Verfolgte Homosexuelle können ab heute Entschädigung beantragen

Verfolgte Homosexuelle können ab heute Entschädigung beantragen
Die Anträge können entweder direkt beim jeweiligen Landesgericht oder per Post gestellt werden.

All jene Personen, die in der Zweiten Republik wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen strafrechtlich verfolgt oder verurteilt wurden, können ab heute, Donnerstag, Anträge auf Entschädigungszahlungen stellen. 

"Mit der Aufhebung der Urteile und der finanziellen Entschädigung übernehmen wir als Staat Verantwortung für unsere Geschichte", so Grünen-Justizministerin Alma Zadić. Die Anträge können entweder direkt beim jeweiligen Landesgericht oder per Post gestellt werden.

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Die dafür notwendigen Informationen finden sich auf der Homepage des Justizministeriums. Dort kann das Antragsformular auch online ausgefüllt und heruntergeladen werden. 

Beigelegt werden sollen alle Dokumente, die bescheinigen, dass es zu einer Verurteilung, Freiheitsentziehung, einem Ermittlungsverfahren oder schwerwiegenden sozialen Nachteilen gekommen ist. Auch die Bei Gericht vorhandenen Unterlagen sollen herangezogen werden.

Auch ohne Unterlagen möglich

Auch wenn keine Unterlagen mehr vorhanden sind, gibt es die Möglichkeit, die Rehabilitierung und Entschädigung über eigene Berichte und Aussagen von Auskunftspersonen und/oder Zeugen oder Zeuginnen glaubhaft zu machen. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Prozesse und Verurteilungen teils bereits sehr lange zurückliegen.

Zadić kündigte die Rehabilitierung und finanzielle Entschädigung verfolgter Homosexueller im November vergangenen Jahres an. Damit könne man das zugefügte Leid aber nicht wieder gut machen, betonte die Justizministerin gegenüber der APA.

 "Sie wurden von den Institutionen, die sie eigentlich hätten schützen sollen, in ihrer Würde, in ihrem Menschsein verletzt. Als Justizministerin, entschuldige ich mich noch einmal in aller Form bei den Betroffenen für das geschehene Unrecht und auch für das lange Schweigen, das darauf folgte."

3.000 Euro pro aufgehobenem Urteil

Für jedes aufgehobene Urteil werden Betroffene mit 3.000 Euro entschädigt, zusätzlich gibt es 1.500 Euro für jedes angefangene Jahr der Freiheitsentziehung. Weiters bekommt man 500 Euro für jedes eingestellte Ermittlungsverfahren und 1.500 Euro als einmalige Zahlung, wenn man durch das Verfahren wirtschaftlich, beruflich oder gesundheitlich besonders benachteiligt wurde. 

Insgesamt stehen für die Entschädigungszahlungen 33 Mio. Euro zur Verfügung.

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Homosexualität wurde in Österreich 1971 grundsätzlich entkriminalisiert. Trotzdem gab es auch danach noch Sonderparagrafen, die ansonst legales Verhalten bei gleichgeschlechtlichen Handlungen unter Strafe gestellt haben. Erst 2002 wurde die letzte dieser Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehoben. Betroffen sein sollen an die 11.000 Personen.