Einerseits bewegt sich die ÖVP seit Monaten in Umfragen konstant zwischen 33 und 34 Prozent. Andererseits fehlt die Alternative zum Kanzler. Die ÖVP sei die "vielleicht am stärksten personalisierte Partei, österreichweit", sagt Politikwissenschaftler Fritz Plasser. "2017 und 2019 war die Persönlichkeit von Sebastian Kurz das mobilisierende, zentrale Wahlmotiv der ÖVP-Wähler." Eine ÖVP ohne Kurz würde "das Gewicht, das sie jetzt hat, nicht einmal ansatzweise erreichen".
Ostentative Geschlossenheit wird auch bei der Abstimmung über den Leitantrag erwartet, der u. a. vorsieht, den "politischen Islam konsequent zu bekämpfen", "Integration durch Leistung" zu forcieren und auf "Technologieoffenheit anstatt Auto-Feindlichkeit" zu setzen.
Dass die ÖVP am Aufnahme-Stopp von afghanischen Flüchtlingen trotz harscher Kritik festhält, tut ihr gegenwärtig in Umfragen keinen Abbruch, so OGM-Chef Bachmayer. Mit ihrem "akzentuierten Migrationskurs" habe die ÖVP bei den vergangenen zwei Nationalratswahlen vor allem FPÖ-Wähler abgegriffen. Deshalb müsse man davon ausgehen, "dass die ÖVP-Strategen diesen Kurs bewusst in die Auslage stellen und in Kauf nehmen, dass sich liberale Kommentatoren sehr kritisch äußern", analysiert Plasser.
Trotz hartem Migrationskurs und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen: Die "Irritationen" bei Stammwählern seien nicht stark genug, um sich einen anderen Parteichef als Kurz vorzustellen. "Seine Wirkung ist in keiner Form gering zu schätzen."
Wie stark diese ist, das wird sich am 26. September zeigen. Da wählt Oberösterreich einen neuen Landtag, die ÖVP stellt mit Thomas Stelzer den Landeshauptmann. Am selben Tag muss sich auch die ÖVP-Schwesternpartei CDU/CSU bei den deutschen Bundestagswahlen beweisen. Deren Umfragewerte sind ob des Kanzlerkandidaten Armin Laschet im Verhältnis zur ÖVP desaströs – sie rangieren bei 22 Prozent. "Ein Modell Kurz, mit dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder an der Spitze, hätte der Union absolut nicht geschadet", attestiert Plasser.
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