Was das Tirol-Ergebnis für die Bundespolitik bedeutet
Die ÖVP verliert in Tirol rund zehn Prozentpunkte von 44 auf 35 Prozent. Die FPÖ gewinnt deutlich, erreicht den zweiten Platz. Die SPÖ legt ein wenig zu und kommt auf knapp 17,5 Prozent. Die Grünen werden mit neun Prozent einstellig, die Neos bleiben auf niedrigem Nivau knapp über der Einzugshürde in den Landtag, bei sechs Prozent, picken. Obwohl in diesem Zwischenstand beim Auszählen die urbanen Innsbrucker Stimmen noch nicht enthalten sind, lassen sich Konsequenzen für die Bundespolitik bereits klar ablesen: Wer aufatmen kann. Wo es intern Debatten geben wird.
Kanzler und ÖVP-Obmann Karl Nehammer kann aufatmen, er steigt mit einem blauen Auge aus der Tirol-Wahl aus. Warum? Erstens, die ÖVP wird den Landeshauptmann nicht verlieren, Tirol bleibt ÖVP-regiert. Die ÖVP ist, obwohl auf historischem Tiefstand, mit großem Abstand stärkste Partei geblieben. Sie kann zwischen SPÖ und FPÖ als Koalitionspartner wählen, mit jeder der beiden Parteien ginge sich eine Zweierkoalition aus. ÖVP-Landeshauptmannanwärter Anton Mattle schloss am Wahlabend, wie zuvor schon im Wahlkampf, eine Koalition mit der FPÖ aus. Es dürfte also auf ein Comeback der großen Koaltion und die SPÖ als Juniorpartner hinauslaufen.
Obwohl die ÖVP zehn Prozentpunkte verliert, kann Nehammer auch über dieses rgebnis erleichtert sein. Parteiintern waren 30 Prozent als kritische Marke ausgegeben worden, diese wurde deutlich übersprungen. Wäre die Tiroler ÖVP darunter geblieben, hätte erneut eine Kanzlerdebatte eingesetzt. Karoline Edtstadler ist bereits als Favoritin für den Kanzlerposten gehandelt worden. Diese Debatte dürfte nun ausbleiben, auch, weil ein weiterer Kanzlerwechsel für die Grünen, die aus dieser Wahl geschwächt hervorgehen, schwer mitzutragen wäre.
Bundes-Koalition verliert massenhaft Wähler
Negativ für Nehammer ist: Die erste ÖVP-Landtagswahl unter seiner Obmannschaft ging mit einem saftigen Minus aus, und es stehen weitere Landtagswahlen an, wo ebenfalls Verluste zu erwarten sind. Rückenwind für den Kurs auf Bundesebene sieht anders aus.
Für Werner Kogler und die Grünen ist die Tirol-Wahl eine eindeutige Niederlage. Die Grünen sind 2013 mit 12,6 Prozent in Tirol erstmals in die Landesregierung eingetreten und steigen nach zehn Jahren einstellig aus der Regierungsbeteiligung aus. Die Grünen konnten Tirol nicht "grüner" machen. Auch für die Regierungsbeteiligung auf Bundesebene bedeutet das Tiroler Ergebnis keine Stärkung.
SPÖ, Neos: Wenig Grund für Jubel
Die SPÖ und ihre Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner haben trotz Zugewinn in Tirol wenig Grund zum Jubeln. Die FPÖ hat mehr von den Verlusten der türkis-grünen Regierung profitieren können als die SPÖ. Die latente Debatte, ob Rendi-Wagner bei der nächsten Nationalratswahl die Chancen der SPÖ wirklich optimal nutzen kann, oder ob jemand anderer als Spitzenkandidat zugkräftiger wäre, wird in der SPÖ nach diesem Tiroler Ergebnis nicht verstummen.
Auch die Bäume der Neos wachsen nicht in den Himmel. Trotz eines historischen Absturzes der ÖVP und akzentuierter Oppositionspolitik von Beate Meinl-Reisinger kommen die Neos nicht vom Fleck.
Trendwende für die FPÖ
Für die FPÖ bedeutet Tirol eine Trendwende. Nach einer Niederlagenserie infolge von Ibiza hat sie erstmals wieder deutlich dazu gewonnen, auch, weil die Impfgegnerpartei MFG ihren politischen Höhenflug vorerst hinter sich hat. Zudem dürfte die ÖVP-Taktik, das Ausländerthema hochzuspielen, der FPÖ Wähler zutreiben.
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