Dabei sind sich die Bildungswissenschaftler einig: Investitionen in den Kindergartenbereich hätten mehrfach positive Effekte: Wer sich in seiner Schullaufbahn nicht dauernd nur mit Bildungslücken beschäftigen muss, wird eine bessere Bildungskarriere haben und ist aus Sicht des Sozialstaates eher ein Einzahler. Investitionen in den Kindergarten haben also auch einen enormen volkswirtschaftlichen Nutzen.
Werden Kinder in einer elementaren Bildungseinrichtung gefördert, profitieren alle anderen Kinder in der Klasse auch davon, wenn sie nicht „gebremst“ werden. Und schließlich sind Investitionen in die Elementarpädagogik auch eine effektive frauenpolitische Maßnahme, da diese sich in Familien nach wie vor überwiegend um die Kinder kümmern.
Tatsächlich will der Bund aber gar keine Vorgaben machen. So hat Österreich nach wie vor nicht eine Bundesregelung, sondern neun unterschiedliche Regelungen. Erschwerend hinzu kommt, dass bundesweit rund 10.000 Pädagogen fehlen – das Ministerium evaluiert derzeit, warum das so ist.
Alle sind gefragt
Susanna Haas, stellvertretende Geschäftsführerin und pädagogische Leiterin der St. Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien, sieht natürlich die Politik gefordert, das System wie so oft versprochen, zu verbessern: "Aus unserer Sicht ist hier nicht nur der Bildungsminister gefragt, Änderungen einzuläuten, es braucht vielmehr eine Festlegung vom Finanzminister, vom Bundeskanzler und vom Arbeitsminister, das System Kindergarten nachhaltig zu verbessern und finanziell besser auszustatten."
Eine Milliarde auf fünf Jahre aufgeteilt für den Elementarbereich klinge vielleicht nach viel, meint Haas, "aber das ist eigentlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Unser Ziel muss sein, dass wir uns im Kindergartenbereich angleichen an den Volksschulbereich, dass die Pädagogen mehr Zeit für Elterngespräche, Vorbereitung sowie Fortbildung haben. Der Kindergarten ist die erste Bildungseinrichtung, es geht um Bildung und nicht nur um Betreuung."
Späte Ernte der Investitionen in Kindergarten
Doch meist bleibt es bei Sonntagsreden, wenn es um den qualitativen Ausbau des Kindergartens geht. Dass so wenig geschieht, hat laut Bildungspsychologin Christiane Spiel mehrere Gründe: "Ein wichtiger Punkt: Es gibt verschiedene Zuständigkeiten – Länder und Kommunen teilen sich die Aufgaben und auch der Bund redet beim Kindergarten mit. Da fällt es leicht, die Verantwortung auf andere zu schieben. Erschwerend kommt hinzu, dass noch nicht jeder und jede in der Politik davon überzeugt ist, dass das, was die Wissenschaft zum Thema Kindergarten sagt, auch richtig ist – nämlich, dass er eine der wichtigsten Bildungseinrichtungen ist."
Auch dass Investitionen in den Kindergarten erst nach einigen Jahren Früchte tragen, mache das Thema für die Politik weniger interessant: "Politikerinnen und Politiker wollen nämlich schnell Erfolge vorweisen, die für alle sichtbar sind.
Beim Thema Kindergarten ist das schwer möglich, weil positive Auswirkungen erst in Jahren oder gar Jahrzehnten feststellbar sind." Und nicht zuletzt, sagt Spiel: "Wer gute Kindergärten will, braucht qualifiziertes Personal. Doch nur circa jede dritte ausgebildete Fachkraft bleibt im Beruf".
Kommentare