Wie eine Krainer-Anzeige den U-Ausschuss zu Fall brachte
So sehr in den vergangenen Tagen im Parlament auch betont wurde, dass man einander nach der Rückkehr ins renovierte Haus mit mehr Respekt begegnen will: Zumindest was den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss angeht, hat der von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka geäußerte Wunsch arg gelitten, man könnte auch sagen: Er wird ignoriert.
Bei einer Sitzung am Dienstag waren sich die Fraktionen zwar noch nicht ganz einig, wie viele Befragungstage im Jänner stattfinden sollen – aber über weite Strecken schien das meiste auf Schiene.
Unter anderem deshalb, weil Sobotka seinem Parteikollegen Andreas Hanger, dem Fraktionsführer der ÖVP, ins Gewissen geredet hatte. Man müsse jetzt einfach ein Ergebnis, also einen Fahrplan für das Finale im U-Ausschuss zustande bringen, so Sobotka. Und deshalb solle die ÖVP-Fraktion dem Wunsch von SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer nach drei Befragungstagen doch bitte zustimmen.
Kehrtwende der ÖVP
Genau darauf soll sich die ÖVP-Abordnung am Abend intern geeinigt haben. Hanger: „Wir hatten uns entschieden zuzustimmen.“
Doch dann erschien im KURIER ein Bericht über eine Sachverhaltsdarstellung betreffend die ÖVP-nahe Eventagentur „Media Contacta“, die Krainer schon im November an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geschickt hatte.
Erst danach waren betroffene Personen im U-Ausschuss dazu befragt worden. Die Information, dass gleichzeitig auch die WKStA ersucht worden war, Ermittlungen gegen diese aufzunehmen, war ausgeblieben. Ende November waren schließlich auch ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und deren Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner zu Geschäften mit der Media Contacta befragt worden – ohne ein wirkliches Ergebnis.
Andreas Hanger teilte daraufhin am Mittwoch mit, dass die ÖVP den Rundlauf zum U-Ausschuss nicht unterschreiben werde. Womit auch Wolfgang Sobotka seine Vermittlungsbemühungen stoppte.
FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker zeigte sich empört. Für ihn ist das ein „demokratiepolitischer Skandal“ und ein „taktisches Manöver“ vor der niederösterreichischen Landtagswahl. Hafenecker zum KURIER: „Da hat es sicherlich einen Anruf bei Andreas Hanger aus St. Pölten gegeben.“
Der ÖVP-Abgeordnete verneint das. Er habe den Schlussstrich wegen der Vorgangsweise von Kai Jan Krainer gezogen. „Der ist der Totengräber der politischen Kultur in Österreich.“ Und: „Eine Anzeige zu machen und gleichzeitig betroffene Personen vorzuladen, das ist einfach letztklassig. Er glaubt, er ist Staatsanwalt und Parlamentarier in einem.“
Krainer spielt den Ball zurück: „Die jetzt gefallene Entscheidung der ÖVP, überhaupt keine Geschäftsordnungssitzungen mehr stattfinden zu lassen, höhlt das Minderheitenrecht endgültig aus.“ Ohne Sitzung könnten keine Akten angefordert, keine Zeugen eingeladen werden. „Das ist eine Farce.“
In der Sachverhaltsdarstellung, über die der KURIER am Mittwoch berichtet hat, werden gleich mehrere Vorwürfe gegen rund 20 Personen erhoben. Die WKStA bestätigte dem KURIER, dass Ermittlungen eingeleitet werden. Allerdings nur gegen sechs Personen und wegen des Vorwurfs der „wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Vergabeverfahren“. In einer ersten Reaktion weist der Betroffene alle Vorwürfe zurück.
Kommentare