (nicht nur) in Österreich heute gegen eine Erbschaftssteuer sind, sich die tendenziell linken Parteien aber dafür aussprechen.

Sehr vorsichtige Vorschläge

"Es gibt seit 30 bis 40 Jahren einen gesellschaftlichen Trend gegen Erbschaftssteuern", sagt Martin Schürz gegenüber kurier.at. Schürz ist derzeit Fellow am Institut für Wissenschaft vom Menschen (IWM) und hat zum Thema Erbschaften ausführlich geforscht und publiziert. Er beurteilt sogar die Vorschläge der Befürworter angesichts der Freibeträge als sehr vorsichtig. "Die Vorschläge gehen nicht einmal so weit, wie das reale deutsche Modell. Und schon Deutschland geht nicht sehr weit", sagt er. Eine ernsthafte Gerechtigkeitsdebatte werde so eigentlich nicht geführt. Er verweist auf die vergleichsweise starke Besteuerung von Leistungseinkommen aus Arbeit. Die Steuer sei wohl einfach unpopulär.

Das stimmt so pauschal vielleicht gar nicht. In einer Umfrage im Profil Anfang Juli sprachen sich 56 Prozent der Befragten prinzipiell für eine Erbschaftssteuer aus. Aber die Zustimmung sinkt mit der besteuerten Höhe. 24 Prozent konnten dem SPÖ-Vorschlag (ab 1 Mio. Euro) etwas abgewinnen, 16 Prozent schon dem Grünen-Vorschlag (ab 500.000 Euro). Nur 13 Prozent setzen früher an und könnten demnach mit dem KPÖ-Vorschlag (ab 200.000 Euro) etwas anfangen.

Warum das so ist, ist über den tatsächlichen Eigennutz nicht zu erklären. Der Median des Haushalts-Nettovermögens der Österreich (also das, von dem 50 Prozent der Österreicher weniger und 50 Prozent mehr haben), liegt laut den Daten von Schürz bei 86.000 Euro. Nur etwa 35 Prozent haben über 200.000 Euro. Zehn bis elf Prozent kommen auf 500.000 Euro. Nur drei bis vier Prozent der Haushalte besitzen eine Million Euro.

Kaum Betroffene und keine Härten zu erwarten

Dazu kommt, dass erhaltene Erbschaften und die daraus abgeleitete Steuer individuell bemessen würden. In einem Haushalt leben laut Statistik Austria aber durchschnittlich 2,22 Personen. All diese Zahlen dürften also noch viel zu hoch sein. Von den im Wahlkampf vorgebrachten Vorschlägen wären nur wenige und auch nur sehr wohlhabende Menschen betroffen. Trotzdem könnten dabei beträchtliche Summen zustande kommen. In Deutschland kämen 14 Prozent des transferierten Volumens von nur 0,08 Prozent der Bevölkerung - wobei es auch in Deutschland viele Ausweichmöglichkeiten gäbe, sagt Schürz.

Die größten Erbschaften würden laut seinen Erkenntnissen in Österreich die Nachkommen (Kinder sind das meistens nicht mehr, meist erbt man im Alter zwischen 50 und 60) von Unternehmern und Landwirten bekommen. Diese seien in vielen Modellen aber oft auch noch von der Erbschaftssteuer ausgenommen. Die Befürchtung, die dahinter steht: Betriebe könnten aufgegeben werden müssen, wenn die Steuer zu teuer wird. Beispiele dafür, dass das tatsächlich irgendwo geschehen sei, finden entsprechende Untersuchungen aber eigentlich nie, bemerkt Schürz. Es gebe schließlich Stundungsmöglichkeiten und Kredite.

Verwaltungsaufwand muss nicht hoch sein

Die Argumente, dass bei einer Erbschaftssteuer nichts zu holen sei und der Verwaltungsaufwand zu hoch, will Schürz nicht gelten lassen ("Eine Mär"). "Eine Erbschaftssteuer gab es schon im Antiken Rom", sagt er. Dementsprechend einfach könne man sich den Aufwand vorstellen. Es komme aber eben auf den tatsächlichen politischen Willen an. Je mehr Ausnahmen und Schlupflöcher und dadurch "Ausweichverhalten" man ermögliche, desto höher der Verwaltungsaufwand und desto geringer auch die tatsächlichen Einnahmen.

Laut einer IHS-Studie waren mit der abgeschafften alten Erbschaftssteuer 130 Finanzbeamte zu 25 Prozent ihrer Arbeitszeit beschäftigt. Das wären überschlagsmäßig gerechnet 33 Vollzeitstellen. Bei Gehaltskosten von 60.000 Euro pro Person im Jahr würde das etwa 2 Mio. Euro kosten. Eingebracht habe diese Steuer aber damals 110-150 Mio. Euro im Jahr. SPÖ und Grüne wollen mit ihren Modellen deutlich mehr lukrieren. Der demographische Wandel verspricht außerdem, dass sich das Volumen an Erbschaften in den nächsten Jahren deutlich erhöhen wird.

Nachgerechnet: 500 Millionen Euro über eine Erbschaftssteuer? Geht sich das überhaupt aus?

Einen Wunsch hätte Schürz an den Staat, egal ob die nächste Regierung Erbschaften besteuern wolle oder nicht: Man sollte die derzeit schlechte Datenlage deutlich verbessern. Das wäre ein wichtiger Beitrag, um das Thema überhaupt vernünftig debattieren zu können. Seine Forschung basiert - wie vieles in diesem Bereich - auf Haushaltsbefragungen, die gerade die wenigen sehr Reichen nur schwer erreichen.

Die Positionen der Parteien im Wahlkampf 2017

SPÖ Dafür. (Steuerstufen auf einem 30-jährigen, virtuellen Erbschafts-Konto: >1Mio. Euro - 25%, >5Mio. Euro - 30%, 10 Mio. Euro - 35%). (Details sind hier ab Seite 188 beschrieben.) Das soll die reichsten 2-3% betreffen und würde 500 Mio. Euro pro Jahr bringen. Die Einnahmen sollen für Pflegeausgaben zweckgebunden werden.
ÖVP Dagegen.
FPÖ Dagegen.
Grüne Dafür. (Steuerstufen pro Erbschaft: >500.000 Euro - 5%; >750.000 Euro - 15%, >1 Mio. - 25%, >10 Mio.- 35%.) Abschläge soll es für Partner (50%) und Kinder (25%) geben. Für Betriebsübergaben soll es höhere Freibeträgen und längere Stundungsmöglichkeiten (bis 25 statt 10 Jahre) geben. Das soll 2 bis 2,5 Mrd. Euro pro Jahr bringen und die reichsten 10% betreffen.
Neos Dagegen.
Pilz Dafür. (Steuerstufen pro Erbschaft: >500.000 Euro - 5%, danach progressiver Anstieg. Der Steuerseatz soll für "hohe Erbschaften der 1% Reichen" auf bis zu 30% klettern). Ausnahmen soll es für Eigenheime und Betriebsübergaben geben. Mit den 1,5 Mrd. erwarteten Einnahmen sollen die "Steuern für niedrige Einkommen" gesenkt werden.

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