Vergleich: In welchen Ländern erben noch etwas kostet

Vergleich: In welchen Ländern erben noch etwas kostet
19 der 28 EU-Staaten haben eine Erbschaftssteuer. In Österreich wurde sie 2008 abgeschafft – und ist seitdem Spielball der Parteien.

Nein, eine Erbschaftssteuer ist auch mit der FPÖ "sicher nicht" zu machen, neue Steuern seien ein absolutes No-Go. Deutlicher hätte Strache-Stellvertreter Johann Gudenus die Absage an die SPÖ vergangene Woche nicht formulieren können. Der Standpunkt der ÖVP ist ohnehin bekannt. Der damalige ÖVP-Chef Michael Spindelegger fand die Vorstellung, fürs Erben zahlen zu müssen, 2013 richtiggehend "krank".

Mit ihrer Forderung nach einer Erbschaftssteuer steht SPÖ also nach wie vor ziemlich alleine da (Grüne ausgenommen – aber mit denen ist laut aktuellen Umfragen keine Mehrheit drin).

In der Mehrheit der EU-Länder kostet erben

Im EU-Vergleich befinden sich die Sozialdemokraten jedoch in guter Gesellschaft. Frankreich, Deutschland, Italien, auch Großbritannien – überall Erbschaftssteuer. Insgesamt wird Erben in 19 der 28 EU-Ländern auf die eine oder andere Art besteuert.

In Estland etwa sind Erbschaften und Schenkungen pauschal mit 20 Prozent besteuert. Ähnliche Regelungen gibt es in Ungarn, Irland, Tschechien und Großbritannien. In Deutschland wiederum gibt es etwa für Ehegatten Freibeträge bis 500.000 Euro. Darüber hinaus werden – je nach Höhe des Erbes – sieben bis 30 Prozent fällig. Dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble brachte das im vergangenen Jahr sieben Milliarden Euro ein. Das entspricht einer Steigerung um 60 Prozent im Vergleich zu 2011.

Damit liegt Deutschland im Trend: In ganz Europa wird das Erbvolumen in den kommenden Jahren steigen. Das liegt allein schon an der demografischen Entwicklung. Die Babyboomer-Generation kommt ins Alter, die Wahrscheinlichkeit für Erbfälle wird größer.

Aber auch das Volumen der einzelnen Erbschaften selbst werde tendenziell größer, sagt Stefan Humer vom Forschungsinstitut Economics of Inequality der Wirtschaftsuniversität Wien. Humer hat 2014 in einer Modellrechnung die zu erwartenden Erbfälle für Österreich durchgerechnet. Sein Ergebnis: Bis 2040 wird das Erbvolumen um das Zweieinhalbfache im Vergleich zu 2010 steigen.

Schwierige Vergleichbarkeit

Was das Aufkommen der Erbschaftssteuer in der Relation zu anderen Ländern betrifft, sind internationale Vergleiche nicht ganz einfach. "Das BIP ist nur eine mäßig geeignete Bezugsgröße", sagt WIFO-Steuerexperten Margit Schratzenstaller-Altzinger. "Die bessere wäre das Volumen an Erbschaften und Schenkungen." Dafür gäbe es allerdings keine Daten - und schon gleich gar nicht im internationalen Vergleich.

Orientieren wir uns also an der Wirtschaftsleistung. Hier sind gesammelte Daten für 16 EU-Länder für das Jahr 2014 vorhanden. Die Belgier nahmen demnach mit 0,7 Prozent des BIP am meisten mit der Erbschaftssteuer ein. Frankreich (0,48 Prozent), Spanien (0,26 Prozent), Finnland (0,24 Prozent), die Niederlande (0,23 Prozent) und Großbritannien (0,21 Prozent) folgten. Die anderen zehn EU-Länder verbuchten maximal 0,2 Prozent des BIP an Einnahmen.

Hierzulande nahm der Fiskus 2007 (im Jahr vor der Abschaffung) über die Erbschaftssteuer noch 111,5 Millionen Euro ein – was damals 0,04 der Wirtschaftsleistung entsprach. 2004 waren es noch 0,08 Prozent. Die Schwankungen sind natürlich erklärbar. Gestorben – und vererbt – wird eben nicht nach Plan. Darauf weist im Gespräch mit dem KURIER auch die SPÖ-Zentrale hin: Die 500 Millionen Euro würden einen angestrebten Durchschnittswert über mehrere Jahre gerechnet darstellen (Details zum SPÖ-Modell finden Sie hier). Gerechnet am BIP 2016 wären das 0,14 Prozent der Wirtschaftsleistung. Im EU-Vergleich befindet man sich damit auf den hinteren Rängen.

Der historische Vergleich unter zwölf Ländern – auch hier ist die Datenlage wieder schwierig – zeigt, dass in zehn Ländern die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer seit 1980 stabil bis steigend sind; in zwei Ländern nehmen sie ab. Wobei das weniger am sinkenden Erbvolumen als an geänderten Steuersätzen liegt. "Langfristig wurden die Steuersätze im internationalen Vergleich eher zurückgenommen bzw. die Bemessungsgrundlage durch Ausnahmeregelungen und Begünstigungen zunehmend ausgehöhlt“, erklärt WIFO-Expertin Schratzenstaller-Altzinger.

In den vergangenen Jahren schafften neben Österreich auch Portugal (2003), Slowakei (2004), Schweden (2004) und Rumänien (2011) die Erbschaftssteuer ab. Was Reinvermögenssteuern betrifft, sind Frankreich und Spanien überhaupt die einzigen Länder in der EU, in denen es eine klassische Vermögenssteuer gibt.

Gleichzeitig empfehle die OECD Österreich schon seit Jahren, die Abgabenstruktur zu refomieren, sagt Stefan Humer. Der WU-Forscher sieht "durchaus noch Potenzial, Umschichtungen vorzunehmen". Wobei es nicht darum gehen dürfe, die Abgabenlast insgesamt zu erhöhen, sondern es müssten beschäftigungsfördernde Steuern gegen beschäftigungshemmende wie die Einkommenssteuer abgetauscht werden.

Je näher das Verwandtschaftsverhältnis, desto geringer der Steuersatz

Wie hoch die Erbschaftssteuer genau ausfällt, ist innerhalb Europas sehr unterschiedlich geregelt. Generell gilt: Je näher das Verwandtschaftsverhältnis, desto geringer der Steuersatz. Bei Erbschaften oder Schenkungen an Ehepartnern fällt die Steuer in einigen Ländern zur Gänze weg. Umgekehrt müssen zum Beispiel nicht verwandte Erben in Frankreich bis zu 60 Prozent abgeben.

Bei geerbten Betriebsvermögen gibt es fast überall großzügige Steuerbefreiungen, um Arbeitsplätze zu erhalten und Familienbetriebe nicht zu gefährden. In den Vereinigten Staaten ist dies aber beispielsweise gar nicht vorgesehen.

Die ungleiche Handhabe führte auch immer wieder zu Problemen bei Erbfällen. Rund zehn Millionen EU-Bürger leben inzwischen nicht mehr im Land ihrer Herkunft. Wo wird das Erbe im Falle des Falles also besteuert? Im Herkunftsland, in dem man das Geld unter Umständen verdiente? Oder doch in dem Land, in dem der Erblasser zuletzt lebte? Die unterschiedlichen nationalen Regelungen führten in der Vergangenheit immer wieder zu Streitigkeiten.

Seit 2015 gibt es nun eine EU-weite Regelung (mit Ausnahme von Großbritannien, Irland und Dänemark). Wann welche Erbschaftssteuern fällig werden, hängt im Zweifelsfall davon ab, wo der Erblasser zuletzt seinen Lebensmittelpunkt hatte. Der Erblasser kann jedoch auch testamentarisch bestimmen, dass das Erbrecht seines Geburtslandes schlagend werden soll. Das ist nicht nur bei in Sachen Steuern interessant, sondern auch wenn es um gesetzliche Pflichtteile geht. In südlichen Ländern sind diese aufgrund unterschiedlicher Rechtstraditionen tendenziell geringer als im Norden Europas. Aber das ist eine andere Geschichte. Hier zum Schluss noch ein Blick auf die generelle Verteilung von Vermögenssteuern innerhalb der EU (Stand: 2016, zur Verfügung gestellt vom WIFO)

Vergleich: In welchen Ländern erben noch etwas kostet
In Klammern: Im engsten Familienkreis; teilweise nur auf Grund- und Immobilienvermögen. - 2) Für diverse Wertpapiere. - 3) Die einzelnen Bundesländer wenden unterschiedliche Steuersätze an. - 4) Für Privatpersonen. - 5) Mietwertbezogene Besteuerung. - 6) Für hochriskante Finanzgeschäfte oder Hochfrequenzhandel. - 7) Proportionaler Steuertarif. - 8) Lokal unterschiedliche Sätze. - 9) Für Kapitalgesellschaften. - 10) Fixbetrag pro qm Wohn- bzw. Grundfläche. - 11) Lokal unterschiedlich; geringe Sätze. - 12) Erbschaften und Schenkungen sind einkommensteuerpflichtig. - 13) Vermögensrenditesteuer von 30% einer fiktiven Rendite von 4%, entspricht einer Vermögensteuer von 1,2%. - 14) Befristet bis Ende 2016. teilweise nur auf Grund- und Immobilienvermögen.
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