Generationenwechsel bei der Wiener ÖVP: Polit-Urgestein Tiller geht
Er ist wohl der Inbegriff des Bezirkspolitikers: Der 81-jährige Adi Tiller lenkte 40 Jahre lang als Bezirksvorsteher die Geschicke Döblings. Ganz konnte Tiller sich von seinem Wirken nicht lösen, als er vor drei Jahren sein Amt niederlegte. Er blieb nämlich weiter ÖVP-Bezirksparteichef des 19. Bezirks.
Im Herbst soll laut KURIER-Informationen auch diese Ära zu Ende gehen. Da steht laut ÖVP-Statuten die nächste Wahl im Bezirk an – wie man hört, will Tiller nicht mehr antreten.
Der Nachfolger wird zwar gewählt, aber das dürfte nur ein Formalakt sein. Aussichtsreichster Kandidat ist Daniel Resch, der 2018 mit 33 Jahren als (nach wie vor) jüngster Bezirksvorsteher Wiens von Tiller übernahm.
Ungewöhnlich hohe Zustimmung
Bei Tillers letzter Wahl zum Bezirksparteichef wurde er mit (ungewöhnlicher) 100-prozentiger Zustimmung bestätigt. Ob das seinem Nachfolger bereits beim ersten Urnengang gelingen wird, ist unklar.
Die Frage, ob irgendjemand aus dem Schatten von Urgestein Tiller treten könne, ist hingegen spätestens seit dem traditionellen Neustifter Kirtag am vergangenen Wochenende beantwortet: Zumindest an der Anzahl der geschüttelten Hände war zwischen Alt- und Neo-Bezirksvorsteher kein Unterschied im Bekanntheitsgrad zu erkennen.
Tiller war es auch, der den Bezirk im Jahr 1978 der SPÖ abgeluchst hat. Döbling gilt seither – neben der Inneren Stadt – als ÖVP-Hochburg. Im Jahr 2005 wählten mehr als 40 Prozent die ÖVP bei den Bezirksvertretungswahlen, 2020 waren es immer noch 37 Prozent.
15.000 Ehrungen
Übrigens: Da Tiller mit seiner Frau Hannelore bereits seit 60 Jahren verheiratet ist, bekam er im Sommer das Ehrengeschenk der Stadt Wien überreicht. Dieses wird traditionell vom Bezirksvorsteher überbracht – in diesem Fall also von seinem Nachfolger Daniel Resch.
Damit wurde Tiller ein ziemlicher Perspektivenwechsel zuteil: Immerhin hat er in seiner Karriere selbst rund 15.000 Ehrungen überreicht. Knapp dran an dieser Zahl dürfte auch ein anderer Bezirksvorsteher sein: Erich Hohenberger (SPÖ) hält in der Landstraße schon fast so lange durch wie Tiller: Hohenberger ist seit 32 Jahren Bezirkschef.
Übergabe bei der JVP
Zu einem Führungswechsel kommt es im Herbst auch bei der Jungen ÖVP: Nico Marchetti übergibt sein Amt als Wiener JVP-Chef an Harald Zierfuß, der derzeit bereits sein Stellvertreter ist. Marchetti, geboren 1990, hat das Amt seit sechs Jahren inne – am 2. Oktober erfolgt die offizielle Wahl des zehn Jahre jüngeren Zierfuß.
Dieser sitzt seit Herbst für die ÖVP im Gemeinderat und nimmt sich dort um Bildungs- und Jugendthemen an. Einen Namen gemacht hat sich Zierfuß zuletzt mit Kritik am pinken Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr rund um die Benachteiligung privater Kindergartenbetreiber durch die Stadt.
Marchetti sitzt seit 2017 für die ÖVP im Nationalrat und bleibt auf Wiener Ebene weiter in seinem Heimatbezirk Favoriten aktiv.
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