Vor SPÖ-Parteitag: Rendi-Wagner macht sich "Sorgen" um die Demokratie

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
Der Konsens, dass man die Demokratie respektieren müsse, sei in Österreich verloren gegangen, sagte die SPÖ-Parteichefin.

Gespräche mit Hugo Portisch, Heinz Fischer oder Erika Pluhar: Der ehemalige SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid hat unter dem Titel „Zeit.Gespräche“ einen Interview-Band veröffentlicht – den er am Dienstag auf der Summer Stage am Wiener Donaukanal präsentierte.

Ein „ganz, ganz besonderes Erlebnis" sei das Interview mit dem im April verstorbenen Portisch im vergangen Sommer gewesen, erzählte Schmid: „Am Anfang des Interviews habe ich größte Sorgen gehabt, weil Portisch in gebrechlichem Zustand gekommen ist.“ Doch der langjährige KURIER-Chefredakteur Portisch sei im Gespräch innerhalb weniger Sekunden aufgeblüht und habe „ganz, ganz scharfe Analysen“ geliefert – etwa zur US-Politik.

"Will nicht sehen, wo das hinführen kann"

Höhepunkt der Präsentation: SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner diskutierte mit Alt-Bundespräsident Heinz Fischer unter anderem über den Zustand der Republik. Kurz vor dem roten Parteitag am Samstag, wo sich Rendi-Wagner der Wiederwahl durch die rote Basis stellen wird, schlug die Parteichefin Wahlkampftöne an: „Ich mache mir Sorgen. Unsere Demokratie ist zumindest auf einer schiefen Ebene.“

Die ÖVP habe den U-Ausschuss als parlamentarische Institution und die Justiz diffamiert und attackiert. „Wir sind zum Glück nicht in Weißrussland“, meinte Rendi-Wagner, aber: „Ich will nicht sehen, wo das noch hinführen kann in Österreich.“ Vor 20 Jahren habe es in der Politik noch einen Konsens gegeben: „Den Respekt vor der Demokratie und dem Rechtsstaat. Dieser Konsens ist mehr oder weniger verloren gegangen“, sagte Rendi-Wagner.

Glaubt nicht, dass Kurz lang währt

Mit Bezug auf Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), meinte Rendi-Wagner: Der kurzfristige Erfolg mache viele süchtig nach populistischer Politik, kurz- oder langfristig schädige das aber die Gesellschaft. Sie gehe jedoch davon aus, dass Kurz als Kanzler eine kurze Halbwertszeit habe: „Warum glaube ich nicht, dass er es weit bringt? Weil die Menschen diese Polarisierung satthaben.“

„Wir müssen wissen, dass jede Regierungsform das Werk von Menschen ist, das Produkt menschlichen Wollens, Handelns und Reagierens“, ergänzte Fischer. In der Geschichte der Menschheit sei noch jede Diktatur kaputtgegangen. „Aber auch die Demokratie ist nicht unzerstörbar.“ Um die Demokratie müsse man sich jeden Tag kümmern.

Plädoyer für den roten Sozialstaat

Rendi-Wagner kritisierte zudem wiederholt die Pandemie-Performance der türkis-grünen Bundesregierung. Das einzige auf das sich die Bevölkerung in der Pandemie habe verlassen können, sei der Sozialstaat gewesen. „Wo wären wir heute nach dieser Krise, wenn es diesen Sozialstaat nicht gäbe?“, sagte Rendi-Wagner.

Den Erhalt und die Weiterentwicklung des Sozialstaats garantiere aber nur die SPÖ. Die Regierung würde ihn als "Lichtschalter" betrachten, den man bei Bedarf aus- oder einschalten könne. „Es gibt keine einzige politische Bewegung, die dasselbe Ziel hat, wie die Sozialdemokratie“, meinte die Parteichefin.

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