Was der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss gebracht hat
Im Finale verkam er de facto zur "Farce", wie selbst Teilnehmer über den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss wettern. Während die Fraktionsführer der im Ausschuss vertretenen Parteien am Donnerstag noch einmal versuchen, einen Sitzungsplan und so die ein oder andere Ladung für Auskunftspersonen zu beschließen, stellt sich grundsätzlich die Frage: Hat der U-Ausschuss inhaltlich etwas gebracht - oder war er nicht einfach nur ein politisches Theater, bei dem ohnehin laufende Korruptionsermittlungen der Justiz öffentlich diskutiert wurden?
Der KURIER fasst einige Erkenntnisse aus den vergangenen 12 Monate ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss zusammen:
- Es gibt illegitime Seilschaften
Stimmt schon: Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und vor allem die Chats des früheren Spitzenbeamten, ÖVP-Insiders und ÖBAG-Chefs Thomas Schmid haben in Sachen Inseratenkorruption und verdeckter Parteienfinanzierung jede Menge Ungustiöses und möglicherweise auch strafrechtlich Relevantes zutage gefördert. Dafür hätte man aber keinen U-Ausschuss gebraucht, darum kümmert sich (Stichwort: "Beinschab-Tool") längst die Justiz in Gestalt der WKStA.
Schmid hat sich die Ausschreibung für seinen Posten als ÖBAG-Chef de facto selbst auf den Leib geschneidert, "steuerbare Aufsichtsräte" für staatsnahe Betriebe gesucht, und, und, und. Über die Chats hinaus hat der U-Ausschuss aber Eindrücke geliefert, die eben nicht in Akten oder Whattsapp-Nachrichten zu finden sind.
Exemplarisch soll der Auftritt von Wolfgang Peschorn, dem Chef der Finanzprokuratur, erwähnt sein. Peschorn war im April im U-Ausschuss. Und eben dort berichtete er offen von "Seilschaften", deren Interesse darin bestand, "meistens wirtschaftlich etwas durchzusetzen, was den Interessen der Republik widerspricht". Dabei handle es sich aber nicht nur um parteipolitische Netzwerke, sondern um Menschen "unterschiedlicher Couleur", die einander "finden".
- Begüterte versuchen, an höchster Stelle Einfluss zu nehmen
Schon im März war unter anderem der Fachvorstand des zuständigen Finanzamtes in der Steuer-Causa des Siegfried Wolf ins Parlament geladen. Er erklärt sehr technisch, wie solche Finanzverfahren ablaufen. Auf die Frage, ob er eine Wahrnehmung hätte, wie gut sich Wolf und die Vorständin des Finanzamtes (sie genehmigte eine Nachsicht von Strafzinsen in der Höhe von über 600.000 Euro) verstanden, antwortet der Beamte nüchtern: "Es war bekannt, dass sie ihn Sigi nannte". Auch der Umstand, dass man sich - also Wolf und die besagte Beamtin - bei einer Autobahnraststätte traf, um Wolfs Steuerakt zu besprechen, spricht Bände.
Nicht minder spannend war die Ausschuss-Aussage von Gunter Mayr, einem Sektionschef im Finanzministerium. Mayr erzählte den Abgeordneten, dass Thomas Schmid ihn zu einem Essenstermin mit Immobilieninvestor Rene Benko mitgenommen habe. Dass Privatpersonen einfach so ihnen unbekannte Sektionschefs treffen, ist ungewöhnlich. Aber nachdem Mayr gegenüber Benko klargestellt hat, dass er und die Finanz nur im Rahmen der Gesetze handle, hatte sich der Kontakt offenkundig erledigt. "Ich habe daraufhin nie mehr von Benko gehört", so Mayr.
- Wer im Ausland ist, kann dennoch geladen werden
Es was eine Detailfrage, aber eine nicht unerhebliche. Was tun der U-Ausschuss und damit das Parlament, wenn sich wichtige Auskunftspersonen vor dem Ausschuss drücken wollen, indem sie ständig im Ausland sind oder dort einen Wohnsitz angemeldet haben? Mit dem Fall des Thomas Schmid wurde diese Frage insofern beantwortet, als ein Gericht in Österreich festgehalten hat: Ladungen im Ausland sind möglich, man sollte diesen Folge leisten. Ist das nicht selbstverständlich? Mitnichten.
Streng genommen haben das Parlament und die Republik nur auf dem Staatsgebiet von Österreich die Möglichkeit, Schriftstücke und damit Ladungen rechtskräftig zuzustellen. Im Ausland ist das oft schwierig. So half man sich bei Schmid, indem einem niederländischen Gerichtsvollzieher die Ausschuss-Ladung überantwortet hat. Dieser deponierte sie bei Schmids niederländischer Wohnanschrift, womit sie laut niederländischem Recht als zugestellt gilt.
Ein österreichisches Gericht hat diese Zustellung als rechtmäßig anerkannt, womit künftig davon ausgegangen werden darf, dass selbst Personen, die im Ausland wohnen, bei einer Ladung in den Ausschuss öfter kommen als bisher.
- Auch Geständige dürfen sich vor dem U-Ausschuss entschlagen
27 Mal hat der U-Ausschuss gegen Thomas Schmid Beugestrafen verhängt, weil sich dieser mit dem Hinweis auf laufende Ermittlungen gegen ihn der Aussage entschlug. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass dies in der Hälfte der Fälle legitim war. Auch wenn jemand ein Geständnis abgelegt hat und Kronzeuge werden möchte, gibt es für ihn das Recht auf eine Aussageverweigerung vor dem Ausschuss.
Nicht umfasst vom Recht der Aussageverweigerung sind Fragen, die nicht mit dem Strafrecht zu tun haben. Im Falle Schmids waren das Frage wie: Sind Sie ÖVP-Mitglied oder was wussten Sie von Absprachen zwischen einzelnen Ministerien bei Postenbesetzungen.
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