Aschermittwoch, 9 Uhr früh auf dem Völkermarkter Hauptplatz. Die SPÖ hat zwischen den Marktständen ein Buffet aufgebaut. Es gibt Reindling, Weckerl, Hagebuttentee und einen freundlichen Landeshauptmann. „Wollen Sie bei uns etwas genießen?“ fragen die SPÖ-Wahlhelfer die Passanten. Überall picken Herzerl. Peter Kaiser spricht von einer „Wahlbewegung“ statt eines Kampfes, und schon im dritten Satz bekundet der SPÖ-Chef „Respekt für die Mitbewerbenden“ aus anderen Parteien. Demokratie bedeute Vielfalt, sagt Kaiser, und er wirbt vor allem dafür, dass die Leute wählen gehen.
Die SPÖ führt einen betont soften Wahlkampf. Das hat natürlich auch eine taktische Komponente. Bisher hat die SPÖ auf FPÖ-Provokationen stets mit Gegenattacken reagiert – und die FPÖ damit oft noch interessanter gemacht. Nun probiert die SPÖ-Kärnten eine andere Methode: Neben der eigenen Menschenfreundlichkeit lässt das die blaue Aggressivität besonders unsympathisch aussehen.
Und tatsächlich herrscht in der FPÖ diesmal eine gewisse Stil-Unsicherheit.
Aschermittwoch, 19 Uhr in einem Landgasthof auf dem Zollfeld. Kärntens FPÖ-Spitzenkandidat Erwin Angerer hält im vollen Saal eine Wahlrede. Er übt zwar inhaltlich harte Kritik an der rot-schwarzen Koalition in Kärnten, aber persönliche Untergriffe unterlässt Angerer.
Zu groß ist die Gefahr, dass Proteststimmen diesmal zu einer Konkurrenzliste, dem Team Kärnten, wandern. Dessen Obmann Gerhard Köfer bietet ein ebenfalls populistisches Programm, schlägt aber einen deutlich zivilisierteren Ton als die FPÖ an.
Kickl erweitert Verschwörungs-Legende
FPÖ-Chef Herbert Kickl hingegen lassen die guten Umfragen für Köfer kalt. Seine Wahleinsätze in Kärnten strotzen vor Verbalinjurien. Er heimst jetzt die Früchte seiner jahrelangen Unterstützung für die Corona-Gegner ein und überträgt die erprobte Propaganda auf andere Themen wie den Ukraine-Krieg oder die teure Energie. Kickl redet dem Publikum ein, es gebe eine „Verschwörung der Eliten“, um „die einfache Bevölkerung auszunehmen und zu kontrollieren“. Brüssel, EU, NATO, Konzerne, Politiker anderer Parteien – alle eine einzige Verschwörung. Sogar das heimische Parlament diskreditiert er als einen Ort, an dem man „nicht die Wahrheit sagen darf“.
Und der FPÖ-Chef findet sein Publikum, es gibt genügend Spannungen in der Bevölkerung, die sich politisch nutzen lassen.
Donnerstag in der Fußgängerzone in Klagenfurt. Neos-Spitzenkandidat Janos Juvan bringt mit seiner Kampagne „Gerechtigkeit für Leistungsträger“ die Gemüter von Geschäftsbetreiberinnen zum Kochen. Die Jungen wollten nicht mehr arbeiten, die Arbeitslosen gingen nach dem ersten Tag wieder stempeln, der Staat füttere alle durch, und sie selbst stünden seit 40 Jahren rund um die Uhr im Geschäft: In dieser Tonart geht es dahin. Ob sich der artikulierte Zorn „aufs System“ in Stimmen für Neos niederschlägt, ist zweifelhaft.
ÖVP und Grüne, Feindseligkeit an der Basis
Donnerstag, 7 Uhr beim Hauptbahnhof Klagenfurt. ÖVP-Chef Martin Gruber und sein Team verteilen mürbe Striezel an schlaftrunken aus dem Zug wankende Schülerinnen und Schüler. An der Kreuzung gegenüber stehen die Grünen und verteilen Bio-Kipferl. Grün-Chefin Olga Voglauer wechselt zu Gruber hinüber, als Friedenszeichen werden Gebäckstücke ausgetauscht, dann wirbt jeder auf seiner Straßenseite weiter.
Doch die Idylle trügt.
Am Freitag, 9 Uhr, versammeln sich in Schloss Krastowitz bei Klagenfurt die Kärntner Rinderzüchter. Hier sind die Grünen Feinde. Tiertransporte, Veganismus und Wölfe auf der Alm: Die Bauern fühlen sich von den Grünen und deren NGO-Umfeld existenziell bedroht und verunglimpft. ÖVP-Chef Gruber sucht die Rinderzüchter zu besänftigen: Er habe in Kärnten Abschüsse von gefährlichen Wölfen rechtlich ermöglicht.
Die Wölfe, ein Randthema? Weit gefehlt. Die Tiroler ÖVP habe den Verlust von vier Prozentpunkten allein dem Umstand zu verdanken gehabt, dass sie Problemwölfe nicht abschießen ließ, heißt es in der ÖVP.
Brandanschlag auf Politikerplakat
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag. In Moosburg nördlich von Klagenfurt verüben Unbekannte einen Brandanschlag. Mit Brandbeschleunigern wird ein Wahlplakat der ÖVP angezündet, die Feuerwehr rückt aus, das Bild Grubers ist gänzlich verkohlt. Verfassungsschutz und die Polizei ermitteln. Man munkelt, dass Impfgegner dahinter stecken.
Gruber reagiert besorgt auf die Eskalation: „Wir leben in einer Demokratie, jeder kann seine Meinung offen sagen. Wir brauchen keine Brandbeschleuniger.“
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