Wahlkampf der Superlative geht zu Ende

Wahlkampf der Superlative geht zu Ende
Trotz Schlammschlacht erwarten Experten am Sonntag eine hohe Wahlbeteiligung.

Wer dachte, man hätte nach dem elf Monate andauernden Hofburg-Wahlkampf im Vorjahr schon alles gesehen, wird seit Wochen eines Besseren belehrt: Der Wahlkampf zur Nationalratswahl ist für viele der schmutzigste, den es je gab. Und einer, der mit so viel Interesse wie nie von den Österreichern in den Medien verfolgt wurde. "Für das Ansehen der Politik war es natürlich nicht gut, aber gerade weil es so dreckig zugegangen ist, hat es eine intensivere Wahrnehmung erzeugt. Und das ist für die Demokratie ja durchaus positiv", sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer.

19 Zweier-Konfrontationen und drei Elefantenrunden im Fernsehen, unzählige Interviews im Print und Radio, ganz zu schweigen von den Social-Media-Aktivitäten der Kandidaten. Und das Publikum scheint sich nicht sattzusehen: Am Dienstag schalteten mehr als 904.000 Zuseher beim Duell zwischen ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache ein, 887.000 wollten am Montag Strache gegen SPÖ-Kanzler Christian Kern sehen (siehe Grafik unten).

Vielfalt interessiert

Ob aus einem Informations- oder Entertainmentbedürfnis – die Fernseh-Duelle haben unglaublichen Stellenwert in diesem Wahlkampf, sagt Eva Zeglovits vom Marktforschungsinstitut IFES. "Das ist auch der Nach-Berichterstattung und den Analysen anderer Medien geschuldet. Dass die Interpretationshoheit nicht bei einem Medium liegt, sorgt für Vielfalt, die viele interessiert." Zeglovits und Bachmayer gehen davon aus, dass sich dieses Interesse auf die Wahlbeteiligung überträgt – und im Vergleich zur Nationalratswahl 2013 (74,9 Prozent) steigen wird. "Dafür sprechen auch das größere Angebot an Parteien (zehn), an guten Kandidaten und deren Inhalten," sagt Zeglovits.

Noch sei die Causa Silberstein und deren mögliche Auswirkungen auf das Wählerverhalten nicht abschätzbar, glauben die Meinungsforscher. Wem die Schmutzkübel-Affären nützen? Da sind sich die Experten uneinig – im Zweifelsfall der Opposition.

Letzte Chance im TV

Marktforscherin Zeglovits zieht Bilanz: "Ich hatte bisher nie den Eindruck, dass jemand die TV-Konfrontation verpatzt hat. Alle waren gut vorbereitet, alle haben ihre Botschaften untergebracht." Aha-Erlebnisse habe es trotz des ein oder anderen Kalauers nicht gegeben.

Zeglovits fällt noch der Moment ein, als die Grüne Ulrike Lunacek den ÖVP-Chef Kurz mit der falschen Grafik zur Entwicklungshilfe konfrontiert hat. Dennoch: "Es war aber kein nachhaltiger Effekt, der Kurz aus der Fassung gebracht hätte."

Der Pool an Unentschlossenen ist überschaubar: Laut OGM-Umfrage vom Sonntag wissen nur sechs bis acht Prozent jener, die fix zur Wahl gehen, noch nicht, wem sie ihre Stimme geben sollen. Inklusive jener, die ihre Stimmabgabe verweigern wollen, sind es rund 15 Prozent. Erfahrungsgemäß teilen sich die Unentschlossenen proportional zu den anderen Wählern auf die Parteien auf. "Es ist eine relativ unberechenbare Gruppe, sie rennt nicht in dieselbe Richtung", sagt Meinungsforscher Peter Hajek.Eine Chance bietet dieser Pool allemal, so knapp vor dem Wahltag, und die versuchten gestern Kern und Kurz ein letztes Mal im TV-Zweikampf zu nutzen, bevor es heute in die finale Elefantenrunde mit den Spitzenkandidaten der fünf Parlamentsparteien geht. "Die wichtigste Prämisse ist jetzt: Keine Fehler mehr machen. Der individuelle Spielplan ist erst die zweite Überlegung, obwohl ich nicht ausschließe, dass die eine oder andere Botschaft noch platziert wird", sagt Hajek.

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